Der Berg ruft. Und fast jeder siebte Einwohner dieser Stadt fährt hin. Die Skiferien, einzigartig in Deutschland, gibt es seit nunmehr 50 Jahren. Und ein in Bahrenfeld ansässiges Weltunternehmen für Schreibgeräte wurde nach dem höchsten Berg der Alpen benannt. All das ist kein Zufall. Aber woher kommt diese Leidenschaft für den Wintersport im flachen Norden? Alexander Schuller geht der Sache auf den Grund

Der Wohlstand einer Stadt lässt sich unter anderem am Urlaubsverhalten ihrer Bewohner ablesen. Doch es überrascht immer wieder, dass sich Jahr für Jahr geschätzte 250.000 Hamburger in den Frühjahrsferien (in diesem Jahr vom 3. bis 14. März) auf die Reise in die Berge machen, um dort dem Skisport (und mittlerweile natürlich auch dem Snowboarden) zu frönen. Stauexperten erwarten daher für das erste Märzwochenende mindestens zähfließenden Verkehr auf den Autobahnen Richtung Süden. Auch der „Schneeexpress“ der Bahn, der über Nacht ohne lästiges Umsteigen von Hamburg-Altona übers Rheinland bis in die beliebtesten österreichischen Skigebiete zuckelt, ist schon lange ausgebucht, und wer jetzt noch rasch einen Platz auf einem der Autoreisezüge ergattern möchte, die von Hamburg aus nach München, Lörrach, Innsbruck und Bozen fahren, wird auf der Warteliste geparkt.

Sicher, es ist nur eine Momentaufnahme ohne statistischen Wert: Doch vor allem in den Stadtteilen der Besserverdienenden kennt jeder Bewohner mindestens eine Familie in der Nachbarschaft, die Jahr für Jahr genau diesen zwei Wochen entgegenfiebert. Und dort, wo das nötige Geld nicht übrig ist, wird eben eisern darauf gespart. Denn Skifahren ist kein billiges Vergnügen. Je mondäner und höher gelegen der Ort (Lech, Kitzbühel, Arosa, St. Moritz, Zermatt, Chamonix,...) desto teurer sind natürlich Unterkünfte, Skipässe, Leihgebühren für die Ausrüstung und Brotzeiten auf den Hütten. Skiunterricht kommt vielleicht noch dazu, und die Getränke sind zumeist nicht in der Halbpension inbegriffen. Die – sehr grobe, aber realistische – Faustregel der Tourismusexperten in den offiziellen Fremdenverkehrsämtern der Alpenländer lautet: Eine Woche Skiurlaub in einem „normalen“ Skigebiet in einem Drei-Sterne-Hotel kostet in Deutschland, Österreich und Italien mit allem Drum und Dran durchschnittlich 1000 Euro pro Person, in der Schweiz und Frankreich werden rund 1300 Euro fällig, eine Menge Holz.

Dennoch wird die Begeisterung der Hamburger für den Wintersport geradezu hartnäckig von Generation zu Generation vererbt. Wer als Kind von den Eltern mit dem Skivirus infiziert wurde, steckt aller Wahrscheinlichkeit nach auch seine Kindern damit an. „Unsere Erfahrungswerte zeigen dabei, dass der klassische Familien-Skiurlaub ein Stammgast-Geschäft ist“, sagt Simone Mayr vom Tiroler Tourismusverband in Innsbruck, doch sei es zu aufwendig, genau Buch über die Herkunft der Touristen zu führen. „Inzwischen haben ja die meisten benachbarten Skiorte ihre Pisten zu ortsübergreifenden Skiarenen zusammengeschlossen.“

Neben der Familientradition wird die Hamburger Skileidenschaft von zwei weiteren Institutionen befeuert. Da sind zum einen die zahlreichen weiterführenden Schulen, die zum Teil schon seit Jahrzehnten mindestens eine Skiklassenreise im Bildungsprogramm der Mittelstufe haben, und das aus gutem Grund: „Es hat sich gezeigt, dass die Kinder und Jugendlichen in diesem Alter für Museumsbesuche und andere Kulturstätten häufig keine große Begeisterung entwickeln“, sagt Nils Neufeld, der als Sportlehrer am Gymnasium Rissen seit 2009 „Das Skiprojekt“ betreut. „Mit moderner Erlebnispädagogik – also auch mit Fun und Action, was zum Skifahren ja zwangsläufig dazugehört – erreichen wir viel mehr.“

