Leiter der Rechtsabteilung der Bank als Zeuge vernommen: „Sehr großer Druck auf Omega-Projekt“. Seine Rolle ist umstritten. Der Prozess wird an diesem Dienstag fortgesetzt.

Neustadt. Der Mann ist gut vorbereitet. Ein mehrseitiges Konzept hat der Zeuge zum HSH-Prozess mitgebracht. Und doch wirkt Wolfgang G., der frühere Leiter der Rechtsabteilung der Bank, angespannt und nervös; mehrfach legt dem 58-Jährigen sein Rechtsbeistand in beruhigender Geste die Hand auf den Arm. Die Rolle dieses Zeugen im Prozess gegen den früheren Vorstand der HSH Nordbank vor dem Landgericht ist in der Tat keine ganz einfache.

Denn andere vor ihm haben ausgesagt, dass er, Wolfgang G., es gewesen sei, der etwaige Probleme mit dem letztlich für die HSH Nordbank katastrophalen Finanzgeschäft „Omega 55“ als nicht gravierend angesehen und der Transaktion bescheinigt habe, sie sei in Ordnung. Doch dem widerspricht der Jurist mehrfach vehement: Er sei „in Einzelheiten bei der Sachbearbeitung nicht eingebunden“ gewesen, insistiert Wolfgang G. „Der Versuch, mir eine Mitverantwortung zuzuschieben, schlägt fehl!“

In dem Prozess ist der frühere Vorstand der HSH Nordbank um Dirk Jens Nonnenmacher wegen Untreue in besonders schwerem Fall angeklagt. Den sechs Männern wird vorgeworfen, Ende 2007 ein kompliziertes Kreislaufgeschäft mit Namen „Omega 55“ mit der französischen Bank BNP Paribas (BNPP) leichtfertig und überhastet abgesegnet und so ein unüberschaubares Risiko in Kauf genommen zu haben. Am Ende klaffte laut Staatsanwaltschaft dank „Omega 55“ durch Verluste in der Finanzkrise ein 158-Millionen-Loch in der Kasse der HSH.

Die HSH Nordbank habe seinerzeit in den Club der „zehn wichtigsten global agierenden Banken aufsteigen“ wollen, sagt Zeuge Wolfgang G. aus. „Der Börsengang war ein zentrales und existenzielles Thema der Bank.“ Eine Verbesserung der Eigenkapitalquote sei dafür die Voraussetzung gewesen. „Die Bank war von dem Gedanken durchdrungen, das Geschäft auszuweiten“, so der Leiter der Rechtsabteilung.

Er habe „Expansionsbestrebungen wahrgenommen, die bei mir als Jurist ein Stirnrunzeln verursacht haben“, formuliert Wolfgang G. Auf der Rechtsabteilung habe ein „sehr hoher Druck“ gelastet, die Geschäfte so einzustufen, dass sie nicht so riskant aussehen. Allerdings habe keiner der Vorstände jemals zu ihm gesagt: „Mach Omega, koste es, was es wolle.“

„Unmittelbare Erkenntnisse zu Omega 55 hatte ich nicht“, betont der Zeuge weiter. Seine beiden Mitarbeiter der Rechtsabteilung seien die Experten gewesen, er hingegen nicht der Fachmann. „Omega 55“ sei in dem Londoner Zweig der Bank bearbeitet worden, dort habe es „organisatorische Mängel gegeben“, so Wolfgang G. Von einem Mitarbeiter der Rechtsabteilung sei eine zusätzliche Übereinkunft zu dem Vertrag mit der französischen Bank BNPP verfasst worden. Doch die Londoner Filiale habe eine andere, für die HSH ungünstigere Version weitergegeben, ohne dies mit dem Mitarbeiter aus der Rechtsabteilung abgesprochen zu haben. Der Experte aus der Rechtsabteilung sei darüber „deutlich verärgert“ gewesen und „fühlte sich getäuscht“.

Auch Vera S., eine weitere Mitarbeiterin der Rechtsabteilung, habe sich „von London getäuscht gefühlt“. Sie habe ein „chaotisches Vorgehen“ bei den Transaktionen beklagt. Er und seine Mitarbeiterin seien sich einig gewesen, dass eine Entlastungswirkung durch die Finanztransaktion letztlich nicht eintreten werde.

Als Vera S. über die Missstände mit einem der Vorstände habe reden wollen, hätten sie gemeinsam eine vorbereitende E-Mail verfasst, in der sinngemäß gewarnt wurde: Wenn das Finanzgeschäft so abgeschlossen werde, wie London das wolle, dann müssten sie dies vor der Bankaufsicht geheim halten.

Dies sei aber mitnichten eine Aufforderung gewesen, etwas zu verschleiern, betont der Zeuge jetzt. „Die Mail war vielmehr gedacht als Warnschuss“ an die Verantwortlichen in London, „gleichsam als Gelb-Rote Karte“. Der Prozess wird an diesem Dienstag fortgesetzt.