Gewerkschaften und Naturschützer kritisieren Senatorin Blankau. Stimmung innerhalb der Behörde bewegt sich in Richtung Nullpunkt.

Hamburg. Umweltpolitik gehört bei der Hamburger SPD nicht unbedingt zu den Themen mit höchster Priorität. So sehen es nicht nur Kritiker des Senats, das konstatieren mittlerweile auch Parteimitglieder - manche mit einer gewissen Besorgnis.

Passend dazu bewegt sich die Stimmung innerhalb der Umweltbehörde derzeit rasch in Richtung Nullpunkt. Zu einer Personalversammlung der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) im CCH kamen kürzlich fast 1000 der etwa 1200 Behördenmitarbeiter - viele, um ihrem Unmut über Personalkürzungen und mangelnde Wertschätzung Luft zu machen. Eine Befragung durch den Personalrat hatte zuvor gezeigt, wie desaströs die Lage in den Augen der Mitarbeiter ist. Viele schieben Berge von Überstunden und nicht abgenommenen Urlauben vor sich her. Und zum Thema Wertschätzung fiel das Ergebnis auch ernüchternd aus: Einige Mitarbeiter gaben sogar an, sie hätten das Gefühl seit Jahren von Vorgesetzten oder der Behördenleitung gar nicht mehr wahrgenommen zu werden.

Jutta Blankau, SPD-Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, machte die Lage nicht besser, als sie die Personalversammlung nach Aussagen von Anwesenden schon nach knapp 90 Minuten wieder verließ. "Das sagt alles über die Wertschätzung für die Kollegen", so ein Mitarbeiter. Vor allem das Personal des Umweltressorts fühlt sich zunehmend abgehängt und gegängelt. "Die Kollegen haben den Eindruck, dass der Umweltbereich von diesem Senat zerschlagen wird", sagt Ver.di-Bereichsleiterin Sieglinde Frieß. "Das Thema Umwelt spielt kaum noch eine Rolle."

Tatsächlich sind die Prioritäten in der BSU nicht nur durch das SPD-Regierungsprogramm, sondern auch durch die äußeren Notwendigkeiten klar gesetzt. 6000 Wohnungen pro Jahr sollen entstehen. Der Mietenanstieg muss dringend bekämpft werden. Dementsprechend konzentrieren sich die Energien vor allem auf das Bauen. Wer nichts mit Wohnungsbau zu tun habe, sei derzeit nicht so wichtig. So in etwa soll sich Staatsrat Michael Sachs (SPD) nach der Erinnerung von Zuhörern bei der Personalversammlung geäußert haben. Zur Empörung der Mitarbeiter des Umweltbereichs. Von denen hieß es schließlich zynisch, es würden jetzt wohl nur noch Maurer gebraucht.

Passend dazu sind angeblich im Umweltbereich die Fortbildungsmittel drastisch zusammengestrichen worden. Nur noch 17 Euro pro Jahr und Stelle stünden zur Verfügung, rechneten Mitarbeiter bei der Versammlung vor - eine lächerlich geringe Summe, wenn man davon ausgehe, dass etwa Seminare über die Feinheiten des Umweltrechtes 200 oder 300 Euro kosteten. Die internen Kritiker fragten nun: Was soll eine Verwaltung leisten, die nicht mehr auf dem Stand der Rechtsprechung ist? Es sei kein Wunder, dass die Stadt immer wieder Gerichtsverfahren verliere, wenn sie die Kompetenz in der eigenen Behörde erstens nicht achte und sie zweitens nicht pflege.

Wenig erfreut ist man in der Umweltbehörde, die ihren Sitz anders als die alte Baubehörde nicht an der Stadthausbrücke, sondern an der Billstraße hat, auch über den Umgang mit eigenen Gutachten. So hatte die BSU sich etwa eindeutig gegen das von ExxonMobil beantragte hochgradig umstrittene Fracking in den Vierlanden ausgesprochen. Die Wirtschaftsbehörde genehmigte die Prüfung der Gasvorkommen, die sogenannte Aufsuchung, trotzdem - ohne dass die Umweltsenatorin sich zu Wort meldete. "Frau Blankau tritt so gut wie nie klar als Umweltsenatorin auf", heißt es zähneknirschend von den Umweltleuten. "Sie lässt sich immer nur beim Thema Wohnungen zitieren."

Zudem werde der überall forcierte Stellenabbau offenbar vor allem im Umweltbereich vorangetrieben. Laut Ver.di ist die Lage bei der BSU besonders schwierig, weil der Altersdurchschnitt der Mitarbeiter hier mit über 50 Jahren sehr hoch ist. Hohes Alter und wachsende Belastung, das sei keine gute Kombination, so Ver.di-Sekretär Jens Hnyk. Nach Informationen des Abendblatts sind bei der BSU im vergangenen Jahr mehr als 30 Stellen abgebaut worden. Mitarbeiter berichten, dass derzeit in manchen Bereichen nur noch jede vierte Stelle neu besetzt werde. Da sei es kein Wunder, dass der SPD-Senat nicht in der Lage sei, das Versprechen des "guten Regierens" im Bereich Umwelt zu exerzieren. So hat die Stadt noch immer keinen Luftreinhalteplan verabschiedet, konnte der EU nur einen noch nicht beschlossenen Entwurf schicken und muss nun wegen der Stickoxidkonzentrationen Sanktionen fürchten.

Offiziell versucht die Behörde, die Gemüter zu beruhigen. "Die Senatorin schätzt die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Behörde und hat das auf der Personalversammlung mehrfach zum Ausdruck gebracht - und nicht nur dort", so BSU-Sprecherin Kerstin Graupner. Auch habe es nichts mit mangelnder Wertschätzung zu tun, dass Blankau früher gegangen sei. Vielmehr habe sie an einer "Telefonkonferenz der für Energiepolitik zuständigen Minister teilnehmen" müssen. Die Ausgaben für Fortbildung lägen bei 263 Euro, die Mitarbeiter hätten wohl nur den Anteil der Reisekosten benannt.

Bei den Umweltverbänden sieht man die Entwicklung trotz derlei beruhigender Einlassungen mit Sorge. "Die meisten Mitarbeiter der BSU haben wir als in der Sache hoch engagiert kennen gelernt", sagt etwa der Hamburger BUND-Geschäftsführer Manfred Braasch. Derzeit aber scheine es so, als werde "der Umweltbereich systematisch kaputtgespart". Auch einen anderen Vorwurf erhebt Braasch: "Stellungnahmen der Fachämter, die der Behördenleitung nicht in den Kram passen, werden nicht mehr zugelassen - mehr Demotivation geht kaum noch." Das Ganze sei "ein Armutszeugnis für die Behördenleitung und für Europas einstige Umwelthauptstadt".