Volle Stundenpläne, Stress und kaum Zeit für Hobbys: An fast jedem zweiten Gymnasium in Hamburg wird in der Mittelstufe die Obergrenze von 34 Wochenstunden überschritten.

Hamburg. Volle Stundenpläne, Stress mit der Vorbereitung auf Klassenarbeiten, wenig Freizeit – so beschreiben viele Schüler, die das Gymnasium in acht anstatt wie früher in neun Jahren absolvieren, ihren Alltag. Die bis zu 34 vorgegebenen Wochenstunden bedeuten eine erhebliche Belastung, finden auch die Bildungspolitiker praktisch aller Parteien. Tatsächlich allerdings ist die Belastung der Hamburger Gymnasiasten in der Mittelstufe noch deutlich größer als bisher bekannt.

Nicht nur an einigen wenigen Gymnasien wird die Obergrenze von 34 Wochenstunden überschritten, sondern an fast der Hälfte dieser Schulen, wie eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels zutage förderte. Dies ist auch deshalb brisant, weil die Elterninitiative „G9 – Jetzt HH“ Unterschriften sammelt, um per Volksentscheid das neunjährige Gymnasium in Hamburg wieder einzuführen. Im November muss sie ihre Unterschriften abgeben.

Der Senat listet nun in seiner Antwort genau auf, wie viele Stunden an den Gymnasien im Einzelnen unterrichtet werden. So bleiben in den fünften und sechsten Klassenstufen alle Schulen deutlich unter 34 Wochenstunden (meist 30 bis 32). Auch in der siebten Klasse wird weniger unterrichtet – nur an den Gymnasien Oberalster und Hochrad müssen die Schüler wöchentlich bereits 35 Stunden im Unterricht sitzen.

In den achten Jahrgängen werden an sechs Gymnasien mehr als 34 Stunden unterrichtet (am Lerchenfeld sogar 36), in der neunten Klasse gar an zwölf Schulen (Emilie-Wüstenfeld-Gymnasium, die Gymnasien Hamm, Hochrad, Lerchenfeld, Meiendorf, Oberalster, Ohmoor, Othmarschen, Süderelbe, Heilwig, Heinrich Heine und Walddörfer).

Im zehnten Jahrgang schließlich sitzen die Schüler an 25 der insgesamt 56 aufgelisteten Gymnasien mehr als 34 Wochenstunden im Unterricht. Maximal sind es 36 Wochenstunden. Hinzu kommen laut Senat die Schulen, an denen aufgrund ihres besonderen Profils eine erhöhte Stundentafel vorgesehen ist.

Das sind die schon seit 1992 als gebundene Ganztagsschule arbeitende Gymnasium Klosterschule sowie die altsprachlichen Gymnasien (Christianeum, Johanneum und Wilhelm-Gymnasium). Schulsenator Ties Rabe (SPD) hatte im Juni in der „Welt am Sonntag“ erstmals öffentlich gemacht, dass sich nicht alle Schulen an die Vorgabe von 34 Wochenstunden halten und erklärt, dieses müsse abgestellt werden.

Passiert ist seither wenig. „Selbst wenn an einigen Gymnasien besondere Profile im Einvernehmen mit Eltern, Schülern und Lehrern zu solcher Mehrbelastung führen, ist bei der Größenordnung von 25 Schulen doch klar: Der Senator hat wieder mal nur groß angekündigt zu handeln, tut aber nichts“, kritisiert die FDP-Bildungsexpertin Anna von Treuenfels. Wahrscheinlich wolle er sich ein Vorgehen gegen die Mehrbelastung politisch abkaufen lassen, wenn er mit der G9-Initiative verhandeln sollte, mutmaßt die Bürgerschaftsabgeordnete.

Eine Änderung der Regelungen zu den Wochenstunden während des laufenden Schuljahrs sei nicht möglich, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. Grundsätzlich gibt die Kultusministerkonferenz vor, dass von der fünften Klasse bis zum Abitur mindestens 265Jahreswochenstunden unterrichtet werden müssen. Die Behörde drängt auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung auf die Jahrgangsstufen und entsprechende Grundstunden pro Klasse: 30 in der fünften, 31 in der sechsten und jeweils 34 Wochenstunden in der siebten bis zehnten Klasse.