Geschäftsleute an der Eppendorfer Landstraße sind in Angst vor Beutezügen. Sie treffen deshalb Sicherheitsvorkehrungen.

Eppendorf. Eine mutige Friseurin und ein Schornsteinfeger sind die Helden in einer Serie von Diebstählen in Eppendorf. Entlang der Eppendorfer Landstraße sowie der benachbarten Hegestraße wurden ein Juwelier, eine Boutique, ein Schuhgeschäft und ein Friseursalon bestohlen, andere Geschäfte wurden "ausspioniert". Die Ladenbesitzer sind besorgt und warnen sich gegenseitig. Vor allem eine Familie geht offenbar seit Wochen nach einer ähnlichen Masche vor.

"Das haben die nicht zum ersten Mal gemacht, die wussten, was sie tun", sagt die 28-jährige Stephanie Pals. Sie wurde in ihrem Friseursalon "Namenlos" von dem Paar und dessen zwölfjährigen Sohn bestohlen (wir berichteten). Offenbar suchen sich die Diebe kleine Läden aus, in denen nur eine Person arbeitet. "Die Frau tat so, als wolle sie einen Termin machen." So weit deckt sich ihre Geschichte mit weiteren Fällen. Doch im Unterschied zu den anderen Geschäftsleuten bemerkt Pals die Tat: "Als ich im Spiegel die offene Kasse sah, bin ich schreiend losgelaufen. Der Mann und der Junge waren schon rausgerannt. Erst als ich die Tür zuhielt und die Frau nicht rauskonnte, kamen sie zurück." Der Dieb und sein Sohn drückten von außen gegen die Tür, die Friseurin von innen. Dann kam es zu einem Handgemenge, bis Pals losließ und die Diebe mit 150 Euro Beute flüchteten.

Die Masche habe bisher in der Gegend gut geklappt. In den umliegenden Geschäften ist die Familie laut Pals schon aufgefallen: "Man kennt sich hier, es gibt viele inhabergeführte Geschäfte in der Straße, da warnt man sich gegenseitig." Auch in dem Schreibwarenladen nebenan habe sich die Familie am Tattag Postkarten angeschaut. In der Boutique JB Exclusiv seien die drei ebenfalls aufgetaucht, doch niemand habe bemerkt, dass etwas fehlt. Die dortige Chefin hat nach vermehrten Diebstählen in der Vergangenheit einen Spiegel angebracht, der jede Ecke des Geschäfts von der Kasse aus einsehbar macht.

Viele Geschäfte in der Gegend haben besondere Sicherheitsvorkehrungen. Bei einigen müssen die Kunden klingeln, um eingelassen zu werden. Doch obwohl die drei in einigen Geschäften aufgefallen sind, hatte sie vor Pals niemand auf frischer Tat ertappt.

Die Friseurin wundert das nicht, denn Ablenkungsmanöver beherrschen die Diebe. Außerdem passen sie sich laut Pals dem Ladenstil an: "In der bestohlenen Boutique trug die Frau teure Kleidung und sprach gut deutsch - hier tat sie so, als verstünde sie mich nicht."

"Die ist ganz schön tapfer, die Frau Pals", findet die Apothekerin von nebenan, die zum Tatzeitpunkt Dienst hatte. Als sie gegen 14 Uhr Schreie hörte, bekam sie Angst: "Ich habe oft abends alleine Notdienst gemacht, ist ja eine sichere Gegend, dachte ich. Jetzt möchte ich das lieber nicht mehr machen." Auch sie glaubt, dass sich die Täter gezielt kleine Geschäfte aussuchen, in denen eine Frau alleine bedient.

Die diebische Familie ist nach wie vor nicht gefasst. Auch im Schuhladen direkt neben dem Juwelier schlug sie zu. Hier wurde von einer Überwachungskamera aufgezeichnet, wie die Familie unbemerkt Sachen entwendete und verschwand. Inzwischen fahndet die Kripo nach den dreien.

Juwelierin Birgitta Rheinländer wurde schon vor Wochen vor der Familie gewarnt, fiel aber einem anderen dreisten Dieb zum Opfer. Der Täter ließ sich in ihrem Schmuckgeschäft an der Hegestraße beraten. "Das war ein netter junger Mann, ich hatte ja keinen Grund, ihn nicht reinzulassen", sagte die Inhaberin. "Aber dass er eine Damenkette anprobieren wollte, kam mir schon merkwürdig vor. Als er dann Stunden später immer noch an der Straße herumlungerte, wurde er mir verdächtig." Doch der Dieb wartete, bis die Juwelierin kurz in den Supermarkt gegenüber verschwand.

Sobald sie das Geschäft verlassen hatte, ging der 19 Jahre alte Täter zu ihrer Kollegin, um sich wieder eine Kette im Wert von 6300 Euro zeigen zu lassen. "Er wollte sie unbedingt anprobieren, obwohl sie ihm natürlich viel zu eng war." Als die Kollegin das Schmuckstück abnehmen wollte, stieß der Dieb die Verkäuferin zu Boden, rannte auf die Straße, schwang sich aufs Fahrrad und flüchtete. Doch ein vorbeiradelnder Schornsteinfeger folgte dem Dieb und informierte eine Streife, die den Täter noch mit der Kette samt Preisschild um den Hals abführte. "Eine Stunde später lag sie wieder in unserer Vitrine", schildert Birgitta Rheinländer das glückliche Ende des Diebstahls.