Grüne kritisieren Jeremies Betreuung. Trotz der hohen Kosten sei der Elfjährige nicht ausreichend pädagogisch betreut worden.

Hamburg. Im Fall des immer noch verschwundenen Jungen Jeremie bemängeln die Grünen die Art der Betreuung des Elfjährigen. "Die Unterbringung in einem Zirkus hat rund 7400 Euro im Monat gekostet", sagt deren jugendpolitische Sprecherin Christiane Blömeke. "Dafür darf man eine enge pädagogische Versorgung erwarten. Die hat es offenbar nicht gegeben."

Wie berichtet, war Jeremie vor knapp zwei Wochen aus einem Wanderzirkus in Mecklenburg-Vorpommern verschwunden. Der Junge aus Billstedt war im Alter von neun Jahren aus der Familie genommen und im Rahmen eines Erziehungsprojekts bei den Betreibern des Zirkus Monaco untergebracht worden. Das Jugendamt Mitte hatte, nachdem eine Betreuung im Heim sich als nicht möglich erwies, das "individualpädagogische Angebot" des diakonischen Jugendhilfe-Trägers Neukirchener Erziehungsverein wahrgenommen. Der Verein organisiert langfristige Unterbringungen auf Bauern- und Ponyhöfen, im Zirkus und sogar bei reisenden Stunt-Shows. Schulunterricht erhalten die Problemkinder nur via Computer.

"Es ist unbestritten, dass der Junge kein einfacher Fall für das Jugendamt ist. Es gibt hier aber so viele Ungereimtheiten, das jetzt alle Punkte auf den Tisch müssen", sagt Blömeke weiter. Dabei kritisiert sie nicht, dass Kinder intensivpädagogisch betreut werden. Auch die Kosten in Höhe von 7400 Euro im Monat seien nicht grundsätzlich zu kritisieren. "Aber es stellt sich die Frage, ob Betreuungskonzepte ohne engmaschige pädagogische Betreuung sinnvoll und angesichts der Kosten vertretbar sind", so Blömeke weiter. Laut einer Senatsantwort auf eine Anfrage von Blömeke habe die Zirkusmutter keine pädagogische Ausbildung. Außerdem habe die Mitarbeiterin des Jugendhilfeträgers, die Jeremie maßgeblich betreut hat, nur alle zwei Wochen den Jungen besucht. "Das ist völlig unverständlich und hat mit intensivpädagogischer Betreuung nichts zu tun", sagt Blömeke. Sie bemängelt weiter, dass der Amtsvormund den Elfjährigen lediglich fünfmal in den vergangenen zwei Jahren besucht habe. "Das ist zu wenig. Seit Juni 2011 schreibt ein neues Bundesgesetz einen persönlichen Kontakt zwischen Mündel und Vormund einmal monatlich vor."

Dabei gehe es nicht nur um den Einzelfall, macht Blömeke deutlich. Die Aufarbeitung bei Jeremie habe gezeigt, dass mehrere Einrichtungen den verhaltensauffälligen Jungen abgewiesen hatten, bevor er in den Zirkus kam. "Es muss geklärt werden, warum Träger aus Hamburg die Betreuung einiger schwieriger Kinder ablehnen." Mit ihrer Anfrage an den Senat haben die Grünen außerdem ermittelt, dass zwölf weitere Kinder und Jugendliche über denselben Jugendhilfeverein wie Jeremie untergebracht sind. Darunter befinden sich laut Senatsantwort auch die Wanderzirkusse Pfiffikus, Aron, Aladin und Martinelli.

Mindestens einer der Jugendlichen ist bei den Gebrüdern Korth aus dem niedersächsischen Boffzen. Der Familienbetrieb verdient sein Geld - ausweislich seiner Internetseite - mit Stunt- und Monstertruck-Shows. "Es stellt sich die Frage, was dieses Unternehmen qualifiziert, Kinder oder Jugendliche zu betreuen, und welche pädagogischen Maßnahmen hier zum Einsatz kommen", so Blömeke. "Ich kann in einer Monstertruck-Show keine pädagogische Grundlage sehen."