Wersich: Hamburg soll „Wissensmetropole Nordeuropas“ werden. Studenten kündigen „heißen Herbst“ an

Hamburg. Nicht weniger als „die führende Wissensmetropole Nordeuropas“ soll Hamburg werden – mit diesem Vorschlag ist die CDU vor dem Hintergrund der Debatten um die finanzielle und bauliche Ausstattung der Hochschulen nun in die Offensive gegangen.

Dieses ambitionierte Ziel wollen die Christdemokraten mit drei großen Maßnahmen erreichen: Erstens soll eine „Zukunftskommission“ eingerichtet werden, in der Wissenschaftler, Forscher, die Wirtschaft und weitere Experten eine Richtschnur für das weitere Vorgehen erarbeiten. Dieses Gremium solle aus aktiven Mitarbeitern der Hochschulen bestehen, weniger aus „Elder Statesmen“, betonte CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich, nachdem zeitweise viele ehemalige Politiker wie Altbürgermeister Klaus von Dohnanyi (SPD) und Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) die Debatte bestimmt hatten.

Zweitens sollen die Hochschulen 150 Millionen Euro zusätzlich bis 2020 erhalten. Dabei handelt es sich um die 30 Millionen Euro pro Jahr, um die der Bund Hamburg beim BAföG entlastet. Dass der SPD-Senat dieses zusätzliche Geld vom Bund nicht zusätzlich in die Wissenschaft stecke, bezeichnete Wersich als „politischen Betrug“. Und Thilo Kleibauer, wissenschaftspolitischer Sprecher der CDU, ergänzte, dass die Stadt sich selbst schwäche, wenn sie einerseits Geld vom Bund zweckentfremde, andererseits aber in Berlin die Hand aufhalte.

Nachdem Donnerstagnachmittag die Einigung auf Bundesebene über die Fortsetzung des Hochschulpakts bekannt wurde (siehe rechts), betonte Kleibauer: „Der Bund trägt seinen Teil zur Stärkung der Wissenschaft bei, jetzt muss Hamburg mitziehen.“

Drittens soll eine „Sanierungsoffensive 2025“ gestartet werden, um innerhalb von zehn Jahren vor allem die maroden Gebäude im zentralen Von-Melle-Park zu sanieren. Die dafür nötigen 1,2 Milliarden Euro sollen mittels eines „Vermieter-Mieter-Modells“ aufgebracht werden, in dem eine städtische Gesellschaft wie zum Beispiel die Sprinkenhof AG die Gebäude übernimmt, mithilfe von Krediten die Gebäude saniert und an die Unis vermietet. Über die Mieteinnahmen würden dann Zinsen und Tilgung bezahlt. Dieses Modell wendet der SPD-Senat bereits bei der Sanierung des Campus an der Bundesstraße an.

„Hamburg hat nicht die Bedeutung, die eine europäische Metropole im Bereich Wissenschaft haben müsste“, begründete Wersich den Vorstoß seiner Partei. Das sei fahrlässig, denn Wissen werde immer wichtiger. Hamburg dürfe sich nicht allein auf den Hafen als Wirtschaftsmotor verlassen. Doch statt einen Schwerpunkt in dem Bereich zu setzen, seien die Hochschulen an der Elbe den „schärfsten Sparmaßnahmen seit Jahrzehnten“ ausgesetzt. Damit meinte der CDU-Bürgermeisterkandidat die Vereinbarungen des SPD-Senats mit den staatlichen Hochschulen, die diesen eine jährliche Steigerung der Zuwendungen um 0,88 Prozent zugesteht. Da die Ausgaben, vor allem für Personal, sehr viel stärker steigen, ist das unterm Strich ein Sparkurs. Gegen diesen laufen mittlerweile auch viele Hochschulen Sturm. Am drastischsten drückte sich zuletzt Uni-Präsident Dieter Lenzen aus, der den Senat provokativ fragte, wann denn „die Ruinen, die man hier Universität nennt“, wohl endlich saniert würden.

Auch von den Studierenden selbst wird scharfe Kritik an den Zuständen geübt. Nach einer Vollversammlung im Audimax an der Universität kündigte der AStA-Vorstand ein „Protestsemester“ und einen „heißen Herbst“ an. „Die Studierenden ärgern sich über vieles“, sagte AStA-Vorstandsmitglied Moritz Lamparter, „zu wenig Seminarplätze, zu wenig Masterplätze, inhaltliche Enge in dem Studium, viel zu viele Prüfungen.“

Die Haushaltspolitik des SPD-Senats vertiefe die Probleme nur. Durch öffentlichen Druck wollen die Studenten nun höhere staatliche Ausgaben erreichen. „Aktionen wie öffentliche Vorlesungen, Sit-ins im Haushaltsausschuss der Bürgerschaft, Flashmobs bis zu Demos sind jetzt in Planung“, kündigte Lamparter an.

Rund 150 Studierende unterschiedlichster Fachrichtungen hatten auf der Vollversammlung die aus ihrer Sicht chronische Unterfinanzierung der Hochschulen und andere Ärgernisse diskutiert. Danach schlossen sich die Studierenden der Erklärung „Für die Ausfinanzierung der Hochschulen zum allgemeinen Wohl“ an, die der Akademische Senat, der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), sowie die Fachschaftsrätekonferenz (FSRK) der Uni schon verabschiedet hatten. Auf dieser Grundlage seien nun vielfältige Aktionen geplant, so der AStA.

Für den 11. November wird zu einer „Demonstration gegen den Rotstift“ aufgerufen. Start soll um 16.30 Uhr am Jungfernstieg sein, von wo es mit Laternen zur Uni geht. Ziel sei es, „Licht ins Dunkel zu bringen“, so die Veranstalter. Am 9. Dezember wollen Studentenvertretungen aller Hochschulen und der Akademische Senat der Uni Hamburg anlässlich der Haushaltsberatungen der Bürgerschaft für mehr Geld für die Wissenschaft protestieren.

„Ob ausreichend Masterplätze, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, Beendigung des Einstellungsstopps, genügend Studienplätze“, zählte AStA-Referentin Franziska Hildebrandt auf, die Hochschulen bräuchten eine bedarfsdeckende öffentliche Finanzierung. „Dafür wollen wir uns in den kommenden Wochen einsetzen.“