Und dann sind da noch die sechs Hamburger Skivereine sowie die mehr als 20 Skiabteilungen der größeren Sportclubs, in denen sich Ehrenamtliche aufopferungsvoll bemühen, für ihre Mitglieder erschwingliche Skireisen zu organisieren und mithilfe von Gymnastik-Kursen die Verletzungsgefahr zu minimieren. Denn auch das muss gesagt werden: In den ersten beiden Januarwochen und in den letzten Märzwochen werden die Termine für Computertomografien bei den Orthopäden rar. Von Bein-, Schulter- und Handgelenksfrakturen einmal abgesehen, rangieren Meniskusverletzungen und Bänderrisse in Knien und Sprunggelenken bei Skiläufern ganz oben.

Die Mitglieder des Ski-Clubs Hanseaten e.V. machen deshalb immer mittwochs in einer Turnhalle an der Fraenkelstraße ihre Beine für die Buckelpiste fit. Es ist der älteste Hamburger Skiclub, am 13. April 1940 gegründet, mitten im Krieg. „Leider haben wir, wie fast alle Vereine, Nachwuchssorgen“, sagt Rolf Weil-Di Fonzo, Sohn eines der Mitbegründer des Clubs, und schaut sich in der Halle um. Die meisten der rund 15 Mitglieder, die an diesem Abend schwitzend und keuchend das Fitnessprogramm durchziehen, kennen noch die Zehenriemen-Bindung aus eigener Erfahrung.

Hamburgs beste Skifahrerin ist ein Import aus Baden-Württemberg

Dabei stellt der Verein mit Ann-Kathrin Wolber, 24, und Benjamin Brändle, 38, nicht nur die aktuellen Hamburger Skimeister, sondern bietet sportlich-ambitionierten wie auch blutigen Anfängern ein weit gefächertes, ganzjähriges Ski-Spaß-Programm, das auch professionelles Training im Snow Dome Wittenburg beinhaltet. Ehrlichkeitshalber muss man jedoch erwähnen, dass Hamburgs Beste ein Import aus Baden-Württemberg ist und auf dem Feldberg im Schwarzwald das Skifahren erlernte, der Wiege des alpinen Skisports. „Aber es gibt auch viele Hamburger, die auf einem sehr hohen Level fahren können“, sagt Christina Friese, die in diesem Jahr die Hamburger Skimeisterschaften mit organisiert hat. Die IT-Spezialistin, Mutter von zwei Kindern und natürlich mit einem begeisterten Skifahrer verheiratet, stand zum ersten Mal mit sieben Jahren auf den Brettern. Seit 30 Jahren ist sie Mitglied im Walddörfer Sportverein, der in seiner Skisparte rund 350 Mitglieder verzeichnet und sogar eine vom Deutschen Skiverband zertifizierte Skischule betreibt. „Sicherlich muss man ein bisschen verrückt sein, zwei Nächte im Bus nach Kühtai in Österreich zu reisen, um dann dort drei Tage gegen die Uhr Ski zu laufen.“ Sie selbst lag bei den Hamburger Meisterschaften nach zwei Läufen auf der anspruchsvollen Slalomstrecke am Alpenrosenlift 19,04 Sekunden hinter Ann-Kathrin Wolber, was noch zum dritten Platz reichte. Was wiederum für das große Talent der 13 Jahre jüngeren Wolber spricht, die auch auf der nationalen Ebene sehr erfolgreich unterwegs ist, fast jedes Wochenende in der Saison. „Allerdings meint mein Vater, dass ich mich allmählich doch mal wieder mehr auf mein Jurastudium konzentrieren sollte...“, sagt Hamburgs Ausnahme-Skiläuferin und grinst.

Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte das Bürgertum die "Winterfrische"

Die Hamburger und ihre Ski-Verrücktheit: Das sei sicherlich eine historisch gewachsene Liebe, wofür es jedoch lediglich Indizien gebe, meint Bernd Wedemeyer-Kolwe, Professor am Niedersächsischen Institut für Sportgeschichte in Hoya. Da sei einmal die Natur des Menschen, stets danach zu streben, was er normalerweise nicht habe. So verbrächten ja auch viele Menschen aus den Bergregionen ihre Ferien vorzugsweise am Meer. „Man kann aber auch sagen“, so Wedemeyer-Kolwe, „dass die Norddeutschen, vor allem die Groß- und Hansestädter aus Hamburg, Bremen und Hannover, schon immer eine engere Verbindung und Nähe zur anglophilen Welt besaßen, die sich jedoch nicht nur auf den traditionellen Seehandel bezog, sondern auch auf die gesamte Kultur bis hin zur Freizeitkultur, zu der natürlich auch der Sport gehört. Diesbezüglich begann zum Ende des 19. Jahrhunderts hin ein reger Austausch.“ Darüber hinaus habe mit dem Haus Hannover sogar eine direkte Verbindung ins englische Königshaus bestanden.

Vereinfacht ausgedrückt: Die Adeligen und die neue „Upper Middle Class“ auf der Insel, die ihren Wohlstand der industriellen Revolution verdankten, erfanden zum einen bereits Mitte des 19. Jahrhunderts den Tourismus, der sie bald auch in die Höhenlagen der Alpen führte. Gleichzeitig erkannten sie, dass Sport ein wertvoller Beitrag zur Gesundheit darstellte und, als Wettkampf ausgetragen, die Charakterbildung fördern konnte. Die (Nord-)Deutschen, die den Sport bis dahin höchstens als „gesellige Leibesübung in frischer Luft und natürlicher Umgebung“ empfunden hatten (so der Politikwissenschaftler Stefan Nielsen in seiner Studie „Sport und Großstadt von 1870–1930“), übernahmen mit einer Zeitverzögerung von etwa 40 Jahren viele englische Sitten, Gebräuche und Ansichten. „Der englische Sportsgeist war entscheidend für die Entwicklung des Alpentourismus“, sagt Wedemeyer-Kolwe.

Gut, dass die Norweger nach dem (noch älteren) „Schneeschuh“ den Ski erfunden hatten und dass nicht wenige der Skandinavier, die bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts in mitteleuropäischen Gefilden als Kaufleute arbeiteten oder studierten, dieses neuartige Gerät zur schnelleren Fortbewegung im Tiefschnee im Gepäck hatten. Was die sportverrückten englischen Wintertouristen alsbald dazu animierte, mit Fellen unter den schweren Brettern auf die Berge hinaufzukraxeln, um sich schließlich mutig durch wildes Gelände und Tiefschnee wieder ins Tal hinunterzustürzen; Skilifte und präparierte Pisten kamen ab Mitte der 1930er-Jahre auf.

Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entdeckte dann auch das gehobene Bürgertum in den norddeutschen Hansestädten – dank seines stetig wachsenden Wohlstands – die reizvolle „Winterfrische“ in den Alpen. Es wurde schick, für Wochen ins Gebirge zu reisen, um dort Erholung zu finden oder sich in hausstaubmilbenfreier Luft gesund zu atmen – Tuberkulose und Asthma waren damals weit verbreitet. Thomas Mann wurde zu seinem Roman „Der Zauberberg“ durch einen Kuraufenthalt seiner Frau Katia im Davoser Waldsanatorium inspiriert. Und weil auch das schönste Bergpanorama irgendwann einmal langweilig wird, suchten die Touristen aus dem Flachland nach Zerstreuung. Und fanden sie, wie Hans Castorp im „Zauberberg“, im englisch dominierten Wintersport. Vor allem auf Skiern.

