Selbst Anwohner entdecken neue Restaurants, finden nach Jahren erst ihren Lieblingsplatz und wissen nicht, woher ihre Straße ihren Namen hat.

Hamburg. Einen Stadtteil zu erkunden kostet Zeit. Für Besucher ist ein fremdes Quartier ein Ort mit vielen Geheimnissen. Selbst Anwohner entdecken immer wieder neue Restaurants, finden nach Jahren erst ihren Lieblingsplatz und wissen nicht, woher ihre Straße ihren Namen hat.

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Die neue Abendblatt-Serie "Stadtteilreporter verraten sieben Besonderheiten, die man über ... wissen sollte" versucht, den Lesern die Quartiere näherzubringen. Die Stadtteilreporter geben jeden Mittwoch Tipps zu ihrem Quartier. Den Anfang machen Magalie Michalak und Pia Vagt aus Winterhude.



1. Das Original

Seit 23 Jahren ist Heiner Krebs Chef vom "Eiscafé am Poelchaukamp" (Poelchaukamp 3). "Mancher Kunde kam schon als Kind hierher und jetzt eben als Papa mit eigenem Nachwuchs", sagt der 62-Jährige. Natürlich kenne er die Lieblingseissorten seiner Stammkunden. Auch für eine Plauderei bleibt immer Zeit, schließlich steht seine Eismaschine im Verkaufsraum. "Ich habe die Veränderung des Viertels live miterlebt", sagt er. Allerdings sei es weniger gemütlich geworden. Über die Winterpause zieht es den Eisliebhaber aber nicht, wie es naheläge, nach Italien, sondern für ein paar Wochen nach Spanien.

Magalie Michalak

2. Die perfekte Bank

Die schönste Bank mit Aussicht finde ich an der Alster, und zwar auf der wunderschönen Bellevue, direkt dort, wo die Straße einen Knick macht. Sowohl tagsüber als auch nachts hat man einen tollen Ausblick. Hier kann ich mich mit einem guten Buch hinsetzen und einfach die Zeit vergessen, mit meiner Freundin stundenlang quatschen oder an Sommerabenden mit Freunden ein paar herrliche Stunden verbringen. Die Bank bietet mir also die perfekte Mischung. Daher bin ich immer wieder froh, wenn wir beide ein paar Stunden Zeit füreinander haben und sie mir ein Plätzchen reserviert hat - wenn ich wieder einmal ohne Voranmeldung vor ihr stehe.

Magalie Michalak


3. Die schönste Wasserstelle

Rund um den Modellboot-Teich im Stadtpark (Eingang am Südring) stehen jetzt im Frühling wieder jede Menge Jungs, die ihre ferngesteuerten Schiffe durchs Wasser jagen und regelmäßig auch zusammenprallen lassen. Meist stehen ihre Väter hinter ihnen und machen den Eindruck, als ob sie auch gern mal die Fernsteuerung bedienen würden. Die Kapitäne lassen aber keine Meuterei zu und halten das Steuer fest in ihren Händen. Manchmal schwimmt dazu noch ein Hund durch den Teich und zieht wie ein Riese aus einer Sage an den Booten vorbei. Deshalb handelt es sich um eine äußerst animierende Wasserstelle mit Unterhaltungsprogramm - ein Besuch im Hamburger Stadtpark lohnt sich. Ich mache hier gern mal eine Pause während eines Spaziergangs und beobachte das bunte Treiben.

Pia Vagt


4. Die fieseste Ampel

Die nervigste Ampelschaltung ist die an der Kreuzung der drei großen Straßen Dorotheenstraße, Poßmoorweg und Krohnskamp. Hier muss ich auf meinem Rad jedes Mal ungewöhnlich lange warten. Einige Male war ich schon versucht, laut zu fluchen und die Ampel anzuschreien, dass sie auf Grün schalten soll. Und wenn ich schon aus der Ferne sehe, dass gleich Grün wird, dann rase ich wie ein Blitz auf die Kreuzung zu, damit ich die auch noch sehr kurze Grünphase nicht verpasse.

Magalie Michalak


5. Die interessanteste Straße

Meine Lieblingsstraße in Winterhude ist der Poelchaukamp. Ich liebe die vielen italienischen Restaurants und Bistros hier. Benannt wurde die Straße mit dem Urlaubsflair nach dem gebürtigen Berliner Hermann Poelchau, der sich 1845 als Advokat in Hamburg niederließ. Er wurde Direktor am Landesgericht und stieg zum Hanseatischen Oberlandesgerichtsrat auf. Ehrenamtlich engagierte Poelchau sich als Protokollant für die Hamburger Feuerkasse und gehörte von 1854 bis 1860 dem Armenkollegium an. Er war Gemeindevorsteher von St. Michaelis und diente als Hauptmann im Hamburger Bürgermilitär. Der ersten frei gewählten Hamburger Bürgerschaft gehörte er von 1859 bis 1862 an. Hermann Poelchau starb 1912 im Alter von 95 Jahren. Der Poelchaukamp, der früher Langenkamp hieß, wurde 1948 nach ihm benannt.

Magalie Michalak


6. Der bekannteste Bewohner

Unser mitunter glamourös anmutendes Quartier gefällt auch vielen Prominenten. Der Sänger Roger Cicero beispielsweise wohnt bei mir um die Ecke. Schon oft bin ich ihm auf dem Mühlenkamp begegnet. Beim entspannten Einkaufen. Oder wenn er Münzen in das Miniauto vor Edeka einwirft, damit sein Sohn eine Fahrt genießen kann. Ein weiterer prominenter Nachbar ist der Sänger Lotto King Karl. Einige Male habe ich ihn im Block House beim Abendessen gesehen. Und auch der Ex-HSV-Vorstand Bernd Hoffmann ist Winterhuder.

Magalie Michalak


7. Das Ärgernis

Die evangelisch-lutherische Matthäuskirche am Krohnskamp ist zwar besonders schön - allerdings kann man sie die meiste Zeit nur von außen bewundern. Denn trotz eines an der Tür angebrachten Schildes "Tritt ein! Die Kirche ist offen" gehen die Türen hier außer zu den sonntäglichen Gottesdiensten nur jeden ersten Sonnabend im Monat von 11 bis 16 Uhr auf. Nun muss die Kirche ja vielleicht nicht immer frei zugänglich sein, aber dass sie es nicht ein bisschen öfter ist, ist schade. Ich würde sie gerne besichtigen, stehe aber meist vor verschlossener Pforte.

Pia Vagt

Kommende Woche geht es nach Ottensen. Wenn Sie Geschichten aus Ihrem Viertel zu erzählen haben, schreiben Sie an: stadtteilreporter @abendblatt.de. Auch über Infos aus Winterhude freuen sich die Reporter: magalie.michalak@fm-abendblatt.de ; pia.vagt@fm-abendblatt.de