Vor 70 Jahren wurde Helmuth Hübener hingerichtet - weil er Flugblätter gegen Hitler verteilt hatte. Er wurde nur 17 Jahre alt.

Barmbek-Süd. Die Hände auf dem Rücken gefesselt, mit entblößtem Oberkörper wurde der Jugendliche vor das Fallbeil geführt. "Er war ruhig und gefasst", heißt es im Bericht des Ersten Staatsanwalts. Dann, etwa um 20.13 Uhr am 27. Oktober 1942, vollstreckte der Scharfrichter in Berlin-Plötzensee das Todesurteil an dem Hamburger Helmuth Hübener. Gerade 17 Jahre alt war der Lehrling der Sozialbehörde, der jüngste deutsche Widerstandskämpfer, der während der Nazi-Herrschaft hingerichtet wurde.

Mit drei Freunden hatte Hübener britische Rundfunknachrichten abgehört und in Hammerbrook Flugblätter verteilt, in denen die vier Hitler Volksverhetzung vorwarfen und vor den Folgen des Krieges warnten. 70 Jahre nach der Vollstreckung des Todesurteils erinnerte gestern die Sozialbehörde gemeinsam mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes in einer Gedenkstunde an ihren jungen, früheren Mitarbeiter. "Wir wollen dazu beitragen, dass dieser außergewöhnliche junge Mann nicht in Vergessenheit gerät", sagte Sozialsenator Detlef Scheele. Ein solcher Mensch verdiene einen Platz in der deutschen Geschichte.

Dabei war Helmuth Hübener eigentlich ein relativ normaler Hamburger Junge, der zunächst sogar wie so viele der Hitlerjugend beigetreten war: Er wird am 8. Januar 1925 geboren und wächst in einer Arbeiterfamilie auf. Wie die Mutter und Großmutter gehört er der Glaubensgemeinschaft der Mormonen an. Das Hetzen gegen Juden lässt ihn schon mit 16 Jahren zweifeln, beschreibt Hübener-Biograf Ulrich Sander den Beginn des Widerstands. Hübener kann sich 1941, schon als Verwaltungslehrling, ein Radio besorgen, um deutschsprachige Sendungen der BBC zu hören. Die Infos daraus stellt er in Kontrast zu den offiziellen deutschen Verlautbarungen über das Kriegsgeschehen. In den Hausfluren Hammerbrooks verteilen die vier Jugendlichen dann Flugblätter. Zunächst sind die Schriften eher kurz: "Nieder mit Hitler", heißt es da. Später informieren die vier Hamburger Jugendlichen über die vielen zivilen Opfer der deutschen Luftwaffe - etwa in Rotterdam oder Warschau. Als der junge Verwaltungslehrling im Februar 1942 einem Kollegen von der gefährlichen Flugblattverteilung erzählt, wird er von seinem Vorgesetzten beobachtet und denunziert. Die Gestapo verhaftet die vier, verhört sie brutal - weil man erwachsene Hintermänner vermutet. Am 11. August fällt der Volkgerichtshof in Berlin sein Urteil. Die Freunde werden zu langen Haftstrafen verurteilt, Hübener zum Tode. Sein gnadenloser Richter wird nach dem Krieg nie zur Rechenschaft gezogen, sein Vorgesetzter, der ihm an die Gestapo verraten hat, wird in den 1950er-Jahren freigesprochen.

Heute erinnert unter anderem die Helmuth-Hübener-Stadtteilschule in Barmbek-Nord an den jungen Hamburger. Helmuth Hübener sei für die Schüler heute ein großes Vorbild, weil er sich so "mutig und konsequent gegen Unrecht gewehrt hat", sagte die Schülerin Ashley Dandzo während der Gedenkveranstaltung.