Das neue Personalkonzept, das überlastete Mitarbeiter unterstützen soll, kommt erst 2015. Die CDU spricht von einem Skandal und beklagt „katastrophale Arbeitsbedigungen“ in Jugendämtern.

Hamburg. Das Personalbemessungssystem für den Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), mit dem der Bedarf an Mitarbeitern in den 35 ASD-Abteilungen ermittelt werden soll, wird voraussichtlich erst im ersten Halbjahr 2015 eingeführt. Das geht aus einer Senatsantwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Christoph de Vries hervor.

Er kritisiert nun, dass Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) bereits nach dem Methadon-Tod des Pflegekindes Chantal im August 2012 angekündigt hatte, das Personalbemessungssystem Ende 2013 einzuführen, um die überlasteten Jugendämter zu unterstützen. Dass es nun zu Verzögerungen kommt, empört de Vries: „Das ist ein Skandal und angesichts des traurigen Todes eines weiteren Kleinkindes und der aktuell katastrophalen Arbeitsbedingungen beim ASD verantwortungslos.“

Der Senator habe lange genug Zeit gehabt, das Projekt vorzubereiten und umzusetzen. „Aber nach seiner ersten Ankündigung ließ seine Behörde ein ganzes Jahr tatenlos verstreichen“, so de Vries. „Erst im August 2013 wurde überhaupt eine Projektgruppe offiziell eingesetzt.“ Laut Senat hat diese Projektgruppe jedoch erst am 18. März 2014 zum ersten Mal getagt – also exakt drei Monate nach dem gewaltsamen Tod der dreijährigen Yagmur. „Im Familienausschuss hatte Senator Scheele die Abgeordneten stets in dem Glauben gelassen, dass das Projekt in intensiver Arbeit sei“, sagte de Vries. „Seine Ankündigungen entpuppen sich nunmehr als Augenwischerei und offenbaren ein erschreckendes Maß an Untätigkeit, das den Erfordernissen des Kinderschutzes in Hamburg in keiner Weise gerecht wird.“

Grüne werfen Scheele vor, die Probleme beim ASD unterschätzt zu haben

Auch die Fraktionen der Grünen und Linken übten in der jüngsten Bürgerschaftssitzung herbe Kritik am SPD-Senat, als es um die Arbeitsbedingungen in den Jugendämtern ging. Dass der Sozialsenator bereits grünes Licht für 26 zusätzliche Stellen im ASD gegeben hat und auch das Personal in den besonders belasteten ASD-Abteilungen aufstocken will, bewerten die Grünen als unzureichend. Sie fordern als Sofortmaßnahme 65 neue Stellen.

„Senator Scheele hat das Ausmaß der Probleme in den Jugendämtern seit Amtsantritt nicht ernst genug genommen und den Rat von Fachleuten über Jahre ignoriert“, kritisierte die Grünen-Abgeordnete Christiane Blömeke. Drei Jahre lang habe er Öffentlichkeit und Politik an der Nase herumgeführt. „Erst jetzt, unter dem wachsenden Druck durch den Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu Yagmurs Tod und kurz vor der nächsten Wahl, reagiert der Senat und kündigt ein paar neue Stellen an.“ Die Überlastung in den Jugendämtern müsse grundsätzlich verbessert und nicht temporär geflickt werden.

Um die Krise im ASD zu lösen, fordert die Fraktion etwa eine Fallobergrenze von 28 Fällen pro Fachkraft und eine professionelle Medienkampagne, um die Berufsehre der ASD-Mitarbeiter wieder herzustellen. Die Linken-Politikerin Christiane Schneider: „Wenn die SPD den Kinderschutz und die Lage der Beschäftigten im ASD wirklich ernst nimmt, darf sie nicht einfach nur dem Senat zuhören, dann muss sie handeln.“