Neue Räume hinter denkmalgeschützter Fassade: Anwohner sollen bei der Nutzung der Rindermarkthalle mitreden. Am Wochenende war Tag der offenen Tür

St. Pauli. Holger Kraus, Kinobetreiber im Schanzenviertel, sucht einen größeren Vorführraum. Er war einer der rund 200 Interessierten, die am Sonnabend zum Tag der offenen Tür in die Rindermarkthalle am Neuen Pferdemarkt kamen. Die Handelsgesellschaft Edeka, Generalmieter des 14 000 Quadratmeter großen Gebäudes mit der denkmalgeschützten Nordfassade, hatte zu der Veranstaltung eingeladen. Nachdem im Stadtteil massive Kritik an der mangelnden Bürgerbeteiligung bei den Planungen geäußert worden war, will man die Anwohner jetzt bei der weiteren Entwicklung des Nutzungskonzepts mitreden lassen.

Die Planung für das Erdgeschoss steht allerdings fest: Hier ziehen Edeka, Budni, Aldi, Gastronomie und ein Markt nach südeuropäischem Vorbild ein. Für die kleinen Büros und Ateliers, die im Obergeschoss entstehen, können sich noch Stadtteilinitiativen, Künstler oder Existenzgründer bewerben. Außerdem ist hier eine Kita geplant - daher waren unter den Besuchern neben vielen Kreativen auch werdende Eltern.

"Das Interesse an den Flächen im Obergeschoss ist enorm", sagt Peter Maßmann. Der Immobilienentwickler wurde von Edeka nicht nur mit der Vermietung beauftragt, sondern soll auch den Dialog mit den Bürgern führen - unter anderem im Internet unter www.rindermarkthalle-stpauli.de .

Offenbar mit Erfolg: Edeka-Architekt Thilo Wierzock, der die Besucher durch das Gebäude führte, sah sich nach eigenem Bekunden "kaum mit böswilliger Kritik, sondern vielmehr mit sachorientiertem Interesse" konfrontiert.

Von der einstigen Imposanz der Halle, deren Nordfassade immerhin 155 Meter lang ist und deren Höhe früher 12,50 Meter betrug, ist im Inneren kaum noch etwas zu bemerken. Heute sind die Decken niedrig und werden von zahlreichen Säulen getragen. "Das liegt an den Parkdecks, die nachträglich eingezogen wurden", erklärt Wierzock. Früher wurde die gesamte Hallenkonstruktion von nur vier dicken Säulen getragen. "Zur Eröffnung dieses spannenden Ingenieurbaus kam 1951 sogar Bundeskanzler Adenauer", sagt Wierzock. Die Besucher sind beeindruckt.

Weiter geht die Führung durch eines der vier Treppenhäuser nach oben. Ein kurzer Blick in die ehemalige Hausmeisterwohnung im Zwischengeschoss, dann geht es weiter in die Räume im Obergeschoss, die gleich einer (geschlossenen) Galerie am äußeren Gebäuderand liegen. Hier befinden sich auch die Technikräume mit ihren teils vorsintflutlich anmutenden Einrichtungen: einem riesigen Notstromaggregat von 1972 ("Für die Sprinkleranlage. Lassen wir sanieren", sagt Wierzock), einem mächtigen Druckbehälter und der zentralen Lüftungsanlage. In dem Raum mit der Fernwärme-Übergabestation fangen die Augen von Holger Kraus an zu leuchten. Er besitzt eine Empore und einen direkten Zugang zum Treppenhaus. "Perfekte Bedingungen für einen Vorführraum", sagt Kraus.

Letzte Station der Führung ist das Parkdeck unter dem markanten Dach mit seinen sägezahnartig angeordneten Glasaufbauten - eigentlich der schönste Platz in der Halle. Ein Abriss der Stellfläche könnte zwar den Urzustand des Gebäudes wieder herstellen, ist allerdings aus wirtschaftlichen Gründen nicht machbar. Der Platz soll aber an den Wochenenden durch Antik- und Flohmärkte aufgewertet werden.