Joachim Lenders will Bundestags-Direktkandidat in Wandsbek werden und fühlt sich durch das Verhalten seiner Partei “ausgebootet“.

Wandsbek. Es ist ein Ergebnis, das in der gesamten Hamburger CDU für große Überraschung gesorgt hat: Die Mitglieder der Rahlstedter CDU sprachen sich in einer geheimen Abstimmung nur knapp für Frank Schira als Bundestags-Direktkandidaten für den Wahlkreis Wandsbek aus. Der frühere Landesvorsitzende und heutige Bürgerschaftsvizepräsident setzte sich, wie berichtet, mit 53 zu 40 Stimmen gegen den Bundestagsabgeordneten Jürgen Klimke durch.

Die Abstimmung ist zwar keine Entscheidung - die fällt erst am 4. Februar durch die Versammlung aller im Wahlkreis Wandsbek wohnenden CDU-Mitglieder -, aber vielleicht ein Trend. Rahlstedt galt bislang als sicheres "Schira-Land". Der Ortsvorsitzende Karl-Heinz Warnholz ist ein enger politischer Weggefährte Schiras, der als Vorsitzender im größten CDU-Kreisverband Wandsbek eigentlich über eine solide Machtbasis verfügt. "Die Abstimmung zeigt die Begrenzung der alten Systeme", sagt ein Spitzen-Christdemokrat. Er meint: Personalien von oben nach unten durchzusetzen funktioniere nicht mehr so einfach.

Zusätzlich bemerkenswert: Der dritte offizielle CDU-Kandidat in Wandsbek, Joachim Lenders, war bei der Wahl in Rahlstedt gar nicht erst dabei. Dass der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) bei den Mitgliedern des größten Ortsverbandes zumindest einige Stimmen geholt hätte, gilt als sicher. "Man wird sich fragen müssen, ob der Ortsverband auch dann mit der Empfehlung für Schira zur Wahlkreismitgliederversammlung geschickt worden wäre", sagte Lenders am Mittwoch. Als Indiz wertet er das in seinen Augen "achtenswerte" Ergebnis für Klimke. "So toll, wie immer behauptet, scheint der Rückhalt für Schira in Rahlstedt doch nicht zu sein."

Dass er nicht nach Rahlstedt eingeladen war, ärgert Lenders. Durch das Vorgehen der Rahlstedter fühle er sich "satzungsgemäß ausgebootet" und beklagt "Hinterzimmerstrukturen" innerhalb des Kreisverbandes. "Es ist rechtlich nicht anfechtbar, wenn ein Ortsverband nur einem der Kandidaten eine Bühne gibt", sagt Lenders, der selbst Mitglied im Ortsverband Wandsbek ist. "Als demokratisches Verhalten werte ich das aber nicht."

Karl-Heinz-Warnholz, Vorsitzender der Rahlstedter CDU und nach Schira der zweite Mann im Kreisverband, bezeichnet Lenders' Vorwürfe als "ungerechtfertigt". "Mir ist nicht bekannt, dass Herr Lenders sich bei mir gemeldet hätte und um die Möglichkeit gebeten hat, sich auf unserer Ortsversammlung vorzustellen", sagt Warnholz. Dieses Recht hätte man ihm selbstverständlich nicht verwehrt. Zudem habe der Ortsverband keinen Kandidaten eingeladen. Schira, so Warnholz, habe er in seiner Funktion als Kreisvorsitzender zur Veranstaltung in die Aula der Stadtteilschule Oldenfelde gebeten.

Jürgen Klimke, das erklärte der Bundestagsabgeordnete selbst auf Nachfrage, war ebenfalls nicht zu der Rahlstedter Versammlung eingeladen worden. Er habe von dem Termin erfahren und sei einfach hingegangen, so Klimke. "Hätte ich wie er von der Veranstaltung Kenntnis bekommen, wäre ich natürlich dorthin gekommen", sagt Joachim Lenders. Durch sein Fehlen sei der Eindruck entstanden, er kandidiere womöglich nicht mehr für ein Bundestagsmandat. "Das ist nicht der Fall. Ich halte an meiner Bewerbung fest."

Klimke und Lenders kritisieren, dass es auf Kreisebene keine Möglichkeit für die Bundestagskandidaten gibt, sich den Mitgliedern vorzustellen. "Die Jenfelder CDU hatte vorgeschlagen, mehrere Hearing-Termine anzusetzen", sagte Klimke. "Das ist auf Empfehlung des Kreisvorsitzenden abgelehnt worden." Kreischef Schira allerdings verweist darauf, dass die Argumente gegen das Hearing von der Bürgerschaftsabgeordneten Friederike Föcking gekommen seien. Er selbst habe sich bei der Abstimmung über die Hearings enthalten. Die Aussprachen seien "mit überwältigender Mehrheit" abgelehnt worden. Klimke hatte darauf die Vorsitzenden der acht Ortsverbände mit dem Vorschlag angeschrieben, in ihrem Bereich zu Hearings einzuladen. Klimke: "Darauf gab es keine Reaktion." Das sei schon ein komisches Gesamtverfahren. "Dass das so perfide abläuft, hätte ich nicht gedacht", sagt Lenders.

Ganz anders verfährt der CDU-Kreisverband Nord, wo es mit dem Bundestagsabgeordneten Dirk Fischer und der Rechtsanwältin Petra Raßfeld-Wilske zwei Bewerber um die Direktkandidatur gibt. Im Wahlkreis Nord, zu dem auch der Bereich Alstertal gehört, soll es am 4. Februar ein Hearing geben, bevor die im Wahlkreis wohnenden CDU-Mitglieder am 7. Februar basisdemokratisch den Direktkandidaten bestimmen.

Der CDU-Landeschef und Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg hatte der Partei bereits empfohlen: "Ich appelliere an alle Kreisverbände, ein möglichst offenes und transparentes Verfahren durchzuführen." Weinberg wurde von drei Ortsverbänden wieder als Direktkandidat für den Wahlkreis Altona/Elbvororte nominiert.