SPD, Grüne und Linke wollen das sogenannte Fracking in Hamburg verhindern, aber der Umweltausschuss soll über die Fördermethode beraten.

Hamburg. Die Bürgerschaft hat sich mehrheitlich gegen die Erlaubnis des sogenannten Frackings auf Hamburger Stadtgebiet ausgesprochen. Wie berichtet plant der Energiekonzern ExxonMobil die Förderung von Öl und Gas in den Vierlanden mithilfe der hoch umstrittenen Technik. Bei dem Verfahren werden giftige Chemikalien in den Boden gepresst, um Gesteinsrisse zu erzeugen und so an tiefe Öl- und Gas-Vorkommen zu gelangen. Derzeit prüft ExxonMobil, ob Bohrungen in den Vierlanden wirtschaftlich sinnvoll sein könnten. Die Vorprüfung mittels alter Gesteinsproben und unterschiedlicher Studien - die sogenannte "Aufsuchung" - ist vom Senat genehmigt worden. In der Hamburger Politik wird das Vorhaben mehrheitlich kritisch gesehen. "Wir haben erhebliche Bedenken gegen das Fracking. Denn niemand kann zurzeit ausschließen, dass Fracking keine Gefahr für Mensch und Tier mit sich bringt", sagte SPD-Umweltpolitikerin Monika Schaal am Mittwochabend in der Bürgerschaft. "Mit Rücksicht auf unsere Wasserversorgung, aus naturschutzfachlicher Sicht und letztlich auch mit Blick auf eine intakte Siedlungsstruktur in Hamburgs Süden lehnen wir Fracking ab."

Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan sagte: "Im Wahlkampf 2008 zog der Spitzenkandidat der vom Satireblatt 'Titanic' gegründeten Partei 'Die Partei', Heinz Strunk, mit seinem Regierungsprogramm durch Hamburg, in dem stand: 'Wir sehen die Zukunft Hamburgs nicht im Bergbau.' Wir haben Grund zu der Annahme, dass Wirtschaftssenator Horch das anders sieht, denn seine Behörde hat die Erlaubnis zur Aufsuchung von Erdgasfeldern erteilt, sodass in Hamburg in die Förderung von Erdgas mit der umweltpolitischen Hochrisikotechnologie Fracking erfolgen könnte." Seit Wochen beschäftige die Diskussion um Fracking die Menschen in Bergedorf und Harburg. "Aber der Senat beweist wieder einmal, dass ihn Umweltrisiken und die Sorgen der Menschen nicht interessieren. Wer das Stichwort 'Fracking' auf der Website der BSU eingibt, erhält keinen einzigen Treffer. Die Politik des Senats ist schlicht unterirdisch." Zudem rügte Kerstan, dass ExxonMobil alle konkreten Vorhaben der kommenden Jahre geheim halte - mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse. Kerstan kritisierte, dass die Wirtschaftsbehörde die Aufsuchung überhaupt genehmigt habe - gegen den Rat der Umweltbehörde. "Man sieht wieder einmal, dass in diesem Senat Umweltbelange am Ende keine Rolle spielen", sagte Kerstan.

FDP und CDU lehnen die Fördermethode dagegen nicht grundsätzlich ab "Wir sind nicht Neinsager aus Prinzip, wir wollen erst einmal mehr Informationen", sagte die CDU-Umweltpolitikerin Birgit Stöver. "Die Sicherheit hat dabei absolute Priorität. Wenn sich die Gewinnung als umweltverträglich erweist, kann auch die heimische Erdgasförderung aus unkonventionellen Lagerstätten einen Beitrag für eine gesicherte Energieversorgung leisten und die Kosten dafür senken." Stöver kritisierte ebenfalls, der Senat informiere nicht ausreichend über das Thema.

FDP-Umweltpolitiker Kurt Duwe betonte, dass es "keinen Anlass zur Panik" gebe, zumal es bisher keine Genehmigung zum Bohren gebe. Fracking werde seit Jahrzehnten in Deutschland angewendet. Allerdings bisher ohne Umweltverträglichkeitsprüfung. Das müsse sich ändern. Auch müsse geprüft werden, ob Flüssigkeiten zum Einsatz kommen könnten, die umweltverträglicher seien. "Die praktische Anwendung des Frackings muss eine ganze Reihe von Umweltbedenken ausräumen", sagte Duwe. Da aber Bohrungen auf Hamburger Gebiet gar nicht realisierbar seien, rate er zur Gelassenheit - und zu umfassender Information.

Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn sagte: "Die Angst geht um in Hamburg." Und diese Angst sei auch berechtigt. Denn Studien des Bundesumweltamtes hätten klar gezeigt, wie gefährlich und riskant die Technologie sei. Es bestehe etwa die Gefahr, dass Radioaktivität ins Grundwasser gelange.

Umweltsenatorin Jutta Blankau (SPD) sieht schon jetzt keine Chancen für eine Anwendung des Frackings auf Hamburger Gebiet. "Wirtschaftsbehörde und Umweltbehörde sind sich völlig einig, dass mit dem heutigen Wissen und angesichts der noch nicht abgeschlossenen Klärung möglicherweise bestehender Risiken derzeit ein Antrag, auf Hamburger Gebiet Erdgas mittels Fracking zu fördern, keine Aussicht auf Erfolg haben würde", sagte Blankau dem Abendblatt. In der Bürgerschaft warnte die Senatorin davor, die Bürger zu verunsichern. Es gebe bisher keinerlei Genehmigung für Bohrungen.

Die unterschiedlichen Anträge der Fraktionen zum Fracking wurden am späten Abend in den Umweltausschuss überwiesen. Dieser soll das Thema nun beraten und der Bürgerschaft über seine Ergebnisse Bericht erstatten.