Gerhard Strate, der Strafverteidiger des Gauners, und Abendblatt-Mitarbeiterin Bettina Mittelacher haben den Film bereits gesehen.

Hamburg. Vorbild ist der Millionenbetrüger Jürgen Harksen. Gerhard Strate, sein Strafverteidiger, und Abendblatt-Mitarbeiterin Bettina Mittelacher, die Harksen 1998 in Südafrika besuchte, haben den Film bereits gesehen. Sie vergleichen das Werk von Dieter Wedel mit ihren Begegnungen.

Detailgetreue Verfilmung
Mir hat der Film insgesamt gut gefallen. Er deckt sich etwa zu 85 Prozent mit der Wirklichkeit. Dieter Wedel hat nicht im Ansatz den Versuch einer Verfremdung gemacht. So war etwa einer der Drehorte am Kritenbarg in Poppenbüttel. Dort, wo Jürgen Harksen damals logierte. Der Film zeigt auch, wie sich der ehemalige Sonderschüler Harksen über Akademiker lustig gemacht hat, in dem er diese mit einem erfundenen Fremdwort konfrontierte. Niemand wollte zugeben, dass er nicht wusste, was "epibrieren" heißt. Wedel ließ Ulrich Tukur denselben Scherz machen. In diesen Dingen ist Wedel detailgetreu.

Gut dargestellt wurde auch der Zwiespalt bei Harksens "Kunden" (so nannte er seine Anleger). Das aufkeimende Misstrauen, wenn das versprochene Geld nicht ausgezahlt wurde, und die doch wieder alles verdeckende Hoffnung auf den großen Gewinn. Richtig ist auch, dass sich Harkens riesige Entourage untereinander eifersüchtig beharkte. Peinlichst genau beobachteten sich die Leute, wer bei ihm höher in der Gunst stand, wer herzlich gegrüßt und wer von ihm vernachlässigt wurde.

Künstlerische Freiheit hat sich Wedel allerdings bei der Figur von Harksen genommen. Tukur gibt den Dieter Glanz als zynischen Einzelgänger. Damit hätte Harksen nicht 300 Kunden an sich binden können. Etwa, wenn er einen, der schon bei der Staatsanwaltschaft war, wieder zu sich zurückholte. Harksen war besser. Er strahlte bei allem Kalkül auch menschliche Wärme aus. Er ist unter meinen Mandanten eine der charmantesten und witzigsten Personen. Wäre Harksen so kalt gewesen, wie Tukur ihn spielt, hätte er keine zwei Jahre durchgehalten.

Harksen schaffte es nicht nur durch Raffinesse, Menschen zu verführen. Er war eben kein Einzelgänger. Hinterleute müssen ihm bei der Fälschung von Tausenden von Dokumenten geholfen haben. Ich selbst habe auf meiner ersten Reise zu ihm nach Südafrika mehrere Koffer voll mit Handelsregisterauszügen, Zertifikaten und Aktien gesehen. Das war beeindruckend. Selbst ein Vorstandsmitglied der damaligen Landesbank hat diese Papiere für echt gehalten.

Ich weiß nicht, ob ich der im Film dargestellte Anwalt sein soll. Wenn das beabsichtigt war, habe ich mich in dieser Figur jedenfalls nicht wiedererkannt. Harksen hatte eine Reihe von Anwälten. Ich habe mich bis zum Ende des Prozesses von ihm siezen lassen, ihn auch bei Geschäften juristisch nicht beraten.

Die gravierendste Abweichung von der Wirklichkeit ist die Darstellung von Harksens Ex-Frau. Im Film räkelt sie sich ja fast nur in der Hängematte. Wedel stellt sie als blondes Flittchen dar. Das kommt ihr überhaupt nicht nahe. Seine Frau sorgte mit ihren drei Kindern, die im Film überhaupt nicht vorkommen, für das Bild einer heil erscheinenden Familie. Ihre Aura ließ keinerlei Zweifel an Harksens Legende aufkommen.

