HSH-Prozess ist laut dem Hamburger Finanzexperten Professor Dieckmann bundesweit bedeutend

Hamburg. Der Prozess gegen den früheren Vorstand der HSH Nordbank könnte Auswirkungen weit über Norddeutschland hinaus haben – das glaubt der Hamburger Bankenexperte Professor Norbert Dieckmann von der EBC Hochschule. „Außer Frage wird das Ergebnis des Prozesses eine große Bedeutung für die gesamte Branche haben“, sagte er dem Abendblatt. „Insbesondere erhoffe ich mir im Rahmen der Gerichtsverhandlungen auch eine Klärung der Rolle der deutschen Bankenaufsicht bei den RWA-Entlastungstransaktionen der HSH Nordbank.“ Auch die Praxis, derartige Geschäfte über Briefkastenfirmen in Übersee oder auf den Kanalinseln abzuwickeln, „dürfte hierdurch wesentlich beeinflusst werden“, glaubt Dieckmann.

Mit den sechs früheren HSH-Managern steht erstmals in Deutschland ein kompletter Bankvorstand in Zusammenhang mit der Finanzkrise vor Gericht. Den Angeklagten um die früheren Vorstandschefs Hans Berger und Dirk Jens Nonnenmacher wird schwere Untreue in Zusammenhang mit dem Geschäft Omega 55 vorgeworfen. Dabei handelte es sich um eine sogenannte RWA-Entlastung, mit der risikoreiche Geschäfte (RWA = Risk Weigthed Assets) im Umfang von zwei Milliarden Euro ausgelagert werden sollten, um die Kapitalquoten der Bank anzuheben.

Laut Anklage hat der Deal, der Ende 2007 mit der französischen Bank BNPP über Zweckgesellschaften auf der Kanalinsel Jersey abgewickelt wurde, aber das genaue Gegenteil bewirkt, soll übereilt abgeschlossen worden sein und am Ende einen Verlust von 158 Millionen Euro nach sich gezogen haben. Die Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. Die Rolle der Bankenaufsicht, die von der HSH möglicherweise nicht ausreichend über Omega informiert wurde, hat im bisherigen Prozessverlauf ebenso wenig eine Rolle gespielt wie die Frage nach dem Sinn von Zweckgesellschaften. Stattdessen vernimmt das Gericht seit vier Verhandlungstagen den damaligen Londoner HSH-Mitarbeiter Marc Schack, der an der Entstehung von Omega 55 beteiligt war.

Bankenexperte Dieckmann hält diese penible Vorgehensweise für richtig: „Die genaue Aufarbeitung der Omega-55-Transaktion durch das Landgericht ist grundsätzlich sehr zu begrüßen.“ Ihn habe die enorme Komplexität des Geschäfts auch überrascht – auch wenn Schack am Montag aussagte, Omega sei für HSH-Verhältnisse zwar „überdurchschnittlich“, aber auch nicht ungewöhnlich komplex gewesen. Verwundert zeigte sich Dieckmann auch, wie schnell der Deal abgewickelt werden konnte: „Es hat mich überrascht, dass offensichtlich zwei Vorstandsunterschriften ausgereicht haben sollen, um für die HSH Nordbank ein Zwei-Milliarden-Geschäft rechtsverbindlich abzuschließen.“