Daheim im Flachland ging es mit der „Versportlichung“ der drei großen Wintervergnügen Schlittschuhlaufen, Rodeln und Skilaufen nahtlos weiter. In Hamburg und Hannover wurden fast zeitgleich die ersten deutschen Schlittschuhvereine gegründet (bis 1893 gab es allein in Hamburg insgesamt acht Eislaufclubs, die auch eine große gesellschaftliche Bedeutung besaßen). Und bereits 1875 war die Hamburger Sektion des Deutschen Alpenvereins entstanden (die heute rund 19.200 Mitglieder verzeichnet). In diese Zeit fällt, 250 Kilometer südlich von Hamburg, auch die Gründung des Braunlager Skiclubs im Harz (1892), die von Arthur Ulrichs, dem Oberförster im nördlichsten deutschen Mittelgebirge, initiiert wurde und heute der älteste noch existierende deutsche Skiclub ist. Auch im Harz dienten die neuartigen Skier anfangs nur als Gehhilfen für Forstarbeiter, Jäger und Landbriefträger. Ulrichs hatte erst einmal Überzeugungsarbeit leisten müssen, bis die Vorteile der Latten dem klassischen Schneeschuh gegenüber im Tiefschnee akzeptiert wurden. Mit der Gründung des Oberharzer Skiclubs auf dem Brocken im Jahre 1896 wurde es dann aber auch sportlich. Ulrichs, wegen eines angeblichen Augenleidens in Frührente geschickt (eine andere Quelle berichtet, dass er seinen eigentlichen Beruf vernachlässigt hatte und deshalb entlassen wurde), trieb die Entwicklung des alpinen Skisports unermüdlich voran. Kaum fiel der erste Schnee, reisten norwegische Studenten an, um den Stadtmenschen das Skifahren beizubringen. Aus den explosionsartig steigenden Übernachtungszahlen in Braunlage und St. Andreasberg lässt sich ablesen, dass viele Skischüler aus Hamburg stammen mussten.

Hamburg leistete "Geburtshilfe" bei der Entwicklung des modernen Skilaufs

Als ein weiteres, ungewöhnliches Indiz für die Begeisterung der Hamburger für die Bergwelt dient auch die Namensfindung für einen revolutionären „Sicherheits-Füllfederhalter“ der „Simplo Filler Pen Company“, den das Hamburger Unternehmen 1909 auf den Markt brachte. Dessen eleganter Korpus war bis auf eine kleine weiße Halbkugel auf dem Kappenkopf durchgehend schwarz. Doch er besaß keinen zugkräftigen Namen, bis während eines Skatabends der Kommerzienrat Carl Schalk den drei Firmengründern vorschlug, das Schreibgerät Montblanc zu nennen: „Der ist doch auch unten schwarz und oben weiß, und er ist der Größte seinesgleichen!“ Aus dem weißen Punkt auf der Füllerkappe wurden daraufhin die sechs Gletscherzungen, die unterm Gipfel des höchsten europäischen Berges in verschiedene Richtungen abgehen, stilisiert. Über Nacht war eine Weltmarke entstanden.

Für den im vergangenen Jahr verstorbenen Prof. Dr. Horst Tiwald, der von 1972 bis 2003 am Fachbereich Bewegungswissenschaft der Universität Hamburg lehrte, leistete Hamburg sogar „wertvolle Geburtshilfe“ bei der Entwicklung des modernen Skilaufs. Anlässlich des Jubiläums „100 Jahre Alpiner Skilauf“, das 1996 im österreichischen Generalkonsulat am Alsterufer gefeiert wurde, wies Tiwald darauf hin, dass der nach Ulrichs noch bedeutendere Wiener Skipionier Mathias Zdarsky sein revolutionäres Werk „Die Lilienfelder Skilauf-Technik“ in Hamburg hatte verlegen lassen. Seine österreichischen Landsleute sollten seine „Vorlagestemmschwungtechnik“ und den „Schlangenschwung“ noch bis weit in das 20. Jahrhundert hinein verspotten. Darüber hinaus hatte Zdarsky eine Diskussion über den „humanen Sportbegriff“ angeregt. „Und dafür hatte Hamburg ein offenes Ohr“, sagte Tiwald damals, „denn die vom Naturverlust und von Bewegungsarmut geprägte großstädtische Lebensweise ließ einen größeren Bewegungshunger und ein gesteigertes Bedürfnis nach frischer Luft und freier Natur entstehen. So entwickelten sich das Skilaufen und das Radfahren zum beliebtesten gesundheitsorientierten Freizeitsport.“ Das skibegeisterte Hamburg, so Tiwald, gelte daher als die größte „Freizeit-Skifahrer-Metropole“ des alpinen Skilaufs in diesem Land.

