Die DVD-Reihe “Hamburg damals“ bietet Kurioses und Wissenswertes von 1945 bis 1995

Hamburg. Der Winter 1946 war so kalt, dass die Böden auf den Friedhöfen für Beerdigungen aufgesprengt werden mussten. Elefanten wurden zur Trümmerbeseitigung eingesetzt, und auf dem Dom drehten sich nur ein paar Karussells - nicht auf dem Heiligengeistfeld, sondern am Dammtor. Im Hafen lagerten mehr als 90.000 Glocken, die im Krieg wegen ihres Metalls in ganz Deutschland einkassiert worden waren, und die Straßen wirkten wegen der wenigen Autos geradezu riesig.

Szenen wie diese sind eingefangen in der Reihe "Hamburg damals", die vom NDR produziert wurde und jetzt in Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt als komplette Edition erhältlich ist. Die sechs DVDs der Abendblatt-Mediathek bieten für 49,95 Euro faszinierende Aufnahmen aus 50 Jahren Stadtgeschichte - von 1945 bis 1995.

Wer weiß denn schon, dass die wenigen professionellen Hamburger Drehorgelspieler regelmäßig vor einem Polizeimusikmeister antreten mussten oder dass in Iserbrook 1949 der erste Schulneubau Deutschlands nach dem Krieg eingeweiht wurde. Das Esplanade-Kino mit seinem herrlichen Barocksaal, das Onkel Pö, die Ernst-Merck-Halle - längst verschwunden. Franz Beckenbauer wurde 1980 für den HSV verpflichtet, Monika Seles 1993 am Rothenbaum von einem Attentäter niedergestochen. Schon vergessen?

Auch manche etwas angestaubt wirkenden pathetisch-trutschigen Beiträge sind Zeitdokumente, zum Beispiel die Einblicke ins Privatleben eines Polizeichefs - inklusive Mittagsschläfchen. Die Internorga präsentierte Hightech anno 1961, darunter eine tragbare Umkleidekabine für den Strand oder eine blitzschnelle Brotstreichmaschine. Ein ADAC-Experte warnte Anfang der 1970er-Jahre weitschweifig vor den Gefahren von Maxikleidern beim Autofahren, und die Hare-Krishna-Sekte residierte "wegen der günstigen Miete" im "Arbeiterstadtteil" Eimsbüttel. Besonders interessant sind die ausführlichen Stadtteilreportagen, für die immer wieder ganze Straßenzüge vor der Sanierung (sprich: dem Abbruch) gefilmt worden waren. Da sind sie dann plötzlich wieder zu sehen: das idyllische Altenwerder, das neu erbaute Zentrum von Billstedt oder verwinkelte Ecken in Altona-Altstadt und der Hafenstraße. In der Neustadt verschwanden der Fürstenplatz und die Bordellgasse Ulricusstraße, während in Ottensen die Zeise-Fabrik noch auf Hochtouren produzierte. Längst abgeräumt auch das alte Viertel Neuhof im Schatten der Köhlbrandbrücke.

Eine Stadt im ständigen Wandel. Seit den frühen 1980er-Jahren gab es in Hamburg jede Menge Demos, die heute oft wie Rituale wirken - mal gegen den Schulentwicklungsplan, mal gegen den Nato-Doppelbeschluss oder das Kernkraftwerk Brokdorf. Ein Tiefpunkt in der Stadtgeschichte waren sicherlich die ständigen Krawalle in den späten 80er- und frühen 90er-Jahren. Zum Glück gab es - und auch das zeigen die Filme - stets auch die anderen Hamburger - nämlich die gelassenen Bürger.

Die DVD-Edition ist erhältlich im Handel oder beim Hamburger Abendblatt unter: www.abendblatt.de/shop Telefon: 040/347-265 66 oder unter Brieffach 2181, 20350 Hamburg