Der renommierte Uhrmacher Andreas Hentschel fertigt maßgeschneiderte Uhren an - das tut er aber nicht nur für Reiche und Prominente.

Eppendorf. Die Uhrenmanufaktur von Andreas Hentschel liegt versteckt an einer Seitenstraße. Im lässigen Cord-Sakko steht Deutschlands renommiertester Uhrmacher hinterm Verkaufstresen, jungenhaft, trotz grau meliertem Haar. Wer ihn besucht, sollte Zeit mitbringen. Viel Zeit. Denn für Hentschel sind Uhren ein emotionales Bekenntnis. Sein Wissen darüber ist beeindruckend. Er will es bewahren und weitergeben. In den Geschichten, die er seinen Besuchern erzählt. Und mit einem Uhrenmuseum, das der 46-Jährige im September an der Geschwister-Scholl-Straße eröffnet.

"Mit der Gründung des Museums erfülle ich mir einen alten Traum", sagt Hentschel. "Es soll daran erinnern, dass Hamburg einst eine bedeutende Uhrenmetropole war." Kaum jemand wisse heute noch, dass vor 200 Jahren Chronometer aus der Hansestadt zu den robustesten und präzisesten ihrer Epoche zählten. Nautiker, Forscher und Entdecker vertrauten damals den Fertigkeiten der Hamburger Uhrenzunft. Auch Naturforscher Alexander von Humboldt, der als wissenschaftlicher Entdecker Amerikas gilt, besaß eine Uhr aus Hamburg. Hentschel ist stolz, das 1828 von dem berühmten Johann Heinrich Kessels aus Altona angefertigte Stück in seinem Museum zeigen zu können - gemeinsam mit etwa 100 anderen "Zeitzeugen", die er zusammengetragen hat: der ersten Armbanduhr von 1910, der ersten wasserdichten Uhr und der ersten Uhr auf dem Mond.

Eigentlich wollte Hentschel Geschichtslehrer werden. Doch als er von der 200 Jahre alten Hamburger Uhrmachertradition erfuhr, schwenkte er um. Mit 5000 Mark Startkapital von der Großmutter machte er sich als 23-Jähriger selbstständig. Heute fertigt er maßgeschneiderte Uhren an. Die Kunden können mitmachen und sich Zeiger, Uhrwerk, Krone und Zifferblatt aussuchen. Prominente wie die Schauspieler Uwe Friedrichsen, Harald Krassnitzer und Friedrich von Thun tragen eine Hentschel-Uhr, "aber auch Studenten, die darauf gespart haben", betont Hentschel.

Seine Begeisterung an der Uhrmacherei will er teilen. Gleichzeitig mit dem Museum eröffnet Andreas Hentschel auch seine "gläserne Manufaktur". In allen drei Stockwerken können die Besucher mitmachen und durch Glasscheiben bestaunen, wie die Uhrmacher Schräubchen in Größe eines Mohnkorns und kleinste Rädchen zusammensetzen. Außerdem will Hentschel Workshops anbieten und Gastredner einladen, darunter Bergsteiger Reinhold Messner und Rolex-Historiker Peter Kotzan. Hentschel selber wird sicher auch viel erzählen. Er kann gar nicht anders. Vielleicht von dem ehemaligen Luftwaffenpilot, der ihn vor zwölf Jahren besuchte. "Er zog aus einer abgewetzten Plastiktüte die Uhr heraus, die er 1940 zum Dienstantritt bekommen hatte", erinnert sich Hentschel. "Sie war nie gewartet worden und läuft bis heute einwandfrei."