Auch war das Geständnis von Harksen - anders der Film - kein taktisches. Harksen kooperierte mit dem Gericht und wurde dennoch zu sechs Jahren und neun Monaten verurteilt. Ich bin immer noch wie bei meinem Plädoyer der Meinung, dass, wer sich eine Rendite von 1300 Prozent verspricht, wissen muss, dass das Geschäft risikoreich ist. So jemand kann nicht nur Opfer sein. (Autor: Gerhard Strate, aufgezeichnet von Sascha Balasko)

Fast alles erinnert an den Fall
Der Mann hat Charme. Dazu diese geradezu unverschämte Großspurigkeit, die oft ein Markenzeichen der ganz Erfolgreichen ist. Und dieses besondere Charisma. Ulrich Tukur alias Dieter Glanz hat dieses gewisse Etwas, das die Menschen in den Bann zieht, sie mitreißt und verzaubert. Ganz so wie der echte Jürgen Harksen, jener Finanzjongleur, Hochstapler und Betrüger, an dessen Leben der Film "Gier" von Dieter Wedel angelehnt ist. Jene in allen Farben schillernde Persönlichkeit, die im Film die einen bewundernd als "Teufelsbraten" titulieren - und andere verzweifelt als "leibhaftigen Teufel". Doch der echte Harksen hatte noch mehr Facetten: überschwängliche Begeisterung, ein Strahlen, etwas Sprühendes.

Dreimal habe ich den heute 49-Jährigen getroffen, damals, im Mai 1998 in seinem sonnigen Domizil in Kapstadt. Und ich war, ich muss es zugeben, fasziniert. Es war diese Mischung aus scheinbar grenzenlosem Selbstvertrauen und geradezu überschäumendem Eifer, wenn er über seine Geschäfte sprach. Das gewinnende Lächeln, die lebhafte Gestik. Und die Worte, die in schwindelerregendem Tempo auf das Gegenüber einprasselten. Dabei habe ich Harksen noch nicht einmal in Bestform erlebt, als Siegertyp, getragen von einer gigantischen Welle des Erfolgs. Sondern schon deutlich angeschlagen, als er bereits mit allen juristischen Mitteln gegen seine Auslieferung kämpfte. Doch dieser damals leicht übergewichtige Mann mit dem Milchgesicht war ein begnadeter Erzähler. Ein Phänomen. Einer, der Märchen wie greifbare Möglichkeiten klingen ließ und Halbwahrheiten wie sichere Fakten.

Wenn dann auch noch die Gier seiner Kunden dazukam, die jede Rationalität erstickte, dann war Harksen am Ziel. Es war der magische "Faktor 13", die Aussicht auf einen Gewinn von 1300 Prozent, der seine Geschäftspartner erst schwach werden ließ und dann unersättlich gierig - im richtigen Leben des Jürgen Harksen wie auch bei "Glanz und Gloria". Überhaupt - die Ähnlichkeiten! Sie ziehen sich nicht nur wie ein roter Faden durch den Film, sondern eher, um im Bild zu bleiben wie ein dickes rotes Tau. Die Geschichte sei "fiktiv" und dem Typus realer Hochstapler "lediglich nachempfunden", heißt es im Abspann.

Doch fast alles erinnert an den echten Harksen: die rauschenden Feste, die dicken Karossen, die prächtigen Villen, der zügellose Lebensstil. Dann die Flucht nach Südafrika, die Gläubiger, die ihm nachreisten, die gebetsmühlenartigen Versprechen, das Geld werde bald ausgezahlt. "Zahltag war immer am nächsten Mittwoch", erinnerte sich später eine Kunde, der Millionen bei Harksen angelegt hatte. Auch im Film ruft Glanz einem Gläubiger nach, das Geld komme "am Mittwoch". Und schließlich die Videokonferenz aus Kapstadt, in der der Finanzjongleur per Satellit seinen Kunden in Deutschland Versprechungen macht. Ganz so, wie Harksen es getan hat.

Auch alle weiteren Personen seien "frei erfunden", heißt es über den Film. Doch zumindest den Bauinvestor und das Juwelier-Ehepaar, das gigantische Summen bei ihm investiert und ihm noch eine erlesene Schmuckkollektion zur Auswahl präsentierte, haben reale Vorbilder. Dieter Wedel sagte jüngst, dass er lediglich "Puzzleteile" aus Harksens Leben verwendet habe. Wie viele Teile das seien oder gar wie viel Prozent, ließ er offen. Eine kluge Entscheidung. (Autor: Bettina Mittelacher)