Al-Nour-Gemeinde wollte Gotteshaus in Horn bis Oktober umgestalten. Doch es fehlen Geld und eine Baugenehmigung

Horn. Es ist noch ein zartes Pflänzchen. Ende April hatte die Al-Nour-Gemeinde im Garten der ehemaligen Kapernaumkirche in Horn einen Apfelbaum gesetzt – und damit auch ein symbolträchtiges Zeichen für die gute Nachbarschaft, die hier wachsen soll. Die islamische Gemeinde ist neuer Eigentümer der seit Jahren leer stehenden evangelischen Kirche, in den nächsten Monaten soll sie zu einer Moschee umgebaut werden. Zu sehen ist davon allerdings noch nichts.

Und das wird auch erst mal so bleiben. Eine Sprecherin des Bezirksamts Mitte bestätigte auf Anfrage, dass ein Bauantrag für das Gebäude vorliegt. Allerdings fehlten noch viele Unterlagen, sodass er noch nicht genehmigt werden konnte. „Die Unterlagen haben wir mittlerweile nachgereicht“, sagt Daniel Abdin, Vorsitzender der Al-Nour-Gemeinde. In der Regel dauert das Verfahren drei Monate, unter anderem muss der Bauausschuss des Bezirks Mitte beteiligt werden. „Ich hoffe aber, dass es schneller geht“, sagt Abdin.

Bereits am 3. Oktober, dem Tag der offenen Moschee, so der ehrgeizige Plan, sollte die Al-Nour-Moschee ihre Pforten öffnen. „Das Datum war wohl nur ein Traum“, gibt Abdin zu. Selbst wenn der Bauantrag demnächst genehmigt wird, sollen die Bauarbeiten insgesamt rund acht Monate dauern. „Eine Eröffnung im Frühjahr 2014 ist realistisch“, sagt Abdin.

Es war ruhig geworden um die Moscheepläne in Horn. Im Stadtteil macht sich inzwischen so etwas wie Ernüchterung breit. Viele Anwohner hatten darauf gehofft, dass die Runderneuerung des dem Zerfall preisgegebenen Gebäudes schneller gehen würde. Noch im Frühjahr hatte die islamische Gemeinschaft, deren hauptsächlich aus arabischen Ländern stammende Mitglieder derzeit in einer Tiefgarage in St. Georg beten, bei einem Informationsabend angekündigt, 1,5 Millionen Euro Spendengelder in den Umbau des Innenraums zu investieren. Von außen werde sich nicht viel verändern. Das Gebäude aus den 60er-Jahren steht unter Denkmalschutz.

Doch auch die Spenden sprudeln offensichtlich langsamer als erwartet. Mustafa Yoldas, Vorsitzender der Schura in Hamburg, sagt: „Der Zeitplan wird nicht eingehalten werden können.“ Daniel Abdin hofft, dass jetzt während des Ramadans die Spendenbereitschaft für den Bau der Moschee noch steigen wird. Man sammle aktiv.

Wenn das Geld nicht zusammenkommen sollte, gebe es aber immer noch die Möglichkeit, einen Kredit aufzunehmen. „Aber das ist wirklich die allerallerletzte Option“, sagt Abdin.

Oben, auf der Spitze des markanten Turms, thront nach wie vor weithin sichtbar ein goldenes Kreuz. Die Fenster sind mit Brettern verrammelt, hinter dem blinden Glas eines Schaukastens liegt eine alte Telefonliste mit Nummern, die es längst nicht mehr gibt. Vor der verschlossenen Tür wächst das Unkraut hüfthoch. „Einmal wurde hier aufgeräumt“, sagt ein Anwohner, der auf dem Weg zum Penny-Markt nebenan ist. „Aber seitdem ist nichts passiert.“

Anfang des Jahres hatte die geplante Umwandlung einer christlichen Kirche in eine Moschee für Schlagzeilen in ganz Deutschland gesorgt. Auch in Hamburg war das Thema kontrovers diskutiert worden. Während die einen in dem Verkauf der seit 2002 entwidmeten Kirche einen positiven Beitrag für die Verständigung der Religionen sehen, gab es auch harsche Kritik. Selbst unter Kirchenleuten waren die Meinungen gespalten. Der frühere Michel-Hauptpastor Helge Adolphsen beispielsweise hatte von einem „Dammbruch“ gesprochen. Als eine Gruppe Rechtsextremer im März eine Protestaktion angekündigt hatte, waren 600 Hamburger zu einer Gegendemonstration gekommen. Letztlich waren es statt 100 nur 16 Moscheegegner. Größere Zwischenfälle gab es nicht. Auf einem Trafokasten an der Straße klebt noch ein Aufkleber „Kick the nation – gegen Nationalismus und Deutschland-Hype“.

„Man muss es so hinnehmen, wie es ist“, sagt eine junge Frau, die mit ihrer Familie gegenüber der ehemaligen Kapernaumkirche wohnt. Dort sei sie getauft und konfirmiert, darüber habe sie in den vergangenen Monaten viel nachgedacht. „Dass das jetzt bald eine Moschee sein soll, macht mich traurig“, sagt sie. Ihren Namen will sie lieber nicht nennen: „Wenn man was sagt, ist man ja gleich ein Rassist.“ Auch andere Nachbarn machen sich Gedanken, „nicht nur freundliche, obwohl die Leute sich wirklich Mühe geben“, sagt Robert Kühn, der im Seniorenzentrum Kapernaum nebenan wohnt. Der 89-Jährige war 30 Jahre lang in der Gemeinde aktiv, saß im Kirchenvorstand und engagierte sich in der Jugendarbeit. Früher, sagt er, war das hier alles Kirchenland. Davon ist nur noch der Zusatz im Namen der Wohnanlage geblieben.

Mit einem runden Tisch für die Nachbarn wirbt die neue Gemeinde um Vertrauen. Auch Kontakte zur evangelischen Kirchengemeinde Hamburg-Horn sind geknüpft. „Das läuft gut“, sagt Pastorin Susanne Juhl.

Beim Willkommensfest im April hatte der bislang nur Arabisch sprechende Imam Samir El Rajab die 300 Nachbarn und Anwohner auf Deutsch begrüßt – und damit ein Versprechen eingelöst. Damals war auch der Apfelbaum gepflanzt worden, als Zeichen des Dialogs frei nach dem Reformator Martin Luther: „Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen.“