Der 80-Jährige pflegt die Grünanlage im Unnapark nahe der U-Bahn-Station Osterstraße seit mehr als 15 Jahren. Seine Tage sind durchorganisiert.

Hambzurg. Jeder braucht eine Aufgabe - das findet zumindest Günther Harders. Der 80-Jährige sitzt auf einer Parkbank im Unnapark nahe der U-Bahn-Station Osterstraße und schaut auf sein Tagewerk. Vor mehr als 15 Jahren hat er eine Entscheidung getroffen: Seine Aufgabe im Alter soll die Pflege dieser Grünanlage sein. Seitdem steht er jeden Morgen früh auf und macht sich an die Arbeit. Seine Tage sind durchorganisiert. "Morgens kommen zuerst die Papierkörbe dran. Da tausche ich die Mülltüten aus", sagt er. "Danach fege ich die Wege und sammle den Müll auf. Und falls es nötig ist, zupfe ich auch noch Unkraut."

Harders geht seinem Ehrenamt gewissenhaft nach. Er kommt jeden Tag und bei jedem Wetter. "Die Arbeit macht sich ja nicht von allein", sagt er. Morgens um 9 Uhr fängt er an, gegen Mittag ist er fertig. Das Engagement des Hamburgers bleibt im Stadtteil nicht unbemerkt. Beim Bezirksamt Eimsbüttel kennt man ihn gut. Sie nennen ihn "Herr Günther".

"Herr Günther ist uns bekannt, und wir begrüßen und unterstützen seinen Einsatz ausdrücklich", sagt Stephan Glunz, Sprecher des Bezirksamts. "Wir stehen im regelmäßigen Kontakt mit ihm und stellen ihm zum Beispiel Mülltüten und den Materialkasten zur Verfügung, in dem er seine Utensilien vor Ort aufbewahrt." Harders erledigt seine Arbeit unaufdringlich leise. Er redet nicht viel. Es fällt ihm schwer zu erklären, was ihn jeden Tag antreibt. "Ich finde es einfach wichtig", sagt er. Mit dieser Einstellung ist er nicht allein. Es gibt neben ihm viele Menschen, die ihre Umgebung aktiv mitgestalten und oft auch erhalten möchten. "Derzeit bestehen zwischen dem Bezirksamt und Eimsbüttler Bürgern 61 Straßenbegleitgrünpatenschaften und 29 Parkpatenschaften", sagt Bezirksamtssprecher Glunz. Hinzu kommen weitere Heinzelmännchen, die sich engagieren, ohne dies bei der Behörde offiziell zu machen. So wie Günther Harders.

+++ Zu den Quartieren +++

Am südlichen Rand des Unnaparks hat er eine kleine Bude. Darin stehen seine Werkzeuge, seine Harke, Mülltüten, ein Einkaufswagen und ein Boule-Spiel. "Das Spiel hat mir mal jemand geschenkt", erzählt er. Kleine Aufmerksamkeiten bekommt er fast täglich. Mal einen Kaffee, mal seine Lieblingszigarren "Tropenschatz Corona". "An manchen Tagen bringen mir 15 verschiedene Menschen Kaffee vorbei", erzählt der gebürtige Hamburger und lacht dann fast ein wenig schüchtern. "Die kann ich ja gar nicht alle trinken."

Wenn Harders mittags zurück in seine Zweizimmerwohnung in der nahe gelegenen Grundstraße zurückgeht, sieht es im Park ordentlich aus. Das Laub ist zur Seite gefegt, und kein Müll liegt mehr herum. Auf dem sauberen Spielplatz toben Kinder, und die Mütter machen eine Pause im Schatten der Bäume. Jetzt könnte Harders Arbeitstag eigentlich vorbei sein. Aber der 80-Jährige findet, dass es für ihn noch mehr zu tun gibt. "Für ein paar ältere Leute erledige ich noch ein paar Besorgungen. Einer Frau bringe ich die Fernsehzeitung nach Hause, einer anderen mal eine Packung Milch." Manchmal bekommt er ein bisschen Geld dafür. Manchmal auch nichts. Seine Rente kann er durch die Pfandflaschen aufbessern, die er jeden Tag im Park aufsammelt. "Letzten Monat habe ich so 70 Euro dazuverdient", sagt er.

Wenn das Wetter gut ist, kommt er nachmittags noch einmal in den Park zurück - diesmal, um zu entspannen. Auch andere kommen jeden Tag hierher. Auf den Bänken am nördlichen Parkeingang sitzt immer die gleiche Gruppe von Männern. "Einige von ihnen haben keine Wohnung und keinen Job und trinken zu viel Alkohol", sagt Harders. Ihm selbst schmecke Kaffee aber besser als Bier.

Wenn die Männer aus der Unnapark-Gruppe über "ihren Günther" reden, dann lassen sie nichts auf ihn kommen. "Der kümmert sich um alles", sagt einer von ihnen. "Wenn hier jemand etwas im Park liegen lässt, schließt er es in seine Bude ein und gibt es bei Gelegenheit zurück." Sie scheinen stolz darauf zu sein, dass er irgendwie zu ihnen gehört. Aber sie wissen auch, dass es Ärger geben kann, wenn sie sich danebenbenehmen. "Wenn die Leute hier mal zu viel getrunken haben und laut werden, dann rufe ich die Polizei", sagt der 80-Jährige. Der hagere Mann will schließlich nicht, dass "sein" Park in Verruf gerät. Und so ist er für die Männer mal Kumpel, mal Klassensprecher und manchmal eben auch Platzwart.

Für den Eimsbüttler Polizisten Thomas Wulf ist Günther Harders Arbeit wichtig: "Wenn mal irgendwas passiert, meldet sich Günther bei uns oder gibt uns einen Tipp. Er ist im Unnapark das ,Mädchen für alles'."

Am frühen Abend geht Harders meist nach Hause. Er wohnt allein. Freunde, sagt er, habe er nicht viele. Irgendwann ganz früher sei er mal verheiratet gewesen. Er habe zwei erwachsene Kinder, die ihn ab und an besuchen.

Es sei nicht immer alles einfach gewesen. Es gab Zeiten, wo auch er weder Wohnung noch Job hatte. "Aber wer arbeiten will, der findet auch Arbeit", sagt er. Und wenn es keine gebe, dann gebe es für jeden Aufgaben. "Und meine Aufgabe ist eben der Unnapark." Solange er noch gut zu Fuß ist, möchte er weitermachen. "Einfach, weil es wichtig ist."