Grundschulen kaum betroffen. Aber in jeder achten Stunde muss ein Vertretungslehrer einspringen

Hamburg. Der Trend ist auf den ersten Blick leicht positiv: In der Zeit von Februar bis Juni dieses Jahres ist an den staatlichen allgemeinbildenden Schulen etwas weniger Unterricht ersatzlos ausgefallen als noch im November und Dezember 2012. Waren es in den letzten beiden Monaten des Vorjahres exakt 25.872 Stunden oder 1,8 Prozent Unterrichtsausfall, so sank dieser Wert von Februar bis Juni auf 1,54 Prozent. In diesem Zeitraum fielen 51.678 Stunden aus.

Diese Zahlen hat der Senat in seiner Antwort auf eine Anfrage des SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Lars Holster mitgeteilt. „Das ist zwar erfreulich, aber nach wie vor ein sehr hoher Wert. Wir müssen noch genauer hinsehen, wie die Schulen mit den umfangreichen Mitteln für Vertretungsstunden umgehen“, sagt Holster. Möglicherweise hängt die positive Tendenz auch damit zusammen, dass November und Dezember aufgrund des eher gesundheitsbeeinträchtigenden Wetters und der Schulorganisation besonders belastende Zeiten sind. In dieser Phase des Schuljahres werden überproportional viele Klassenarbeiten und Klausuren geschrieben, außerdem müssen die Zeugniskonferenzen des Halbjahres vorbereitet werden. Ein echter Vergleich wird also erst am Jahresende möglich sein.

„Die Anzahl ersatzlos ausgefallener Unterrichtsstunden ist zum Glück geringer als erwartet, muss aber trotzdem weiter reduziert werden“, sagt Schulsenator Ties Rabe (SPD). Den Schulen stünden zum Ausgleich des Unterrichtsausfalls mehr als acht Prozent zusätzlicher Personalkapazitäten zur Verfügung. Demgegenüber sei die krankheitsbedingte Ausfallquote der Lehrer auf 5,3 Prozent gesunken. „Damit muss es möglich sein, dass in Hamburg nicht eine einzige Unterrichtsstunde ausfällt“, fordert Rabe.

Zwischen den einzelnen Schulformen ergeben sich erhebliche Unterschiede. Der Unterrichtsausfall an den Grundschulen beträgt praktisch null Prozent. In den ersten vier Klassen müssen die Kinder verlässlich unterrichtet werden, dürfen also eigentlich nicht nach Hause geschickt werden. Anders ist die Lage an den weiterführenden Schulen. Von Klasse 7 bis 12 des Gymnasiums beträgt der Unterrichtsausfall stets mehr als zwei Prozent. In einzelnen Monaten und Klassenstufen – etwa in Klasse 9 im Februar – waren es mit 3,38 Prozent deutlich mehr. Am höchsten ist der Stundenausfall an den Stadtteilschulen. In den Klassenstufen 7 bis 9 liegt die Quote oberhalb von zwei Prozent, in den Stufen 10 bis 13 sogar oberhalb von drei Prozent. Den negativen Spitzenwert bildet Jahrgang 13 mit 3,8 Prozent Unterrichtsausfall.

Eine wichtige Kennziffer für Qualität und Intensität des Unterrichts ist die Quote des regulär, also vom dafür vorgesehenen Fach- oder Klassenlehrer gegebenen Unterrichts. In der Zeit zwischen Februar und Juni 2013 wurden 85,7 Prozent aller Unterrichtsstunden planmäßig gegeben. Zieht man die Ausfallquote in Höhe von 1,54 Prozent ab, dann werden immerhin 12,76 Prozent der Stunden – also jede achte – auf unterschiedliche Art vertreten.

Wenn ein Lehrer krank wird oder aus anderen Gründen ausfällt, ist das erste Ziel, dass seine Stunden fachidentisch vertreten werden. Das heißt also zum Beispiel, dass der Mathelehrer durch einen Mathelehrer ersetzt wird. Das gelingt bei 3,8 Prozent aller Unterrichtsstunden. In 1,5 Prozent der Fälle steht ein fachfremder Lehrer vor der Klasse. Die ungünstigste Variante ist die Erteilung eines Arbeitsauftrags für die ausgefallene Stunde. In dieser Zeit sind die Schüler in der Regel sich selbst überlassen – das ist immerhin bei 1,1 Prozent der Unterrichtsstunden der Fall. Mit noch einmal 6,3 Prozent schlagen Projekte, Exkursionen und Klassenreisen zu Buch, die auch eine Alternative zum regulären Unterricht sind und daher statistisch erfasst werden.

Beim Blick auf das umfangreiche Zahlenmaterial, das der Senat für seine Antwort auf die Holster-Anfrage erhoben hat, fällt auf, dass es Klassenstufen gibt, in denen die Quote nicht regulär erteilten Unterrichts weit oberhalb des Durchschnitts von 12,6 Prozent liegt. Das ist zum Beispiel in Klasse 9 der Gymnasien mit 20,83 Prozent der Fall. Das heißt: Jede fünfte Unterrichtsstunde ist nicht planmäßig gegeben worden. Auch in den neunten Klassen der Stadtteilschulen wird mit 18,17 Prozent ein Spitzenwert erreicht. Eine wesentliche Ursache dürfte in den Projekten und Exkursionen dieser Stufe liegen, aber auch der Anteil der Stunden, in denen nur ein Arbeitsauftrag erteilt wurde, ist überproportional hoch.

Rabe kritisiert auch den Anteil nicht planmäßig gegebenen Unterrichts als zu hoch. „Es muss nicht sein, dass mehr als zehn Prozent Unterrichtsstunden vertreten oder anders erteilt werden“, sagt Rabe. Seit Ende des vergangenen Jahres müssen alle Schulen regelmäßig den Unterrichtsausfall nach einem einheitlichen Schema dokumentieren. „Unser Ziel ist es, dass die Schulen das Thema Unterrichtsausfall und Vertretungsstunden analysieren und tragfähige Konzepte zur Verbesserung entwickeln“, so Rabe. In diesen Prozess müssten auch die Eltern eingebunden werden.