Stadtentwicklungsexperte: Geringere Geschwindigkeit sorgt für weniger Staus

Hamburg. Der renommierte Stadtentwicklungsexperte Prof. Dieter Läpple hat sich für die Einführung von Tempo 30 auf allen Hamburger Straßen ausgesprochen. „Tempo 30 würde den Verkehr flüssiger und sicherer machen“, sagte der Wissenschaftler in einem am Wochenende in der „Welt am Sonntag“ veröffentlichten Streitgespräch mit SPD-Fraktionsvorsitzenden Andreas Dressel. „Krank machender Lärm und giftige Abgase würden reduziert. Straßen könnten wieder zu Lebens- und Erlebnisräumen werden“, sagte Läpple.

Dressel reagierte mit Zurückhaltung auf diesen Vorschlag. „Politisch verordnete Restriktionen funktionieren nicht“, sagte der Sozialdemokrat. „Bereits minimale Eingriffe sorgen für heftigen Protest bei den Autofahrern.“ Seine Partei setze vielmehr darauf, „zusammen mit den Menschen das Verkehrssystem Schritt für Schritt zu entwickeln“. Dressel verwies auf die Flughafen-S-Bahn, die alle Prognosen zu den Fahrgastzahlen übertroffen habe. „Am Anfang aber war ihre Durchsetzung sehr schwierig.“

Auf Hamburgs Straßen haben sich in den vergangenen Monaten die Bedingungen merklich verschlechtert. Aufgrund vieler Baustellen ist die Zahl und Länge von Staus gestiegen. Die Hansestadt investiert in diesem Jahr rund 72 Millionen Euro in den Erhalt des Straßenverkehrsnetzes. Allerdings räumt die Wirtschaftsbehörde auch ein, dass wegen zu geringer Investitionen in den vergangenen Jahren der Zustand des Verkehrsnetzes in Teilen schlecht ist.

Nach Ansicht von Läpple verbietet Tempo 30 nicht das Autofahren, „sondern eröffnet Freiheitsräume, vor allem für Menschen, die zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs sind“. Im Übrigen liege die Geschwindigkeit, mit der Autofahrer im Durchschnitt in Hamburg unterwegs sind, bei 24 Kilometern in der Stunde.

Dressel verwies auf das „größte Sanierungsprogramm“, das seit Jahrzehnten für Hamburgs Straßen gestartet worden sei. Bis 2015 würden 400 Kilometer Fahrbahn in Ordnung gebracht werden. Auch aufgrund der schwierigen Verkehrssituation in Hamburg sei der Bau einer Stadtbahn kontraproduktiv, sagte Dressel. Wer angesichts der vielen Baustellen anfange, „ein 100 Kilometer langes Stadtbahnnetz mitten durch den begrenzten Straßenraum zu bauen, riskiert endgültig den Verkehrsinfarkt“. Eine U-Bahn sei zudem deutlich schneller und leistungsfähiger als die Stadtbahn. Läpple machte hingegen aus seiner Sympathie für die Stadtbahn keinen Hehl. „Hamburg hängt nach wie vor viel zu sehr vom Auto ab.“ Notwendig sei eine „Verkehrswende mit umwelt- und stadtverträglichen Alternativen“ und einer Vielfalt bei der Mobilität. Eine Stadtbahn wäre schnell einsatzfähig und kostengünstig.

Der Wirtschaftsrat der CDU kritisierte die Verkehrspolitik des SPD-Senats. Alle Pläne, angefangen vom Busbeschleunigungsprogramm bis hin zum Ausbau der A7, stellten keine wirkliche Lösung für eine Stadt dar, die als Hafenstadt auf eine leistungsfähige Infrastruktur besonders angewiesen sei und zugleich durch zahlreiche Wasserflächen in der Stadt besondere Herausforderungen zu meistern habe, erklärte der Landesvorsitzende Jörg F. Debatin. Notwendig sei eine Ostumgehung Hamburgs. Dafür müsse Bürgermeister Olaf Scholz sich einsetzen.

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