Für seine Verdienste als Vorsitzender der Gartenfreunde wird Ingo Kleist mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

Fuhlsbüttel. Akkurat gestutzte Buchsbaumhecken, mit der Nagelschere nachgeschnitten. Feiern in der Laube, aber schön unter sich. Typisch Deutsch. Und typisch Kleingarten, denkt man. Vielleicht war das wirklich mal so. Ist es aber nicht mehr. "Heute haben wir hier jede Menge junger Leute und 82 verschiedene Nationalitäten - darunter sogar einen türkischen Vereinsvorsitzenden", sagt Ingo Kleist, ehemals Seefahrer, Polizeibeamter, Abgeordneter der Hamburger Bürgerschaft und Vorsitzender des Landesbundes der Gartenfreunde.

Diese Nachbarschaft sei nicht immer friedlich. Und auch die strikt auf Deutsch verfasste Gartenordnung komme längst nicht bei allen an. Dennoch ist Kleist von der Integration über den Gartenzaun überzeugt. Eine zusammen mit dem Bundesamt für Migration durchgeführte Befragung der Pächter ergab, dass es eine große Offenheit für fremde Kulturen gebe. Standen in den 80er- und 90er-Jahren Ökologie und Umweltschutz im Vordergrund, ist es nun - vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Stagnation und des Abbaus des Sozialstaates - der soziale Aspekt. Das Neue werde nicht als Bedrohung, sondern als Chance und Bereicherung empfunden. Das zeige sich auch anhand der Pflanzenvielfalt, angefangen bei italienischen Zucchini bis zu koreanischen Gewürzen, die von Landsleuten angebaut werden.

Naturgemäß ist Kleist ein bisschen stolz darauf. Denn der Beginn dieser multikulturellen Bewegung fällt mit seinem Start bei den Gartenfreunden zusammen: Seit 1984 ist er Vorsitzender, zwischenzeitlich war Kleist Präsident, heute arbeitet der 72-Jährige ehrenamtlich. Seine größte Leistung? "Nach der Wende die beiden existierenden Kleingartenverbände in Ost und West zu einem Verband zusammenzuführen". Kleingärten hätten für ihn eine gesellschaftspolitische Bedeutung, aber keine parteipolitische, so das SPD-Urgestein. Dass Erholung in der Natur auch den nicht so gut Bemittelten zur Verfügung steht, sei ihm wichtig. Die 24 Quadratmeter großen Lauben kosteten überall gleich viel - egal, ob in Winterhude oder Wilhelmsburg. "Ich habe immer dafür gesorgt, dass es den Kleingärtnern nicht an den Kragen geht", sagt Kleist.

Pachtflächen zu erhalten werde immer schwieriger. Eine lange Zeit kämpfe er nun schon dagegen, dass Projekte wie der A-7-Deckel auf Kosten von Kleingärten gebaut würden. Denn die Nachfrage nach den grünen Oasen sei hoch. Zurzeit gibt es in Hamburg 664 freie Parzellen und 1892 Anwärter. "Immer mehr Familien mit kleinen Kindern, die in der Stadt wohnen, legen sich Kleingärten zu." Bis 2005 war auch Ingo Kleist aktiver Kleingärtner. Bis seine Parzelle samt Laube an der Fuhlsbüttler Straße dem Bau eines Transportsiels weichen musste. Heute parken auf dem Gelände die Autos der Gartenfreunde. Dem Vorsitzenden reicht seitdem die Loggia seiner Wohnung am Venusberg mit Elbblick und Balkonpflanzen, die die Bienen gern mögen.