Hendrik Thoma, einer von drei Mastersommeliers Deutschlands. Auf Facebook und seinem Video-Blog stellt er günstige Tropfen für junge Leute vor.

Eppendorf. Wenn Hendrik Thoma ein Wein wäre, dann wäre er spritzig und fruchtig. Auf keinen Fall schwer oder zu trocken. Der Mastersommelier wäre auf jeden Fall ein schmackhafter Tropfen. Vermutlich hätte ihn ein junger, unkonventioneller Winzer angebaut. "Wein und seine Liebhaber sind nicht zwingend langweilig. Die Branche hat zu Unrecht ein so angestaubtes Image", sagt Thoma.

Mithilfe von Facebook, Twitter und vor allem mit seinem Video-Blog "Wein am Limit" will er zeigen, dass Weintrinken nicht nur etwas "für bornierte Snobs, Besserwisser und Fachidioten" sei. In seinen Internetfilmen erklärt der Weinexperte Besonderheiten von Anbaugebieten, plaudert mit Winzern und beurteilt vor allem Weine, die sich auch Leute mit kleiner Brieftasche leisten können. "Ich will Wein entmystifizieren", sagt er.

Lange Zeit war er in Luxushotels und -restaurants zu Hause. Er lernte in Fünf-Sterne-Häusern im In- und Ausland das Kochen. Nachdem er drei Jahre in der Küche des Landhauses Scherrer arbeitete, zog es ihn 1990 ins kalifornische Napa Valley. Hier verliebte er sich nicht nur in seine heutige Frau Beverly, sondern bemerkte auch, dass sein Interesse für guten Wein größer ist als das für hochwertiges Essen. Am Ende seines Aufenthalts fasste er den Entschluss, Sommelier zu werden. Die Ausbildung machte er in Heidelberg. Im Anschluss zog es ihn zurück nach Hamburg. "Auch wenn ich nicht hier aufgewachsen bin, ist das hier meine Heimat. Ich bin hier zu Hause", sagt der gebürtige Gütersloher - Jahrgang 1967.

Seine nächste Station war das Hotel Louis C. Jacob an der Elbchaussee. 13 Jahre lang empfahl er hier als Chefsommelier den perfekten Wein zum perfekten Essen. Nicht selten schenkte er an einem Abend Weine im Gesamtwert von mehr als 10 000 Euro ein. In dieser Zeit legte er die Prüfung zum Master Sommelier ab, von denen es in ganz Deutschland nur drei gibt. Der Titel ist also so etwas wie der Ritterschlag der Branche. Ein Beleg dafür, dass Thoma ganz sicher weiß, welcher Wein etwas taugt und welcher nicht. "Auch ich war einmal ein Angeber, der mit seinem Fachlatein aufgetrumpft hat", sagt er augenzwinkernd. Doch vor drei Jahren hatte Thoma genug und kündigte im Hotel Jacob. "Ich hatte dort eine sehr schöne Zeit, aber die war dann irgendwann einfach vorbei. Ich habe mir gedacht: Mensch Hendrik, du musst viel mehr das machen, was dir Spaß macht, und das mache ich jetzt", sagt Thoma.

In vino veritas: Die großen Wein-Irrtümer

Es folgt ein kurzer Zwischenstopp in Düsseldorf, wo er bei der Metro Gruppe arbeitet. Doch nach nur wenigen Monaten treibt ihn das Heimweh vom Rhein zurück an die Elbe zu seiner Frau und Tochter Joya. Sein nächstes Projekt war der Wein-Blog "TVino" in Kooperation mit dem Weinversand Hawesko. Doch nach zwei Jahren der Zusammenarbeit ist klar, dass die Geschäftspartner unterschiedliche Auffassungen über das Konzept hatten. "Es ging natürlich um den Verkauf von Wein. Aber genau das wollte ich nicht. Wenn ein Wein Mist ist, möchte ich das auch sagen können", sagt Thoma.

Die virtuelle Welt und seine Möglichkeiten faszinieren den Sommelier. Auf dem Blog "Wein am Limit" lädt er Videos hoch, postet auf Facebook und twittert. "Das Netz bietet die Möglichkeit, die Weinbranche als offen und dialogfähig zu präsentieren. Es ist extrem nützlich, um den Beruf des Sommerliers bekannter zu machen und vor allem gut gemachte Produkte vorzustellen", sagt er und lehnt sich entspannt in seinem Gartenstuhl zurück. Zur blauen Jeans trägt er eine braune Strickjacke, darunter ein lässiges T-Shirt und an den Füßen Turnschuhe. Wer ihn dort so sitzen sieht, auf der Terrasse seines Stadthäuschens in Eppendorf, dem fällt es schwer zu glauben, dass er jahrelang in Anzug und mit Fliege unterwegs war.

Auch auf "Wein am Limit" gibt sich Thoma lässig. Er ist der sympathische Typ von nebenan. Einer, neben dem man gerne auf dem Barhocker Platz nimmt und keine Angst haben muss, dumme Fragen über Wein zu stellen. "Letztens hat mir ein 19-Jähriger auf Facebook geschrieben und gefragt, ob ich ihm einen richtig guten Wein empfehlen kann. Das fand ich super, weil es zeigt, dass ein junger Mensch Wein nicht unbedingt spießig findet und vielleicht durch meine Arbeit auf den Geschmack gekommen ist." Die Interaktion mit Facebook-Fans und Twitter-Freunden ist dem Wahlhamburger wichtig. "Ich versuche, immer auf alle Nachrichten zu reagieren. Denn wer eine Frage hat, will natürlich auch eine Antwort haben", sagt er.

Hendrik Thomas Ideal ist die Weinwelt als "hierarchielose Gesellschaft". Der von ihm gegründete St. Pauli Weinklub ist die Verlagerung seines Blogs in die reale Welt. Mitglied werden darf jeder, der ein Faible für Wein hat. Sechsmal im Jahr organisiert Thoma einen Klubabend im Restaurant Freudenhaus an der Hein-Hoyer-Straße, zu dem er sowohl junge deutsche Winzer als auch renommierte Weinlegenden einlädt. Die Gespräche mit den Besuchern und Mitgliedern dauern meist bis spät in die Nacht. "In der Weinbranche sind echt nette Leute", sagt Thoma. Er ist ein guter Beweis dafür.