Los Angeles/Hamburg. Drei Absolventen der Hamburg Media School werden am 11. Juni in Los Angeles/USA von der Oscar-Akademie mit dem Studenten-Oscar für ihren Film "Raju" ausgezeichnet. Nur die Frage, ob sie ihn in Gold, Silber oder Bronze erhalten, entscheidet sich erst noch. "Regisseur Max Zähle und seine Kommilitonen sind mit ihrem Kurzfilm Raju unter den Gewinnern des Wettbewerbs", gab die Media School bekannt. Die Nachricht, dass es ihr Film unter die ersten drei geschafft hat, kam in der Nacht via Internet. „Ich habe die E-Mail immer wieder gelesen und konnte es einfach nicht glauben“, sagte der 33-jährige Zähle.
Für die Verleihung des begehrten Preises am 11. Juni reisen Producer Stefan Gieren, Kameramann Sin Huh und Regisseur Max Zähle zur Oscar-Akademie nach Beverly Hills. „Der Studenten-Oscar ist die absolute Krönung“, sagte Studiengangsleiter Richard Reitinger, der das Film-Projekt begleitet hatte. Der rund 25 Minuten lange Film soll die Problematik des Kinderhandels ins Bewusstsein der Menschen bringen. Gedreht wurde der Kurzfilm mit den Schauspielern Wotan Wilke Möhring und Julia Richter in Kalkutta.
Schon 2003 hatte ein Jungfilmer aus Hamburg den Studenten-Oscar gewonnen. Florian Baxmeyer setzte sich damals mit seiner Diplomarbeit „Die rote Jacke“ gegen die internationale Konkurrenz durch. 2005 erhielt Ulrike Grote für ihren Diplomfilm „Der Ausreißer“ an der Hamburger Universität den Preis. Mit dem Studenten-Oscar ehrt die Akademie seit 1972 jährlich jeweils einen Auslands-Regisseur und junge Talente aus den USA. Gewinner des Nachwuchspreises mischen häufig auch bei der großen Oscar-Verleihung mit.
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Kurz und heftig
Auf den ersten Blick haben Max Zähle, Stefan Gieren und Sin Huh wenig mit Steven Spielberg, Jerry Bruckheimer oder Conrad Hall gemeinsam. Die drei Letzteren - ein Regisseur, ein Produzent und ein Kameramann - haben diverse Oscar-gekrönte Filme hervorgebracht. Aber in diesem Punkt könnten die drei Studenten der Hamburg Media School - ein Regisseur, ein Produzent und ein Kameramann - bald aufschließen. Mit ihrem Abschlussfilm "Raju" sind die drei Absolventen für den Studenten-Oscar nominiert.
Der Student Academy Award ist die kleine Schwester des Oscar und wird ebenfalls jährlich von der Academy of Motion Pictures Art and Sciences in Los Angeles verliehen.
"Raju" ist wie ein Platzregen - kurz und heftig. Eine bewegende Geschichte über den Kinderhandel in der indischen Metropole Kalkutta, erzählt in 23 Minuten. Das deutsche Ehepaar Jan und Sarah, gespielt von Wotan Wilke Möhring und Julia Richter, möchte ein Kind adoptieren und ist nach Indien gereist. Deutsche Behörden haben ihnen ein Waisenhaus vor Ort empfohlen. Als sie eintreffen, wird ihnen ein niedlicher Junge, Raju, mit schwarzen Knopfaugen präsentiert. Die ersehnte Familienidylle ist nah. Natürlich kommt es anders. Raju wurde aus seiner Familie entführt, um an ein wohlhabendes westliches Ehepaar verkauft zu werden.
"Wir wollten ein relevantes Thema beleuchten" sagt Regisseur Max Zähle, 33. Insgesamt hat er ein Vierteljahr mit seinen Kommilitonen in Kalkutta verbracht, um "Raju" zu drehen.
Die Idee zur Geschichte kam Zähle im vergangenen Winter nach dem Erdbeben auf Haiti. Kurz nach dem Beben schwappte eine Welle von Auslandsadoptionen über die zerstörten Städte - nicht immer legal. "Dieses vermeintliche Gutmenschentum, mit dem die Kinder aus dem Land geholt wurden - das hat mich interessiert." Obwohl der Film Fiktion ist, mutet er in Teilen wie eine Dokumentation an, denn das gezeigte Szenario ist realistisch.
Wie relevant das Thema Kinderhandel in Indien ist, erfuhren die Studenten am eigenen Leib. Zwei Journalisten der "Times of India" begleiteten sie während der Dreharbeiten und recherchierten danach weiter. Das Ergebnis war eine Reportage, so erdrückend, dass Kinderheime geschlossen wurden und Politiker vor dem Rücktritt standen. Ein nachhaltiges Projekt und ein beeindruckendes Ergebnis für einen Low-Budget-Studenten-Film.
"Mehr als einmal dachten wir: Was machen wir da eigentlich?", sagt Max Zähle. Während der Arbeit in Indien bekamen die Studenten Angst vor der eigenen Courage: Störrische Behörden, Zeitdruck, ein kleines Budget erschwerten die Arbeit. Hinzu kamen Herausforderungen im fremden Kulturkreis: filmbegeisterte Inder etwa, die sich um das Team scharrten und den Dreh zum Public Viewing machten. "Die Inder können Kameras riechen", so Kameramann Sin Huh, 31, "also mussten wir uns Ablenkungsmanöver einfallen lassen." Ein Teammitglied lief mit einer ausgeschalteten Kamera durch die Straße, die Masse folgte ihm ...
Ob die Mühe vergoldet wird, stellt sich am 11. Juni heraus. Der Film wird am 30. Mai im Abaton gezeigt und ab 30. Juni beim Rathaus Open Air. Dann im geordneten Public Viewing.
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