Sozialbehörde gibt im Streit um höhere Budgets nach und zahlt Kita-Trägern fünf Millionen Euro für Lohn- und Preissteigerungen.

Hamburg. Für Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) ist es eine Niederlage - Kita-Kinder und ihre Eltern können sich freuen: Die Sozialbehörde muss die vertraglich zugesicherte Steigerung des Budgets der Kita-Träger für 2012 zahlen. Es geht um ein Etatplus von 2,1 Prozent zum Ausgleich von Preis- und Tarifsteigerungen - insgesamt rund fünf Millionen Euro.

Im September hatte Scheele bei einem Treffen mit den Kita-Trägern - unter anderem den Wohlfahrtsverbänden - erklärt, angesichts der angespannten Haushaltslage die Steigerungsrate in der vorgesehenen Höhe nicht zahlen zu wollen. Der Senator war stattdessen lediglich bereit, die generell vom SPD-Senat vorgegebene Ausgabensteigerung in Höhe von 0,88 Prozent zu gewähren.

Das Problem: Im Landesrahmenvertrag über die Kita-Betreuung, den die Kita-Träger im August 2009 mit dem schwarz-grünen Vorgängersenat geschlossen hatten, war eine automatische Budgetsteigerung vereinbart worden, die sich an bundesweiten Preisindizes orientiert. Und für 2012 ergibt sich daraus ein Wert von 2,1 Prozent.

Für besonderen Ärger in den Kindertagesstätten sorgte die Anregung aus der Behörde, man könne beim Kita-Essen sparen, um die Differenz auszugleichen. Der Vorschlag lautete, pro Essen und Tag statt 4,50 nur 3,50 Euro auszugeben. "Mit 3,50 Euro kann keine Kita mehr selbst kochen. Dann wären die Kinder auf Catering angewiesen", sagte Claudia Wackendorff, die Sprecherin des Landeselternausschusses (LEA), damals. Die CDU sprach von "Wahlbetrug" der SPD. "Die SPD hat nie darauf hingewiesen, dass sich die Abschaffung des Elterngeldes auf die Qualität des Kita-Essens auswirken würde", sagte CDU-Politiker Christoph de Vries.

Die Kita-Träger riefen daraufhin die Schiedsstelle an, die für solche Fälle eingerichtet ist. Die Meinungsbildung des Vorsitzenden Richters bei der gestrigen Erörterung verlief so eindeutig, dass sich die Behörde veranlasst sah, den Schiedsspruch nicht abzuwarten, sondern der Forderung nach Erfüllung des Landesrahmenvertrags auch so nachzukommen. "Das hätten wir auch gleich haben können", sagte Joachim Speicher, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. "Der Vertrag ist eindeutig. Der Automatismus der Steigerungsraten gilt."

Die Reaktion der Sozialbehörde fiel verhaltener aus. "Wir akzeptieren, dass die Steigerungsrate jetzt so feststeht", sagte Behördensprecherin Nicole Serocka. Mit dem Plus von 2,1 Prozent sei das Kita-System gegenüber anderen öffentlich finanzierten Bereichen "privilegiert". Die Hochschulen und Kultureinrichtungen müssten sich mit einer Steigerung ihrer Etats von 0,88 Prozent zufrieden geben. Das Plus von 2,1 Prozent gilt nicht nur für Kindertagesstätten, sondern auch für das jetzt gestartete Projekt Ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen (GBS).

Nach Angaben von Speicher erklärten sich die Träger bereit, mit der Sozialbehörde in den kommenden Jahren über die Höhe der dann zu zahlenden Steigerungsrate zu sprechen. Das betrifft zunächst den Doppelhaushalt 2013/14. Zwar gilt der Landesrahmenvertrag mit dem darin festgelegten Automatismus der Teuerungsrate bis 2015. "Aber vor dem Hintergrund der Haushaltslage werden wir mit der Behörde sprechen", sagte Speicher.

"Wir freuen uns, dass die vereinbarte Steigerungsrate für 2012 bestätigt worden ist", sagte LEA-Sprecherin Wackendorff. "Somit sind die Kita-Träger nicht gezwungen, an der Qualität zu sparen." Wackendorff kündigte an, der LEA werde die Verhandlungen zwischen Behörde und Kita-Trägern in den kommenden Jahren genau verfolgen. "Unser Interesse ist es, die Qualität der Kitas nicht nur zu halten, sondern zu verbessern", sagte Wackendorff. Lohnsteigerungen dürften nicht zulasten der Kita-Träger gehen, sondern müssten auch weiterhin von der Stadt gegenfinanziert werden.

Senator Scheele kommt der Sozialetat deutlich teurer als erwartet: Wegen einer Panne bei der Berechnung der Zahl Hamburger Kita-Kinder musste der SPD-Politiker bereits um einen Nachschlag von rund 50 Millionen Euro für 2013 und 2014 bitten.