Hamburg. Rammstein, Till Lindemann und die Presse. Seit vielen Jahren ist das Verhältnis zwiespältig. Die Verbreitung von Provokationen sahen Band und Sänger gern, auch Kritik an Kunst und Kunstverständnis war in Ordnung. 2012 ließ sich Rammstein wochenlang vom „Süddeutsche Zeitung Magazin“ durch Nordamerika begleiten. Aber nicht jedem Journalisten wurden Gästelisten-Plätze, Interview-Angebote und Konzertakkreditierungen garantiert, es gibt eine Vorauswahl. Ein nicht unüblicher Vorgang, auch Die Toten Hosen oder Die Ärzte verfahren so.
„Das Management muss die Berichtenden und Fotografierenden erst freigeben“, teilen die nationalen oder örtlichen Veranstaltungsagenturen dann bisweilen als Antwort auf Akkreditierungsanfragen mit. Außer im Fall der aktuellen Tournee von Till Lindemann: „Leider können wir keine Akkreditierung erteilen“, antwortete die Hamburger Agentur River Concerts dem Hamburger Abendblatt umgehend und ohne weitere Begründung auf eine Akkreditierungsanfrage für das Konzert von Till Lindemann am 8. Dezember in der ausverkauften Sporthalle in Winterhude.
Ob große Agentur oder kleine Lokalzeitung: Niemand wird zugelassen
Offenbar, das zeigen diverse Artikel aus den letzten Tagen, hat Till Lindemann die komplette Presse für die laufende Solo-Tournee ausgeladen. So teilte die Deutsche Presseagentur mit, dass ihr zum Auftaktkonzert der Tour in Leipzig die Akkreditierung verweigert wurde, ebenso der „Leipziger Volkszeitung“, die gegenüber dem ARD-Magazin „Brisant“ sagte, es gab „keine Begründung, lediglich die Aussage seitens des Promoters und Veranstalters, dass keine Akkreditierung erteilt werden könne“.
Nur wenige deutsche Künstler wünschen keine Presse bei ihren Konzerten
Das ist kein üblicher Vorgang. Zwar werden Presse-Fotografen vor allem bei internationalen Stars immer öfter entweder nicht zugelassen (bei Beyoncé und Harry Styles zum Beispiel) oder im Vorfeld mit immer detaillierteren Regeln in Fotoverträgen gegängelt, aber nur wenige deutsche Künstler lassen generell keine schreibende oder fotografierende Presse zu (außer sie kauft sich im Vorfeld Karten), einer davon ist der streitbare Liedermacher Reinhard Mey.
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Über die konkreten Hintergründe kann nur spekuliert werden. Im Sommer war Till Lindemann von verschiedenen Frauen sexueller Missbrauch beziehungsweise massiver Machtmissbrauch auf Rammstein-Konzerten vorgeworfen worden. Das mediale Echo war enorm. Lindemanns Medienanwälte, aber auch Medienexperten wie Stefan Niggemeier kritisierten die „Verdachtsberichterstattung“ einiger großer Tageszeitungen und Magazine.
Till Lindemann: Interaktion auf Instagram unerwünscht
Jetzt, nach der Einstellung aller juristischen Verfahren gegen Lindemann, heißt es „Heute nicht“ für Presse an der Gästeliste. Zwar ist der größte Rummel um Lindemann abgeebbt, Proteste aber gibt es aktuell immer wieder bei seinen Solo-Konzerten. In einem offenen Brief wird sogar die Absage seines Hamburg-Auftritts gefordert.
Aber berichtende Medien, die seine Auftritte kommentieren, sind nicht mehr willkommen. Das entspricht seinem Instagram-Account mit schön inszenierten Fotos. Die Kommentarfunktion ist abgeschaltet.
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