Per Schiff verbreitet ein Hafen-Weihnachtsmann Adventsflair unter den Seeleuten, die das Weihnachtsfest an Bord verbringen müssen.

Hamburg. Gut zwei Meter fliegt der Tannenbaum über die Elbe. Zwei Mitglieder der Besatzung des Containerschiffs "Frederik" stehen an Deck bereit, um das nadelige Geschenk zu fangen. "Merry Christmas", frohe Weihnachten, ruft einer der beiden dem Weihnachtsmann auf dem Hafenrundfahrtsschiff "Hamburg" zu. Seit 15 Jahren werden - wie es sich für eine Hafenstadt gehört - einmal in der Adventszeit auch Schiffe mit Weihnachtsflair versorgt. Die Aktion wurde vom "Nordmann Informationszentrum" ins Leben gerufen, das seit 1997 - finanziert von verschiedenen Unternehmen - über den Trend-Weihnachtsbaum Nordmanntanne informiert. "Die Schiffe legen hier in Hamburg an, und keiner denkt an die Seemänner, die Weihnachten an Bord verbringen müssen. Das wollten wir ändern", sagt Werner Koop, 63, Initiator des Projekts.

Vergangene Woche war es wieder so weit. Pünktlich um 12 Uhr legte die "Hamburg" mit rund 60 Tannenbäumen und einem Weihnachtsmann an Bord von den Landungsbrücken ab. Zunächst stand die diesjährige Tour unter keinem guten Stern: Am Morgen musste der eigentlich eingeplante "Weihnachtsmann" Hans-Heinrich Pehmöller, der die Verteil-Aktion seit 15 Jahren durchführt, krankheitsbedingt absagen. Ersatz musste her - und war zum Glück auch schnell gefunden. Volker Barczynski, 39, erklärte sich spontan bereit, ins rote Kostüm zu schlüpfen. "Ich habe erst um halb zehn erfahren, dass ich einspringen soll", sagte der Ersatz-Weihnachtsmann.

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In Begleitung eines Feuerwehrschiffs ging die "Hamburg" auf Fahrt. Zuerst durfte sich die Besatzung des britischen Kreuzfahrtschiffs "Oriana" über einen Weihnachtsbaum freuen. Im Moment liegt der Dampfer im Dock 11 von Blohm + Voss. Das Schiff war zu groß, als dass Barczynski den Baum hätte werfen können. Stattdessen wurde die Tanne mit einem Kran herübergehoben. Kurz danach senkte sich die Kette des Krans noch einmal herunter: Die Mannschaft schickte dem Weihnachtsmann eine Schiffsplakette als Dankeschön. Für viele Besatzungsmitglieder der "Oriana" ist das kommende Weihnachtsfest das erste auf hoher See. "Das ist eine tolle Aktion. Ich bin aber trotzdem traurig, Weihnachten nicht mit Familie und Freunden verbringen zu können", sagte Victoria Fletcher, 21. "Weihnachten werden wir irgendwo zwischen Malta und Spanien sein, bevor wir am fünften Januar unseren Heimathafen Southampton erreichen", fügte Michael Holland, 24, hinzu.

Die Dankbarkeit der Seeleute motiviert Werner Koop: "Wir haben riesigen Spaß daran zu sehen, wie die Seeleute sich freuen. Egal, welche Religion sie haben und welcher Ethnie sie sind, alle freuen sich über die Geste. Das zeigt mir, wie sinnvoll das Projekt ist." Auch wenn die Übergabe nicht immer reibungslos verlief: Bei einem der Schiffe landete der Baum - statt an Bord - in der Elbe. Zum Glück war aber genug Nachschub da, und beim zweiten Versuch lief dann alles glatt. Bei anderen Schiffen war niemand an Bord, sodass der Weihnachtsbaum zwar herübergeworfen werden, man aber keinerlei Reaktionen der Seeleute sehen konnte.

Als die Aktion vor 15 Jahren zum ersten Mal stattfand, waren mehr Bäume als heute nötig. "Die Situation hat sich merklich verändert", sagt Initiator Werner Koop. "Am Anfang hatten wir noch 170 Tannen dabei, damals lagen viel mehr kleine Schiffe im Hafen als jetzt. Mittlerweile brauchen wir weniger als die Hälfte."

Die "Tannenbaum-Premiere" ist für den Aushilfs-Weihnachtsmann Volker Barczynski gut verlaufen. Nachdem die letzte Baumübergabe erfolgreich verlaufen ist, zieht er Bilanz: "Es ist toll zu sehen, wie sich die Seeleute aufrichtig freuen und wie ein Strahlen über das ganze Gesicht geht." Seine Begeisterung für die Aufgabe ist geweckt. "Auch wenn ich nur Ersatzmann bin: Werner Koop hat meine Nummer und kann mich jederzeit wieder anrufen", so Barczynski. Nächstes Jahr soll Hans-Heinrich Pehmöller eigentlich wieder den Weihnachtsmann spielen, aber falls etwas dazwischenkommt: Für einen Plan B wäre diesmal schon vorgesorgt.