Wieder gibt es Computerprobleme in der Verwaltung. Die neue Software eBeihilfe verspätet sich um ein Jahr und wird doppelt so teuer wie geplant. CDU-Politiker de Vries: „eine katastrophale Projektsteuerung“.

Hamburg. Der SPD-geführte Senat hat bei der Einführung von IT-Verfahren in der öffentlichen Verwaltung keine glückliche Hand: Das haben schon die Pannen und erheblichen Kostensteigerungen bei Jus-IT (Jugendhilfe, Sozialhilfe und Wohngeld) sowie der städtischen Personalsoftware KoPers gezeigt. Nun musste der Senat in seinen Antworten auf Kleine Anfragen des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Christoph de Vries einräumen, dass es auch bei der Bearbeitung von Beihilfeanträgen der Beamten und Pensionäre erheblich hakt.

Die Einführung der Software eBeihilfe verzögert sich voraussichtlich um ein Jahr und ist jetzt für das erste Quartal 2015 vorgesehen. Und: Die Kosten für das IT-Projekt haben sich verdoppelt. Statt 2,2 Millionen Euro, wie noch 2011 prognostiziert, wird eBeihilfe nun mindestens 4,4 Millionen Euro kosten. „Das ist eine katastrophale Projektsteuerung“, kritisiert de Vries.

Der Senat nennt in seiner Antwort auf ein bürgerschaftliches Ersuchen zum Thema Beihilfeverfahren konkret einen Verantwortlichen für die Verzögerungen: „Da der IT-Dienstleister Dataport wegen konkurrierender Abforderungen (Schnittstelle KoPers/PermisB, gesetzliche Anforderungen, laufende Pflege des Verfahrens) die erforderlichen Entwicklungs- und Anpassungsarbeiten...bislang nicht plangemäß abschließen konnte, wird sich die Einführung verzögern.“

De Vries ist erbost über die Informationspolitik des Senats. Denn statt von sich aus die Bürgerschaft über Verzögerungen und Kostensteigerungen in Kenntnis zu setzen, geschah dies zuerst nur aufgrund der Nachfragen des CDU-Politikers. „Erst eine Geheimhaltungstaktik in der Hoffnung, dass es schon niemandem auffallen wird, und dann, als man erwischt wird, auch noch systematische Täuschung und Verschleierung über die wahren Gegebenheiten“, sagt der CDU-Politiker.

De Vries spielt darauf an, dass der Senat noch im März dieses Jahres behauptet hatte, der Unterausschuss für IuK-Technik und Verwaltungsmodernisierung sei bereits im August 2013 über die Probleme informiert worden. Im Mai kam dann wiederum in einer Antwort auf eine de Vries-Anfrage die kleinlaute Korrektur, dem Ausschuss sei lediglich „eine tabellarische Auswahlliste aller IT-Verfahren“ übermittelt worden, die nur „Namen und Inhalt mit einer Kurzbeschreibung“ enthielten – eben keine konkreten Angaben.

„Wir hätten schöner informieren können“, räumt Bettina Lentz, die Leiterin des zuständigen Personalamtes, unumwunden ein. Wer keinen Verdacht gehabt habe, der hätte bei der Vorlage der IT-Liste auch nicht auf den Gedanken kommen können, dass es mit der eBeihilfe-Einführung Probleme gibt.

Dabei wäre das neue Softwareprogramm, mit dessen Hilfe die Beihilfeanträge eingescannt und schneller bearbeitet werden sollen, längst dringend benötigt worden. Seit Jahren steigt die Bearbeitungsdauer immer weiter an – mit der für Beamten und Pensionäre bisweilen schwerwiegenden Folge, dass sie auf die Erstattung ihrer Auslagen entsprechend länger warten müssen.

Im vergangenen Jahr vergingen zwischen Einreichung und Erledigung eines Beihilfeantrags im Durchschnitt 22,3 Arbeitstage, obwohl der Senat zehn Tage als Ziel vorgegeben hat. Verantwortlich dafür sind aus Sicht des Senats ein außergewöhnlich hoher Krankenstand und eine hohe Fluktuation im zuständigen Zentrum für Personaldienste, aber auch ein erhöhtes Fallaufkommen infolge der demografischen Entwicklung. „Wir haben zunächst mit eBeihilfe aufs falsche Pferd gesetzt und dann gemerkt: So funktioniert es nicht“, sagt Personalamtschefin Lentz.

Die Zahl der Mitarbeiter wurde um sechs auf 57 aufgestockt. „Außerdem haben wir eine halbierte Krankenquote und weitere glückliche Umstände, sodass die Bearbeitungsdauer auf jetzt 16 Tage gesunken ist“, so Lentz. Im August oder September könnten zehn Tage erreicht werden. De Vries bleibt skeptisch: „Die Beihilfebearbeitung entwickelt allmählich sich zum Super-GAU.“

Das Abendblatt berichtete vor einem Monat, dass die städtischen IT-Projekte nach einer Rechnung des FDP-Abgeordneten Robert Bläsing bislang zu Mehrkosten von gut 76 Millionen Euro geführt haben. An der Spitze liegt Jus-IT mit Extrakosten von bislang 21,5 Millionen Euro, gefolgt von KoPers mit einem Plus von 17,5 Millionen Euro. Drei Viertel aller Vorhaben werden später fertig als geplant.