Grüne Abgeordnete wirft Senat Ignoranz vor. CDU unterstützt den Plan der SPD-Regierung, neue Einrichtung zu bauen. Wo genau künftig das Heim entstehen wird, ist noch unklar.

Hamburg. Die grüne Jugendpolitikerin Christiane Blömeke hat Hamburgs Pläne, eine eigene geschlossene Unterbringung für kriminelle Jugendliche zu errichten, in der Aktuellen Stunde der Bürgerschaft erneut scharf kritisiert. „Der SPD-Senat ignoriert den Rat vieler Jugendhilfeträger, die geschlossene Heime als wirkungslos bezeichnen“, sagte Blömeke. Nach zwei gescheiterten geschlossenen Einrichtungen an der Feuerbergstraße und in den brandenburgischen Haasenburg-Heimen unternehme der Senat nun noch einen dritten Versuch.

Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) hatte vor zwei Wochen angekündigt, dass Hamburg wieder eine eigene geschlossene Unterbringung für kriminelle Jugendliche einrichten werde. Die neue Einrichtung sei nach der Ankündigung Brandenburgs, die umstrittenen Haasenburg-Heime zu schließen, notwendig geworden.

Wo genau künftig das Heim entstehen wird, ist noch unklar. Sicher ist lediglich, dass es nicht in Hamburg errichtet wird. So soll verhindert werden, dass die Jugendlichen weiterhin Kontakt zu ihrem kriminellen Umfeld haben. Derzeit führt die Sozialbehörde Gespräche mit freien Trägern, die ein solches Heim führen könnten. Scheele hatte allerdings auch in Aussicht gestellt, einen städtischen Träger zu gründen, falls sich kein privater findet. Gleichzeitig wird ein Konzept für das künftige Heim erarbeitet. Im Anschluss soll es Gespräche mit Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern über eine mögliche gemeinsame Einrichtung geben.

Die Regierungen in Schleswig-Holstein und Niedersachsen lehnen die geschlossene Unterbringung ab und haben die Schließung in den Koalitionsverträgen vereinbart. Ob die Länder eine Einrichtung auf ihrem Gebiet unter der Führung Hamburgs ablehnen, ist dagegen noch nicht abschließend geklärt. Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern hat sich noch kein abschließendes Urteil gebildet. Christiane Blömeke sagte, dass sie es unbegreiflich finde, auf ein gescheitertes Konzept zurückzugreifen, um „eine kleine, aber schwierige Gruppe“ von Jugendlichen in den Griff zu bekommen. Die Grünen-Politikerin sagte, dass dies in einer Millionenstadt wie Hamburg möglich sein müsse, ohne die Jugendlichen wegzusperren. Sie plädierte für „maßgeschneiderte Einzellösungen“, bei denen die Jugendlichen rund um die Uhr betreut werden.

Melanie Leonhard, Jugendexpertin der SPD-Fraktion, verteidigte die geplante Wiedereinführung der geschlossenen Heime. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass eine kleine Gruppe von Jugendlichen mit den herkömmlichen Maßnahmen nicht erreicht wird.“ Es gehe um zehn bis 15 Jugendliche, welche oftmals die Grenzen suchten. „Wir möchten nicht, dass diese erste Grenze das Gefängnis ist.“ Leonhard sagte, dass das Konzept einer geschlossenen Unterbringung unter der Leitung Hamburgs deshalb richtig sei, weil die Stadt nur auf diese Weise Inhalte definieren und Aufsicht ausüben könne.

Unterstützung kam auch von der CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Für einen kleinen Kreis von Jugendlichen gibt es politisch keine Alternativen“, sagte Jugendpolitiker Christoph de Vries. Bei den betroffenen Jugendlichen gehe es nicht um solche, „die mal ihre Hausaufgaben nicht gemacht“ hätten. „Es geht um Jugendliche, die eine lange Liste von Straftaten begangen und sich keinen Maßnahmen zugänglich gezeigt haben“, sagte de Vries. Die geschlossene Unterbringung sei eine letzte Maßnahme. „In anderen Bundesländern würden diese Jugendlichen in den Jugendknast kommen.“

Der Abgeordnete Finn Ole Ritter (FDP) kritisierte Sozialsenator Scheele: „Er hätte längst nach einem länderübergreifenden Alternativangebot zu den Haasenburg-Heimen suchen müssen, als die Vorwürfe laut wurden. Nun muss er das unter Zeitdruck tun, was der Sache nicht guttut.“ Auch Mehmet Yildiz (Linke) kritisierte Scheele, da dieser sich weigere, über Alternativen nachzudenken.

Scheele selbst war zur Aktuellen Stunde am Mittwoch nicht in der Bürgerschaft. Der Senator war nach Magdeburg zur Arbeits- und Sozialministerkonferenz gereist. Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos), die Scheele vertreten sollte, kam nicht mehr an das Rednerpult. Die Redezeit war abgelaufen.