Kennt jeder, kann jeder, oder? Naja, es gibt schon ein paar Tipps, wie man den Genuss noch steigern kann. Marlies Fischer hat sich bei Profis umgehört
Pannfisch, Sauerfleisch, Roastbeef, Matjes, Spiegelei, Schnitzel, Frikadellen – diese Gerichte schmecken nur richtig gut mit einer Beilage: Bratkartoffeln. Kross und schön braun gebraten, mit oder ohne Speck und Zwiebeln, gebrutzelt in Rapsöl oder Gänseschmalz, aus gekochten oder rohen Kartoffeln, festkochend und auf keinen Fall mehlig, in Scheiben geschnitten oder in Würfel. Es gibt viele Tipps und Tricks für die Zubereitung von Bratkartoffeln. Und jeder ist fest davon überzeugt: Meine schmecken am besten.
„Gute Bratkartoffeln gelingen nur mit Ruhe und Geduld“, sagt Thomas Sampl. Der 35-jährige Küchenchef des Restaurants Vlet in der HafenCity hat diese Beilage zum Schnitzel vom Linumer Kalb auf der Mittagskarte. Sein Kollege Henning Pieper vom Gasthaus Offen in Lemsahl-Mellingstedt schwört auf „schön viel Fett und viel Hitze in einer gusseisernen Pfanne“. 70 Prozent der Gerichte auf der Karte in dem Familienbetrieb am Stadtrand werden mit Bratkartoffeln serviert. Und Cornelia Poletto stellt fest: „Wer Kalorien zählt, sollte keine Bratkartoffeln essen.“
Welche Kartoffel eignet sich?
Am besten lassen sich Bratkartoffeln aus fest kochenden Knollen zubereiten. Sie enthalten nicht ganz so viel Stärke und behalten beim Kochen ihre Struktur. Beliebt sind die Sorten Forelle, Hansa, Linda, Sieglinde, Nicola oder Cilena. Die ungeschälten Kartoffeln werden dann in Salzwasser bissfest gekocht, anschließend abgegossen und möglichst noch heiß gepellt. Das Wasser kann besser ausdampfen, die Kartoffeln werden fester und lassen sich später besser in Scheiben schneiden. Gepellte Kartoffeln völlig erkalten lassen oder besser noch eine Nacht in den Kühlschrank stellen, so dass sie gut durchgekühlt sind.
Wer rohe Kartoffeln nutzen will, schält diese und schneidet sie anschließend in dünne Scheiben oder gar in Würfel. So pappen die rohen Kartoffeln nicht aneinander und werden auch schneller gar. Man kann die Scheiben oder Würfel auch noch einige Minuten wässern. Dabei tritt die Stärke aus, die Kartoffeln werden nicht matschig. Vor dem Braten sollten sie aber unbedingt gut abtropfen.
Welches Fett ist gut?
Bevor die Kartoffeln in die Pfanne kommen, muss das Fett ganz heiß sein. Hat es nicht genügend Temperatur, werden die Bratkartoffeln fett: Sie saugen sich voll und werden nicht mehr braun.
Besonders geeignet ist Butterschmalz. Es kann hoch erhitzt werden und gibt den Kartoffeln einen feinen Geschmack. Wer es intensiver mag, nimmt Grieben- oder Gänseschmalz. Auch geschmacksneutrales Öl mit hohem Rauchpunkt oder Kokosfett kann man verwenden. Nicht zu wenig, aber auch nicht zu viel Fett – die Bratkartoffeln sollen schließlich nicht frittiert werden. Nur in Butter sollte man sie nicht braten, denn sie enthält Milcheiweiße und Wasser. Diese Substanzen verbrennen und verdampfen beim Erhitzen. Wenn die Kartoffeln fertig sind, kann man aber noch Butter in Flöckchen drauf setzen und so den Geschmack abrunden.
Welche Pfanne brät am besten?
Der Profi Thomas Sampl empfiehlt eine dickwandige große Pfanne aus Gusseisen. „Das Metall muss gleichmäßig die Wärme leiten und viel Hitze abkönnen“, sagt der Koch. Eine eingebrannte Eisenpfanne wirkt genauso antihaftend wie eine beschichtete Pfanne und bringt noch einen leckeren Bratengeschmack mit sich. Wer keine Eisenpfanne hat, kann auch eine Teflonpfanne nehmen.
Die Pfanne wird erst leer hoch erhitzt, dann kommt das Fett hinein. Mit einem Holzstäbchen kann man prüfen, ob es heiß genug ist. Dann kommen die Kartoffeln hinein, und sie müssen Platz genug haben. Sobald sie in der Pfanne liegen, wird die Hitze reduziert. Und dann heißt es abwarten. Nicht rühren.
Erst wenn die Kartoffeln Farbe angenommen haben, darf man die Scheiben vorsichtig wenden. Noch besser ist es, den Pfannenstiel in beide Hände zu nehmen, die Kartoffeln mit einem kräftigen Schwung etwas hochzuwerfen und in der Pfanne wieder aufzufangen. Wer allerdings ungeübt ist und die Speise nicht vom Fußboden aufsammeln möchte, sollte einen Pfannenheber oder eine Gourmetzange mit Antihaft-Enden benutzen.
Wer viele Menschen mit dieser Beilage verköstigen will, sollte die Kartoffeln in Partien braten und dann bei 80 Grad im Backofen auf dem Blech warmhalten.
Speck und Zwiebeln?
Für die meisten Menschen gehören diese beiden Zutaten unbedingt dazu. Man kann den klein geschnittenen Speck und die kleinen Zwiebelwürfel – gerne auch Schalotten – extra anbraten und erst am Ende zu den Bratkartoffeln geben. Oder man gießt kurz vor Ende der Bratzeit Fett aus der Pfanne ab, fügt Speck und Zwiebeln roh hinzu und lässt sie noch fünf Minuten mitbraten. Zum Schluss dann alles mit Salz und Pfeffer würzen und durchschwenken. Wer gern noch etwas Frisches dazu gibt, bestreut die Bratkartoffeln mit Petersilie oder Schnittlauch. Vlet-Küchenchef Thomas Sampl isst die Beilage nicht ohne Majoran. „Dieses Gewürz gehört bei mir unbedingt dazu.“
Zucker geht auch
Manchmal spielt auch etwas Zucker eine wichtige Rolle. Süße Bratkartoffeln kennt man hauptsächlich in Norddeutschland, wo sie gerne zum Grünkohl serviert werden. Hierzu nimmt man vorzugsweise sogenannte „Grünkohlkartoffeln“: kleinste Kartoffeln bis etwa drei Zentimeter Durchmesser, die unzerteilt in der Pfanne mit Zucker überstreut und dann zum Karamellisieren in dem durch die Brathitze entstehenden Sud gewälzt werden.
Die Mittelmeer-Variante
Wer es mediterran mag, bereitet Rosmarinkartoffeln im Backofen vor. „Kleine rohe Kartoffeln, möglichst Bio, mit Schale halbieren und in Olivenöl schwenken“, sagt Fernsehköchin Cornelia Poletto. Mit Salz, Pfeffer, Rosmarin und – je nach Geschmack – auch angedrückten Knoblauchzehen würzen und bei 180 Grad für 20 bis 30 Minuten in den Backofen.
Die Köchin fügt den herkömmlichen Bratkartoffeln auch gern getrocknete Tomaten und Basilikum oder kleine frische Pfifferlinge hinzu. „Aber am liebsten esse ich sie traditionell knusprig mit Zwiebeln und Speck.“ Eben richtig norddeutsch.