Energiekonzern verlangt aber offenbar sehr hohen Preis. Senat ist unter Zeitdruck. In der kommenden Woche beginnt das Verfahren zur als erstes anstehenden Neuvergabe für die Stromkonzession.

Hamburg. Es geht offenbar nur noch ums Geld. Noch immer verhandelt der Senat mit Vattenfall und E.on darüber, ob die Unternehmen der Stadt ihre Anteile an den Energienetzen freiwillig verkaufen. Grundsätzlich abgeneigt sind die Energiekonzerne, anders als vor dem Volksentscheid kundgetan, nun zwar nicht mehr. Allerdings wollen sie sich das Entgegenkommen offenbar gut bezahlen lassen. Einig ist man sich, dass es die bessere Lösung für alle wäre, wenn man nicht im anstehenden Konzessionsverfahren mit jeweils eigenen Netzbetreibern gegeneinander antreten und sich danach womöglich jahrelang vor Gericht streiten müsste.

Vattenfall-Chef Pieter Wasmuth machte zuletzt aber auch am Rande des Abendblatt-Neujahrsempfangs deutlich, dass das Unternehmen nichts zu verschenken habe. Der schwedische Mutterkonzern würde es auch nicht zulassen, die Netze unter Wert herzugeben. Da in diesem Jahr auch in Schweden gewählt werde, schaue man von dort aus sehr genau auf das, was sich in Deutschland und Hamburg tue. Am heutigen Mittwoch wird der Senat den Abgeordneten der Bürgerschaft in einer gemeinsamen Sitzung von Umwelt- und Haushaltsausschuss über den aktuellen Stand berichten.

Viel Zeit bleibt nicht mehr für eine Einigung auf einen Kaufpreis. In der kommenden Woche beginnt das Verfahren zur als erstes anstehenden Neuvergabe für die Stromkonzession. Am 15.Januar läuft die Frist zur Interessenbekundung ab. Wenn es Hamburg bis dahin gelingt, die 74,9 Prozent an der gemeinsamen Netzgesellschaft zu kaufen, die derzeit noch Vattenfall und E.on gehören, wird sie die Option zum Ausstieg aus der gemeinsamen Gesellschaft nutzen und sich stattdessen mit einer neuen städtischen Gesellschaft um die Konzession bewerben.

Diese wurde bereits Mitte Dezember unter dem Namen Hamburg Energienetz GmbH gegründet und wird derzeit von einer Doppelspitze geleitet, nämlich von Petra Bödeker-Schoemann, einer Geschäftsführerin der Hamburgischen Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement (HGV), und dem leitenden Regierungsdirektor der Finanzbehörde, Christian Heine. Allerdings sucht die Stadt über die Personalberatung Kienbaum bereits Fachleute aus dem Energiebereich, die die Gesellschaft künftig führen sollen. Das Projekt Netzrückkauf wird nach Abendblatt-Informationen von sechs städtischen Mitarbeitern aus HGV, Finanz- und Stadtentwicklungsbehörde betrieben. Zudem sind 13 Berater der Unternehmen Roland Berger und BET Büro für Energiewirtschaft engagiert worden. Zusätzlich lässt sich der Senat von den Stadtwerken München und der Kanzlei Allen & Overy beraten.

Der Sprecher der beim Volksentscheid siegreichen Initiative Unser Hamburg – Unser Netz, BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch, unterstützt eine Einigung mit Vattenfall. „Der Bürgermeister muss aber darauf achten, dass er nicht von Vattenfall über den Tisch gezogen wird“, so Braasch. „Das Unternehmen pokert und hat klargemacht, dass es Strom und Fernwärme nur gemeinsam verkaufen wird.“ Insbesondere bei der Fernwärme müsse es aber eine Neubewertung des Kaufpreises geben. Die Stadt dürfe das geplante neue Kraftwerk in Wedel nicht als „Katze im Sack“ kaufen.

Die CDU kritisiert das Vorgehen des Senats. „Es ist äußerst wichtig, ein diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren sicherzustellen“, sagte ihre Energiepolitikerin Birgit Stöver. „Mit der Gründung der Energienetz GmbH hat sich der Senat jedoch auf sehr dünnes Eis begeben. Es ist sehr bedauerlich, dass die SPD das Angebot des Bundeskartellamts abgelehnt hat, eine Vorabprüfung vorzunehmen.“

Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan plädierte zwar für eine Einigung mit Vattenfall. Er weist aber darauf hin, dass es nur beim Strom, nicht aber bei der Fernwärme einen Zeitdruck gebe. „Die Fernwärme ohne Rechtsstreit zu einem vernünftigen Preis zu kaufen wäre sicher die beste Lösung. Aber die Stadt darf keinen Mondpreis bezahlen“, so Kerstan.

FDP-Wirtschaftspolitiker Thomas-Sönke Kluth betonte, dass „jede Bevorzugung für ein städtisches Unternehmen gegen das Energiewirtschaftskonzept verstößt“. Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn würde eine Einigung mit Vattenfall begrüßen. Es gehe aber auch darum, dass „Interessen der Lohnabhängigen“ berücksichtigt würden.