Der verurteilte Finanzjongleur Jürgen Harksen hat den Film gesehen - und überlegt, den Regisseur Dieter Wedel zu verklagen.

Hamburg. Heute und morgen sendet die ARD den Zweiteiler "Gier" von Dieter Wedel. Er habe dafür "Puzzleteile" aus dem Leben des Finanzjongleurs Jürgen Harksen verwendet, sagte der Regisseur. Harksen (49), der 2003 in Hamburg zu sechs Jahren und neun Monaten Haft wegen Betrugs verurteilt wurde, hat seine Strafe abgesessen. "Es geht mir gut", sagt er. "Früher war Luxus für mich wichtig. Heute bin ich glücklich über andere Dinge: Freiheit, Frieden, Zuverlässigkeit." Harksen hat sich den Zweiteiler schon angesehen. Dem Abendblatt schildert er seine Sichtweise der Dinge:

Da war Scham. Amüsiertheit. Aber vor allem Wut. Ich habe sehr gemischte Gefühle gehabt, als ich den Film von Dieter Wedel gesehen habe. Ich war früher schlimm, aber dafür wurde ich auch verurteilt und habe meine Strafe verbüßt. Herr Wedel hat mich aber noch mehr verunglimpft und schlimmer dargestellt, als ich war.

Was mich am meisten ärgert: Es heißt "Buch und Regie: Dieter Wedel". Aber es ist in Wahrheit "mein Buch". Es gibt nicht den Hauch eines Zweifels, dass es mein Leben war, das er verfilmt hat. Der Zuschauer identifiziert mich mit dem Zweiteiler. Und deshalb habe ich mit dem Inhalt Probleme. Herr Wedel nennt die Geschichte "fiktiv", aber er hat sich nach meiner Überzeugung ganz klar an etlichen Tatsachen aus meinem Leben bedient. Und dann finde ich es gefährlich, weil er viel dazugedichtet und vieles stark übertrieben hat. Wenn ich eine Party gefeiert habe, hat er fünf daraus gemacht.

Ich werde mir mit meinen Anwälten den Film noch mal in aller Ruhe ansehen und überlegen, ob wir dagegen vorgehen, ob es Sinn macht, eine Schadenersatzklage zu erheben - eventuell gegen sämtliche Firmen, die hier verantwortlich sind, oder gegen Herrn Wedel persönlich.

Vieles hat es wirklich gegeben: Mehrere der Vornamen meiner Kunden stimmen, den Bentley in London hat es gegeben, den Schäferhund, die Abreise nach Südafrika, die Geschichte mit den norwegischen Ölfunden, den Faktor 13, mit dem ich Kunden einen Gewinn von 1300 Prozent versprochen habe. Und ich habe wirklich meine Kunden getestet, wie sie auf das von mir ausgedachte Wort epibrieren reagieren. Wenn Herr Wedel behauptet, das sei eine Mischung aus meinem Leben und anderen: Wessen Leben soll das bitte sein?

Aber es ist auch vieles verdreht worden. Zum Beispiel habe ich niemals weiße Anzüge getragen, ich hasse weiße Anzüge. Ich habe nie geraucht, schon gar nicht Zigarren. Und ich habe nie Champagner getrunken. Ich hasse Champagner. Außerdem hat es keine großen Partys auf Mallorca oder in Kapstadt gegeben. In Hamburg ja, aber nicht in Spanien oder Südafrika, das war meine private Bude. Ich bin eigentlich gar kein Partyheini.

Wenn Herr Wedel damit argumentiert, das sei künstlerische Freiheit, dann liegt er meiner Meinung nach falsch. Er stellt ein falsches Bild dar und kriminalisiert meine Kunden. Die Szenen, in denen mich im Film ein Kunde geschlagen hat, andere mich entführen wollten oder mit einem Messer und einer Schusswaffe auf mich losgingen, die hat es in Wahrheit nie gegeben. Es gab auch keine Kunden, die heulend vor mir standen oder verzweifelt waren. Das ist das, was ich gemein finde.

Und meine Frau hat niemals so getanzt oder nur in der Hängematte rumgelegen. Sie war eine seriöse Ehefrau und Mutter und hat sich um unsere Gäste gekümmert. Aber aus den geschäftlichen Dingen hat sie sich komplett herausgehalten. Der Film "Gier" sollte ein Wirtschaftskrimi sein, ist aber eher eine Satire, wo alle verarscht wurden, insbesondere meine Kunden. Ich bin beim zweiten Teil irgendwann eingeschlafen, als es wieder mal um eine Party ging, habe mir den Rest dann aber am nächsten Tag weiter auf DVD angeguckt. Das Ganze besteht doch nur aus Partys! Eine halbe Stunde weniger hätte der Geschichte gutgetan. Insgesamt fand ich den Film trotzdem ganz unterhaltend. Ulrich Tukur hat die Hauptrolle wirklich toll gespielt. Und etliche Dinge an dem Film stimmten ja auch. Ich habe mich wiedererkannt, es kam vieles wieder hoch. Und ich habe mich für meine Vergangenheit geschämt.