Thomas Winter verkörpert das Lebensgefühl, welches das Mannschaftsspiel zu Pferd ausmacht, wie kaum ein anderer Polo-Spieler in Deutschland.

Hamburg. Hat man als Süddeutscher verstanden, dass Polo und Golf im Norden des Landes weit mehr sind als Namen von Kompaktklasse-Automobilen, ist man auch mental angekommen. Denn besonders der Polosport ist fast ausschließlich nördlich der Elbe verbreitet.

Thomas Winter, Deutschlands bester Polospieler, verkörpert das Lebensgefühl, welches das Mannschaftsspiel zu Pferd ausmacht, wie kaum ein anderer. Und er will dabei so gar nicht dem Klischee mit La-Martina-Poloshirt, Upper-Class-Attitüde und Gutsherrenart entsprechen.

Winter ist 42 Jahre alt, er hat eine gegerbte, von der Sonne gebräunte Haut, einen festen Händedruck und sechs eigene Polopferde. Er sagt gern "geil" und "wurscht" und lacht, wenn er über Emotionen spricht. Er ist das Aushängeschild des Polosports in Deutschland, ein geerdeter Sympathieträger, der seine weißen Hosen und Stiefel tatsächlich nur beim Sport auf dem Pferderücken trägt.

Er lebt mit den Tieren, wohnt auf dem Gelände seiner Poloschule ( www.poloschule.de ) im Hamburger Westen. Lange hatte er nach diesem weitläufigen Gelände gesucht, das innenstadtnah genug ist und gleichzeitig den Pferden genug Platz bietet.

Auf dem 45 Hektar großen Areal ist Thomas Winter immer irgendwo und überall Teil des pulsierenden Betriebs. "Ich kenne jedes Pferd hier, seinen Namen, seine Geschichte, von der Herkunft bis zu seinen Verletzungen", sagt der Mann mit dem rötlichen Haar und streicht sich über die Locken.

Jeden Abend um 22 Uhr macht er seinen letzten Rundgang, schließt die Stallungen ab. Seine Freundin Iris meckert dann nicht, sie ist mittlerweile selbst Polospielerin. Niemals, sagt Winter, habe er es bereut, vor mehr als zehn Jahren seinen Posten als Projektleiter bei einem Immobilienunternehmen gekündigt zu haben, um sich ganz dem Polosport zu widmen. "Mit geregelten Arbeitszeiten und Geld auf dem Konto war es danach vorbei, aber es war ein guter Tausch", sagt Winter.

Polo liegt in den Winter-Genen, auch seine Eltern und seine beiden Brüder lieben Polo. Christopher und Oliver trainieren bis zu fünfmal pro Woche mit ihrem Bruder. "Klar nervt das manchmal", sagt Winter und lacht, "aber es ist schön, mit der Familie zusammen Sport zu treiben."

Wenn die deutsche Saison vorbei ist, reist er jedes Jahr nach Argentinien, wo professionell Polo gespielt wird. Hier kann er sein Handicap - mit +5 hält er das höchste - verbessern. "Von Oktober bis Dezember bin ich drüben, dann spiele ich mit Jungs meines Kalibers, gehöre zu den unteren Rängen und tobe mich richtig aus", sagt Winter.

Wichtig ist ihm auch die Jugendförderung, aus seinem Stall kommen die amtierenden deutschen Jugendmeister und: Er will mit dem Klischee aufzuräumen, dass Polo ein Elitesportvergnügen sei: "Da hat sich einiges gewandelt, Polo ist nicht nur was für abgehobene, Champagner trinkende Leute. Bei uns ist jeder willkommen." 85 Euro kostet eine Einzelstunde bei ihm. "Ein Golftrainer nimmt mehr und ein Personal Fitnesstrainer auch", meint Winter. Klar sei Fußball oder Schwimmen im Verein billiger, aber unbezahlbar sei Polo nicht. Man brauche auch nicht unbedingt eigene Pferde. "Es ist eigentlich völlig wurscht, mit was für einem Pferd man antritt, man kann jedes Dressurpferd oder Westernpony umtrainieren", sagt Winter.

Heute besitzt er sechs Polopferde, die perfekt für den Sport ausgebildet sind: Sie kennen die Befehle, lassen sich leicht lenken. "Je höher die Spielklasse, desto wichtiger ist ein gut ausgebildetes Pferd." Man trainiere deshalb täglich, um eine Einheit zwischen Tier und Mensch zu erreichen. Er streichelt Prisma am Hals. Bei ihnen beiden habe es geklappt. 20 Jahre alt ist die Stute, sein Lieblingspferd.

Der liebevolle Umgang mit den Tieren zeichnet Winters Arbeit aus. Seit er bei "Pferdeflüsterer" Monty Roberts einen Kurs absolviert hat, gewöhnt er junge, selbst gezüchtete Pferde mit dessen einfühlsamer Methode an Sattel und Reiter.

"Das ist der Oberhammer", sagt Winter, als er davon berichtet, was er auf Roberts' Farm lernte: Durch Körpersprache und Handzeichen bekommt er das Pferd innerhalb kürzester Zeit dazu, ihn als Leitstute zu akzeptieren.

Ab diesem Zeitpunkt folgt es seinen Anweisungen. Freiwillig, ohne Zwang. "Ich weiß, es hört sich wahnsinnig kitschig an, aber es funktioniert geil", sagt Winter mit einem Leuchten in den Augen. Das bekommt er immer, wenn er von seinem Polo-Leben spricht. Kein Klischee. Authentisch.