Chaos Computer Club will vor Gericht durchsetzen, dass die Handelskammer ihre Akten im Internet veröffentlicht

Hamburg. Natürlich steckt ein Stück Berechnung in der Wahl des Datums: Ausgerechnet zum 350. Jahrestag ihrer Gründung hat der Chaos Computer Club (CCC) am Montag die Handelskammer Hamburg verklagt. Dem Hacker-Club, der gemeinsam mit „Mehr Demokratie“ und „Transparency International“ das 2012 eingeführte Hamburger Transparenzgesetz erfunden hat, geht es um die Klärung einer Grundsatzfrage: Muss auch die Handelskammer als Teil der „mittelbaren Staatsverwaltung“ ihre Akten nach dem Gesetz automatisch im Internet öffentlich zugänglich machen – so wie es seit Oktober 2014 für Behörden und städtische Betriebe Pflicht ist? Die Kammer bestreitet dies. Der CCC will sie nun zu mehr Transparenz zwingen. Sollte er sich beim Verwaltungsgericht durchsetzen, würde die Transparenzpflicht wohl auch für andere Kammern, für Hochschulen oder den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gelten, da diese ebenfalls zur „mittelbaren Staatsverwaltung“ zählen.

„Es war von vornherein vorgesehen und klar formuliert, dass auch die Handelskammer und andere Körperschaften des öffentlichen Rechts vollständig dem Transparenzgesetz unterfallen sollen“, sagte Michael Hirdes vom Chaos Computer Club. „Die Handelskammer hat durch politische Einflussnahme nach Erlass des Gesetzes versucht, sich der öffentlichen Kontrolle zu entziehen. Wir wollen durchsetzen, dass hier wirklich Transparenz herrscht und jeder auch diesen Teil staatlicher Tätigkeit genau unter die Lupe nehmen kann. Die Geheimniskrämerei der Handelskammer muss ein Ende haben.“ Die Klage sei darauf gerichtet, dass die Handelskammer „in vollem Umfang ihre Daten in das Informationsregister nach dem Transparenzgesetz einstellt“.

Vertreten wird der CCC durch den grünen Ex-Justizsenator und Rechtsanwalt Till Steffen. „Das Transparenzgesetz definiert den Begriff ‚Behörde‘ in Anlehnung an den bewährten funktionalen Behördenbegriff aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz“, sagt Steffen. „Danach sind öffentlich-rechtliche Körperschaften wie Kammern, Hochschulen und ähnliches ohne Zweifel umfasst.“ Im Gesetzgebungsverfahren habe es nie einen Disput darüber gegeben.

Auch der Senat hat die Kammer immer wieder „eingeladen“, ihre unter die Regelung fallenden Akten in das Transparenzportal unter transparenz.hamburg.de einzustellen, in dem seit September die städtischen Akten für jedermann einsehbar sind. Allerdings scheint den SPD-Regenten im Rathaus nicht daran gelegen, den Streit eskalieren zu lassen. Schließlich wusste man auch im Senat: Früher oder später werden die Gerichte klären, wer Recht hat.

Unter die zu veröffentlichenden Daten fallen laut Geetz beispielsweise Verträge, Gutachten und Gehälter der Leitungsebenen. Der Senat hat bereits die Gehälter der Geschäftsführer städtischer Unternehmen offengelegt. Die Handelskammer aber weigert sich, die aus den Zwangsbeiträgen ihrer Mitglieder gezahlten Geschäftsführergehälter offenzulegen. Um die Offenlegung zu verhindern, hat sie sogar ein Gutachten erstellen lassen, nach dem das Gehalt von Hauptgeschäftsführer Hans-Jörg Schmidt-Trenz angemessen sei. Kosten für die nicht einsehbare Expertise: 19.500 Euro.

Am Montag war man in der Kammer nicht eben erfreut darüber, dass die Initiatoren des Transparenzgesetzes versuchten, der organisierten Kaufmannschaft die Jubiläumsparty per Klage zu verhageln. „Die Klage des CCC liegt uns nicht vor“, verlautete vom Adolphsplatz. „Die Handelskammer ist auf der Grundlage der seit 2012 bekannten Rechtsauffassung der Justizbehörde nicht verpflichtet, im Transparenzportal der Stadt Dokumente zu veröffentlichen.“ Stattdessen habe sie unter hk24.de „ein eigenes Transparenzportal geschaffen, das im Dezember 2013 mehr als ein halbes Jahr vor dem Transparenzportal der Stadt an den Start ging“. Individuelle Anfragen würden „gemäß den Vorschriften des Transparenzgesetzes beantwortet“.

Allerdings gibt es auch in diesem Punkt bereits Streit vor Gericht. Der Unternehmer Stefan Duphorn (wer-zu-wem GmbH) hatte bereits im Dezember eine Klage gegen die Handelskammer eingereicht. Grund: Die Kammer weigerte sich trotz mehrerer Anfragen, das exakte Ergebnis der Wahl von Präses Fritz Horst Melsheimer aus dem Frühjahr 2014 zu veröffentlichen. Duphorn hatte einen Antrag nach dem Transparenzgesetz gestellt, den die Kammer jedoch ablehnte. Auch Gutachten des Hamburger Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit, Johannes Caspar, die eine Veröffentlichungspflicht feststellten, beeindruckten die Kammer nicht. Nun muss auch hier ein Gericht klären, inwieweit die Kammer unter die Vorgaben des Transparenzgesetzes fällt.

Mittlerweile hat Kammer-Präses Melsheimer zwar sein Einlenken im Streit um Gehältertransparenz und Wahlergebnis angekündigt. Beides würde demnächst veröffentlicht. Über die Grundsatzfrage aber, wie transparent die Kammern sein müssen, werden nun gleichwohl die Richter entscheiden.