Seit damals hält sich an Hamburgs Stammtischen daher hartnäckig das Gerücht, „dass die Hamburger Sektion des Deutschen Skiverbandes mitgliederstärker als der Münchner Landesverband sei“. Diese Behauptung klingt so unglaublich, dass kein Hamburger es wagen würde, sie anzuzweifeln. Doch dieser Mythos wird von Hubert Schwarz, dem Geschäftsführer des Deutschen Skiverbandes (DSV), mit wenigen Zahlen entzaubert: „Im DSV sind zurzeit rund 650.000 Skisportler in insgesamt 20 Landesskiverbänden organisiert“, sagt er, „der Verband Hamburger Skivereine kommt dabei auf etwa 1700 Mitglieder.“ Die drei größten Einzelverbände seien die Sektionen Bayerwald (60.000 Mitglieder), Allgäu (42.000) und eben München mit rund 38.000 Mitgliedern. Und dann sticht Schwarz mitten ins hamburgische Herz, als er hinzufügt, dass in Bremen heute knapp dreimal so viele Ski-Enthusiasten in insgesamt zwölf Skiclubs organisiert seien.

Dafür aber verfügt Hamburg über eine richtige Skihütte: Das Juwel wurde 1939 in 1970 Meter Höhe auf der Schlossalm hoch über dem österreichischen Bad Hofgastein in Betrieb genommen. Spätestens mit dem „Anschluss Österreichs“ an das Dritte Reich im Jahre 1938 hatte die Alpenrepublik der Schweiz den ersten Rang als Skisportadresse abgelaufen. Aber lag es wirklich nur an dieser Skihütte, dass Bad Hofgastein im Salzburger Land mit dem einsetzenden Wirtschaftswunder rasch wieder zu einem der bevorzugten Skiorte der Hamburger werden konnte?

„Ja, auch“, sagt Fritz Zettinig, 65, seit 2009 Bürgermeister der Gemeinde (der seinen Sommerurlaub stets auf der Nordseeinsel Föhr verbringt), „aber entscheidender für die enge Bindung zwischen unserem Ort und Hamburg ist wohl eher der Umstand, dass der damalige Erste Bürgermeister Paul Nevermann hier bei uns kurte. Touristen fahren prominenten und beliebten Zeitgenossen gerne in den Urlaub hinterher.“ Und Nevermann (SPD) war ein beliebter Landesvater. In seine Amtszeit fielen mit der „Spiegel“-Affäre und der Hamburger Sturmflut zwei ebenso prägende wie dramatische Ereignisse (von der Naturkatastrophe erfuhr Nevermann tatsächlich am 17. Februar im Winterurlaub in Bad Hofgastein. Er eilte sofort nach Hamburg zurück, wo er von Helmut Schmidt, der die Leitung des Krisenstabes an sich gerissen hatte, mit den Worten begrüßt wurde: „Paul, halt mich jetzt nicht mit unwichtigen Fragen auf!“).

NDR-Hörer bekommen im Winter die Schneehöhen wichtiger Skigebiete

Doch für Hamburgs Skifahrer war entscheidend, dass Nevermann im Oktober 1964 das „Hamburger Abkommen“ der Kultusministerkonferenz unterzeichnete, das bis heute die Schulferien festlegt. Damals tauchte in der Ferienordnung zum ersten Mal der Begriff „Frühjahrsferien“ auf, die sich kein anderes Bundesland leistet. Diese zwei Wochen Anfang März ermöglichen es auch Familien mit schulpflichtigen Kindern, außerhalb der Weihnachts- und Oster-Skisaison zu reisen. „Auf wessen Initiative die Einführung der Frühjahrsferien erfolgte, lässt sich leider nicht mehr beantworten“, sagt Peter Albrecht, Sprecher der Hamburger Schulbehörde. „Inwieweit der damalige Schulsenator Wilhelm Drexelius oder Paul Nevermann ein Faible fürs Skifahren hatten, entzieht sich unserer Kenntnis.“

Eine Bürgerbefragung Ende der 1990er-Jahre ergab, dass die Mehrheit der Hamburger ihre „Skiferien“ keinesfalls missen möchte. Daher bietet der Norddeutsche Rundfunk seinen Hörern in der Skisaison einen fürs Flachland eher ungewöhnlichen Service an, indem er regelmäßig aktuelle Schneehöhen zum Beispiel von Lech, Zürs, Arlberg oder Saalbach-Hinterglemm vermeldet. „Die Kriterien für die Auswahl der Orte sind deren Bekanntheit bei den Hörern, ihre Beliebtheit als Reiseziel, und es müssen stets aktualisierte Daten vorliegen, was bei einigen denkbaren Plätzen nicht immer der Fall ist“, sagt NDR-Sprecher Rolf Coleman. Die Lieblingspisten der Hamburger können also wieder nicht genau lokalisiert werden. Bestimmt sind es alle.