Haushaltsantrag sieht mehr Betreuer für Krippenkinder vor. Elternverband: „Kleiner Schritt in die richtige Richtung“

Hamburg. Über Wochen standen die Zeichen auf Konfrontation. Eltern von Kindergartenkindern, Erzieher, Kita-Betreiber, Gewerkschaften, Sozialverbände und Abgeordnete der Opposition forderten 25 Prozent mehr Personal für die Kitas und unterstrichen ihre Forderung Ende Oktober mit einer beeindruckenden Demonstration. Doch auch von den 4000 Teilnehmern ließ sich der SPD-Senat nicht beeindrucken: Das koste 60 bis 80 Millionen Euro im Jahr und sei „unbezahlbar“, ließ Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) wissen und verwies im Gegenzug auf die ohnehin enorm gesteigerten Ausgaben im Kita-Bereich: Seit 2011 sind sie von 410 auf aktuell rund 550 Millionen Euro jährlich gewachsen, bis 2018 wird ein weiterer Anstieg auf 780 Millionen Euro erwartet.

Es folgten viele, viele Gespräche, und seit Montag stehen die Zeichen nun wieder etwas mehr auf Versöhnung. Es sei ja „Konsens“, dass man auch an der Qualität der Betreuung etwas tun müsse, sagte SPD-Fraktionschef Andreas Dressel am Morgen im Rathaus. Damit war die bisherige Haltung seiner Partei pulverisiert: Die lautete, man habe die Abschaffung der Elternbeiträge bei gleich bleibender Qualität versprochen und das habe man gehalten. Punkt.

Nun legten Dressel und SPD-Haushaltsexperte Jan Quast ein ganzes Paket an Änderungsanträgen für den Haushalt 2015/2016 vor, und ganz oben auf lag die Forderung nach zehn Prozent mehr Personal im Krippenbereich. Konkret geht es um die bis zu 18 Monate alten Kinder, von denen etwa 3680 betreut werden. „Das sind die Kleinsten, die noch am häufigsten auf den Arm genommen werden müssen und die Hilfe beim Essen brauchen“, erklärte Dressel, selbst Vater von drei Kindern. Offiziell gilt für diese Altersgruppe ein Betreuungsschlüssel von 1 : 6,2, eine Studie der Bertelsmann-Stiftung kommt für Hamburg auf ein tatsächliches Verhältnis von 1:5,4 (bei einem Bundesschnitt von 1:4,6). Demnach kümmern sich etwa 600 bis 700 Erzieherinnen um die Kinder. Kommt der SPD-Antrag durch, was als sicher gilt, wären es ab August nächsten Jahres theoretisch 60 bis 70 Erzieherinnen mehr. Die zusätzlichen Kosten von anfangs 1,3 und später 3,5 Millionen Euro pro Jahr wollen die Sozialdemokraten aus dem ohnehin wachsenden Kita-Etat nehmen. Wenn das nicht möglich sei, gebe es noch ein „Chancenbudget“ der Sozialbehörde.

„Das ist ein erster, sehr kleiner Schritt, aber immerhin: Er geht in die richtige Richtung“, begrüßte Björn Staschen, Vorstand beim Landeselternausschuss für Kindertagesbetreuung (LEA), den Beschluss der SPD-Fraktion. Und seine Vorstandskollegin Angelika Bock ergänzte: „Zwei Monate vor der Bürgerschaftswahl zeigen die Proteste der Eltern Wirkung.“ Grund zum Jubeln gebe es aber nicht, so Staschen: „Auch nach dieser kleinen Korrektur betreut Hamburg seine Krippenkinder schlechter als jedes andere westdeutsche Bundesland.“ Nach Angaben der Sozialbehörde liegt Hamburg hingegen auf Rang zehn unter 16 Bundesländern.

Ohnehin will der LEA, der schon vor der Wahl 2011 der SPD das Versprechen zur Abschaffung der Kitagebühren abgerungen hatte, noch mehr. „Unser Ziel bleibt ein Krippenschlüssel von eins zu drei, den auch unabhängige Wissenschaftler empfehlen“, sagt LEA-Vorstandsmitglied Sven Utcke. Die SPD müsse nun einen Fahrplan vorlegen. Dressel nannte derlei Forderungen, wie sie am Montag auch die CDU erhob (siehe Seite 7) unbezahlbar.

Aber der SPD-Antrag sieht ausdrücklich „weitere Schritte zu Qualitätssteigerung“ vor, die in den kommenden fünf bis zehn Jahren umgesetzt werden sollen.

Insgesamt legte die Regierungsfraktion rund 40 Haushaltsanträge mit einem Volumen von 60 Millionen Euro vor. Quast betonte, dass der Etat dadurch um keinen Cent ausgeweitet werde, weil es sich ausschließlich um Umschichtungen und Konkretisierungen handele. So sollen rund 30 Millionen Euro aus dem „Sanierungsfonds 2020“ aufgewendet werden, unter anderem für die Sanierung des Philturms auf dem Uni-Gelände (1,15 Millionen Euro Planungsmittel)die Dachsanierung der Staatsbibliothek (600.000 Euro) die Sanierung bzw. Erweiterung der Polizeikommissariate Altona und Bergedorf (1,75 Millionen) einen Ersatzneubau der Feuerwache Finkenwerder (1,65 Millionen Planungsmittel) ein neues Löschboot (1,2 Millionen Anschubfinanzierung) die Sanierung städtischer und vereinseigener Sportanlagen (4,5 Millionen) die Sanierung des Bürgerhauses Wilhelmsburg, des Koralle-Bürgerhauses in Volksdorf und des Sierichschen Forsthauses im Stadtpark (zusammen 350.000 Euro) den Ersatzneubau des Jugendzentrums Neuwiedenthal (1,2 Millionen).

SPD-Finanzexperte Quast betonte, dass man auch in Zeiten der Schuldenbremse gestalten und investieren könne. Dank der „Ausgabendisziplin“ der vergangenen Jahre habe Hamburg sogar die Chance, schon dieses Jahr der „Schuldenfalle“ zu entkommen, so Quast. Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) stellt heute die Steuerschätzung vor und wird vermutlich verkünden können, dass die Stadt 2014 noch keine Kredite aufnehmen musste.