In Hamburg neugeborene Mädchen haben 82,56 Jahre vor sich, Jungen 77,63 - ein Rekordniveau. Die FDP fordert deshalb mehr Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten für Senioren.

Hamburg. Angesichts der weiter steigenden Lebenserwartung fordert die Hamburger FDP mehr Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten für Senioren in der Stadt – und mehr Anstrengungen, Jung und Alt zusammenzubringen. Laut einer Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage des FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Wieland Schinnenburg ist die Lebenserwartung von in Hamburg geborenen Kindern zuletzt auf ein neues Rekordniveau gestiegen. Mädchen, die in der Hansestadt geboren werden, haben nach der letzten Berechnung eine durchschnittliche Lebenserwartung von 82,56 Jahren. Bei Jungen sind es derzeit 77,63 Jahre.

Der Senat bezieht sich dabei auf die sogenannten Sterbetafeln, nach der die Sterbewahrscheinlichkeit und Lebenserwartung unterschiedlicher Jahrgänge regelmäßig prognostiziert werden. Die jüngste Schätzung betrifft die Jahrgänge 2009 bis 2011. Verglichen mit der Zeit vor 40 Jahren zeigen die Zahlen einen deutlichen Anstieg der Lebenserwartung von Neugeborenen.

Hamburger Mädchen der Geburtsjahrgänge 1970 bis 1972 etwa wurde lediglich ein Leben von durchschnittlich 74,06 Jahren prognostiziert, Jungen gerade einmal 67,66 Lebensjahre. Die Zahlen zeigen auch, dass die Lebenserwartung von Männern in den vergangenen Jahrzehnten stärker zugenommen hat als die von Frauen, sodass der Unterschied zwischen den Geschlechtern zurückgeht.

„In rund 40 Jahren hat sich die Lebenserwartung der Neugeborenen in Hamburg drastisch erhöht. Das ist eine tolle Nachricht“, sagt FDP-Politiker Schinnenburg. „Wir sollten alles tun, damit die Menschen diese längere Lebenszeit auch nutzen können: Senioren müssen gute Arbeits- und Freizeitmöglichkeiten haben. Viele von ihnen würden sicher auch gerne Alleinerziehenden und Berufstätigen bei der Kindererziehung helfen. Insofern sollte mehr für eine Vermittlung getan werden.“

In der zuständigen Hamburger Sozialbehörde sieht man sich für die Herausforderungen bereits gut gerüstet, die die demografische Entwicklung mit sich bringt. „Die längere Lebenserwartung stellt zwar in Verbindung mit dem demografischen Wandel eine Herausforderung für die sozialen Sicherungssysteme dar. Sie ist aber grundsätzlich etwas Positives“, sagt Behördensprecher Marcel Schweitzer. „Wichtig ist der Zusammenhalt der Gesellschaft. Deshalb fördert und unterstützt die Stadt Projekte, die ein Miteinander der Generationen in Hamburg ermöglichen, etwa soziale Begegnungsstätten. So wird ein Erfahrungsaustausch und ein Wissenstransfer von Generation zu Generation möglich.“

Die Behörde verweist auf eine Vielzahl von Projekten. So gebe es in Hamburg fünf Mehrgenerationenhäuser, die auch das freiwillige Engagement förderten und Treffpunkte für Jung und Alt seien. Außerdem unterstütze die Sozialbehörde das Projekt „Oma-Hilfsdienst“, das ehrenamtlich arbeitende Senioren in Familien für Kinderbetreuung oder Babysitterdienste vermittle.

Ebenso erfolgreich sei das generationenübergreifende Singprojekt „Canto elementar“, bei dem musikbegeisterte Senioren und Kitas kooperierten. Die „Singpaten“ würden dabei von „Canto-Trainern“ weitergebildet und bekämen Arbeitsmaterialien gestellt. Die Senioren erhielten auf diese Weise eine zusätzliche Qualifizierung, die sie an die Jüngsten weitergeben könnten. Zudem gebe es viele Vereine und andere Organisationen, die Senioren und andere interessierte Personen qualifiziere und als Vorlesepaten in Kitas vermittle.

Unter der Federführung der Gesundheitsbehörde arbeitet der Senat derzeit zudem an einem umfassenden Demografiekonzept. Darin soll für die Zeit bis ins Jahr 2030 skizziert werden, wie sich Hamburg auf die längere Lebenserwartung seiner Bürger einstellen will. Dabei gehe es keineswegs nur um medizinische Aspekte, sondern auch etwa um Barrierefreiheit und soziale Aspekte wie das Zusammenleben von Jung und Alt, sagt Rico Schmidt, Sprecher der Gesundheitsbehörde. Derzeit lieferten alle Behörden ihre Beiträge dazu. Bis zum Jahresende solle das Konzept abgestimmt werden, damit es im ersten Quartal 2014 vorgestellt werden könne.

Trotz der insgesamt positiven Entwicklung auch in Hamburg liegt die Hansestadt bei der durchschnittlichen Lebenserwartung von Neugeborenen noch leicht unter dem Bundesdurchschnitt. Der beträgt für im Jahr 2011 geborene Mädchen 82,73 und für Jungen 77,72 Jahre. Über dem Bundesdurchschnitt liegt Hamburg bei der Lebenserwartung der Männer und Frauen, die bei der letzten Berechnung vor zwei Jahren 60 Jahre alt waren. Männer hatten demnach noch 21,34 Jahre zu leben, Frauen noch 24,93. Mit anderen Worten: Wer erst einmal 60 ist, hat zumindest laut Statistik noch deutlich mehr als 20 Jahre Leben vor sich.