Tischgespräch mit Setsuo Kosaka, Japans Generalkonsul, über deutsche Philosophen, Kirschblüten, Spendenfreude und Wohnen in Winterhude.

Hamburg. "Itadakimasu!" So wünscht man sich auf Japanisch "Guten Appetit!", und das ist hier kein frommer Wunsch, denn die Sushi- und Sashimi-Platten, die Sushi-Meister Hideaki Morita im Matsumi (Colonnaden 96) angerichtet hat, sehen ultrafrisch und sehr ästhetisch aus. Japans Generalkonsul Setsuo Kosaka hat das Restaurant ausgewählt. Sushi und Sashimi, gesteht er, isst er am liebsten. Zehn Jahre, sagt Herr Kosaka, muss ein Sushi-Meister lernen, bevor er einer ist; dazu gehören Jahre des Putzens, des Fisch-Einkaufens, der Messerpflege und Hingabe an das eigene Tun.

Dass er mal als Diplomat in Hamburg speisen würde, hätte niemand dem heute 61 Jahre alten Sohn eines Zimmermanns und einer Hausfrau vorhergesagt. Er selbst studierte Wirtschaftswissenschaften und deutsche Philosophie, denn "Philosophie ist eine Grundwissenschaft". Beim Studium von Heidegger ("mysteriöse Theorien"), Kant und Hegel dachte er sich schon manchmal: "Griechische Philosophie wäre einfacher gewesen." Dennoch versuchte er zehn Monate lang, den inneren Zusammenhalt der Welt auch im deutschen Augsburg zu verstehen.

Die Aufnahmeprüfung zum diplomatischen Dienst 1974 hatte einen ganz anderen Antrieb: "Ich wollte die Welt kennenlernen", sagt Herr Kosaka. Das hat er geschafft. Vor Hamburg war er weitere zwei Male in Deutschland - in Frankfurt/Main 1984 bis 1986 und in München, 2000 bis 2002. Nach Hamburg ist er nach vier Jahren im afrikanischen Botswana gekommen, "im kalten Sommer 2011 war ich erst mal wochenlang erkältet".

Ihre Ortswechsel bewältigt seine Familie ohne Möbel. Mit seiner Frau Sachiko und Sohn Yuichi wohnt Herr Kosaka in Winterhude, westlich möbliert. Da setzen eine Vase, eine Keramikschale, einige Becher und die Kimonos seiner Frau fernöstliche Akzente. "Für das japanische Lebensgefühl haben wir ja die Residenz am Leinpfad." Der Generalkonsul ist kein Mann großer Worte, er antwortet bedächtig, zurückhaltend und ist dezent in seinen Urteilen.

Seit 1912 ist Japan in Hamburg konsularisch vertreten, mit einer Unterbrechung vom Ende des Zweiten Weltkrieges bis 1956. 2000 Japaner vertritt Herr Kosaka in Hamburg, dazu kommen Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein. Auch dort ist er häufig gefordert. Kein Wunder also, sagt er, dass er Hamburg noch nicht sehr gut kennt. Eine Hafenrundfahrt hat er aber doch schon unternommen; und seine Frau hat den Isemarkt für sich entdeckt.

Hamburg liebt er, sagt Setsuo Kosaka, weil es so grün ist. Das sieht er jedes Wochenende, wenn er im Walking-Tempo um die Alster läuft. Er freut sich schon auf die Zeit der Kirschblüte. Denn japanische Geschäftsleute haben den Hamburgern Hunderte von japanischen Blütenkirschbäumen geschenkt, die auf dem Alstervorland zu bewundern sind. Wehmütig schaut er aber doch: Richtig feiern kann man Hanami, die Kirschblüte, eben nur in Japan.

In Hamburg aber wird es dieses Jahr wieder das 2011 wegen des Tsunamis und Reaktorunglücks in Fukushima abgesagte Kirschblütenfeuerwerk geben - diesmal am 17. Mai, dem Himmelfahrtstag. Der gleichzeitige Empfang zum Kirschblütenfest ist einer der wichtigsten Termine im Kalender des Generalkonsuls, neben dem zum Geburtstag des Kaisers im Dezember.

Das Gespräch wandert von der Schönheit zum Business; mehr als 100 japanische Firmen arbeiten in Hamburg, darunter 25 Europazentralen und 35 Deutschlandzentralen großer Konzerne wie Olympus, Panasonic, Sharp, Casio, Pentax, Yamaha und andere. Der Hafen als Dreh- und Angelpunkt begünstigt das. Früher wurden hier vor allem Autos ein- und ausgeladen; heute meist Unterhaltungselektronik.

Der japanische Brückenkopf Hamburg ist gut organisiert: Neben den vielen Restaurants und Asia-Supermärkten, "wo man fast alle japanischen Lebensmittel bekommt", gibt es den japanischen Verein Nihonjinkai, der die Interessen der japanischen Kaufmannschaft in Hamburg vertritt, und die Deutsch-Japanische Gesellschaft. In Halstenbek hat sich die 1981 gegründete japanische Schule niedergelassen.

Die Bindungen zwischen Hamburg, Deutschland und Japan sind fest gewachsen; bei der Reaktorkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 haben sie sich bewährt - die Spendensumme aus Deutschland sei die weltweit größte. Zum ersten Jahrestag will sich Herr Kosaka mit einem Empfang bei Helfern und Spendern bedanken.

Das Unglück wirkt nach; die Zahl der Japan-Touristen hat sich um 50 Prozent verringert, dafür gibt es viele Kontakte, bei denen es um den Wiederaufbau geht. Da sind Partnerschaften wie die zwischen Ottensen und Hirano, einem Stadtteil von Osaka, von Bedeutung. Deutsche Architekten sind involviert, deutsche Umwelttechnologie gefragt. In Japan hat, sagt Herr Kosaka, ein Umdenken begonnen.

Er selbst hat auch ein Windkraftprojekt angeschoben: Im März ist der japanische "Künstler des Windes", Susumu Shingu, in Hamburg zu Besuch, bekannt für kinetische Objekte, die der Wind bewegt. Shingu könne, wünscht sich Herr Kosaka, mit einer seiner Skulpturen ein deutlich sichtbares Zeichen für die Freundschaft zwischen den Hamburgern und den Japanern setzen.