Ihr Vater war Oberrabbiner Joseph Carlebach. Er wurde deportiert und ermordert. Sie konnte vier Jahre vor der Ermordung des Vaters fliehen.

Altona-Altstadt. Es gibt Orte, an denen schließen sich Lebenskreise. Im Jüdischen Volksheim an der Wohlers Allee ist Miriam Gillis-Carlebach als Kind mit etlichen ihrer acht Geschwister in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den Kindergarten gegangen. Das Haus existiert noch, es ist heute ein SterniPark-Kinderhaus, in dem man sich der Vergangenheit des Gebäudes sehr wohl bewusst ist. Gestern feierte die drittälteste Tochter des 1942 mit Ehefrau Charlotte und drei Kindern von den Nazis ermordeten Oberrabbiners Joseph Carlebach dort ihren 90. Geburtstag nach - mit gut 100 Freunden und Weggefährten.

Sie war 1938 nach Palästina geflohen und lebt, unermüdlich aktiv als Professorin für Pädagogik, Soziologie und jüdische Geschichte, in ihrem Joseph-Carlebach-Institut in Tel Aviv. Angereist war sie von dort, begleitet von zwei ihrer 14 Enkel und zwei der fast 40 Urenkel.

+++ Die Akten des Bösen im Staatsarchiv Hamburg +++

Zu den Gratulanten gehörte Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD), die gleichzeitig versicherte: "Für die Hamburgische Bürgerschaft ist es von zentraler Bedeutung, die Naziverbrechen als einen Teil der Geschichte unserer Stadt zu begreifen. In unseren Herzen wird immer Platz bleiben für das Schicksal unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, die damals umgebracht wurden." Geburtstagsgrüße sprach auch Leila Moysich, die stellvertretende SterniPark-Geschäftsführerin. Vorschulkinder begeisterten mit den erzhamburgischen Liedern der jüdischen Gebrüder Wolf, darunter, unverzichtbar: "An de Eck steiht'n Jung mit'n Tüdelband".

Zu Herzen gehend, was Schauspieler Peter Franke vorlas aus "Jedes Kind ist mein einziges", den Erinnerungen der Jubilarin: Briefe ihrer Eltern an die emigrierten Töchter, die sie nie wiedersehen sollten. Im Haus konnten die Gäste - unter ihnen Autorin Viola Roggenkamp, PR-Unternehmerin Alexandra von Rehlingen, Ulrich Lohse, Vorstand der Jüdischen Gemeinde Hamburg - eine Fotoausstellung über jüdisches Leben in Altona anschauen, die SterniPark mit dem Filmemacher Jens Huckeriede zusammengetragen hat. Gezeigt wurde auch sein wunderbar lebendiges und persönliches Videoporträt über Miriam Gillis-Carlebach.