Polit-Talk „Du hast die Wahl“ macht Station am Gymnasium Hamm – dort stimmen am Ende 68,3 Prozent für die SPD

Hamm. Multikulti, das ist ein etwas abgenutzter Begriff, aber immer noch der passendste, wenn es um das Zusammenleben am Gymnasium Hamm geht. Denn 80 Prozent der Schüler dort haben Migrationshintergrund und ausländische Eltern oder Großeltern. Es ist das einzige Gymnasium mit Internationalen Vorbereitungsklassen – diese Klassen besuchen Kinder, die gerade erst nach Deutschland gezogen sind und noch kein Deutsch sprechen. Meistens sind diese an den Stadtteilschulen eingerichtet. Aziz Abdoul Nabi hat solch eine Klasse besucht: Der 19-Jährige ist erst vor einem Jahr aus Syrien nach Hamburg gekommen. Jetzt sitzen er und 144 Mitschüler aus der Oberstufe in der Aula und sollen über Politik sprechen – dafür sind die jeweiligen Vertreter aus den Nachwuchsabteilungen der großen Parteien zu Besuch. Diese Podiumsdiskussion unter dem Motto „Du hast die Wahl“ ist eine Aktion des Hamburger Abendblattes und der Schulmarketing-Agentur youngstar.

„Man müsste es syrischen Flüchtlingen in Deutschland leichter machen, hier zu studieren“, sagt Aziz am Rande der Diskussion. „Das sind ja gebildete Flüchtlinge.“ Asyl- und Flüchtlingspolitik und Chancengleichheit sind die Themen, die den Schülern – die meisten 16 und 17 Jahre alt – am Herzen liegen. „Wieso gibt es nicht die doppelte Staatsbürgerschaft?“, möchte Yusaf wissen. „Ich will in Deutschland leben, aber mein türkischer Pass ist für mich auch Teil meiner Identität. Ali – das sind wir doch alle!“ Für die Frage gibt es Applaus von seinen Mitschülern, eine befriedigende Antwort von den Politikern aber nicht: „Ich lade dich dazu ein, dich bei uns zu engagieren“, sagt Carsten Ovens, Landesvorsitzender der Jungen Union. Und Andreas Moring von den Jungen Liberalen und Katharina Doll von der Linksjugend schlagen einfach mal dasselbe vor. „In 19 Ländern gibt es eine doppelte Staatsbürgerschaft. Das läuft dort ohne Probleme. Alles andere ist nicht mehr zeitgemäß“, ist von Carl Philipp Schöpe von den Jusos zu hören.

Und dann das große Thema Mindestlohn. „Viele Schüler haben Eltern, die im Niedriglohnsektor arbeiten“, sagt Schulleiter Sven Kertelhein. Vielleicht rührt daher auch die Frage von Suriya, der wissen möchte: „Friseure verdienen sechs Euro die Stunde. Was wollen Sie ändern?“ Der Juso-Vertreter fordert einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro, und Junge Union-Mann Carsten Ovens erklärt den Schülern in einem onkelhaften Ton, der an Armin von der „Sendung mit der Maus“ erinnert, wieso das schwierig sei: „Mehr Geld zu bekommen, klingt erst einmal total toll. Aber bezahlen müssen das die Arbeitgeber und dann werden viele Produkte teurer werden.“ Dass Maximilian Bierbaum von der Grünen Jugend gern zwei Euro mehr für seinen Friseurbesuch zahlt, wenn die Menschen dafür gerecht bezahlt würden, regt Ovens scheinbar ein bisschen auf: „Ich finde es nicht fair, wenn du sagst, ich zahle dann eben mehr für meinen Haarschnitt. Andere könnten sich das nicht leisten.“

Die Schüler sind mit Herzblut dabei. „Warum greift Deutschland nicht in Syrien ein?“, möchte Ahmad wissen. Er kommt aus Syrien. „Da ist es super schwierig zu sehen, wo ist die Linie zwischen Gut und Böse?“, erklärt Maximilian Bierbaum von der Grünen Jugend.

Am Ende bleibt die Frage: Wen wählen? Morzal,17, ist unsicher: „Die Parteien haben meist unterschiedliche Ansichten, mal finde ich die eine besser, mal die andere. Es ist sehr schwierig, die eine richtige Partei zu finden und sich zu entscheiden.“