Hamburgs ehemaliger Bürgermeister rechtfertigt seine Wohnungspolitik

Hamburg. Experten rechnen mit dramatischen Mietpreissteigerungen im kommenden Jahr. Hamburg könnte nach Einschätzung des Mietervereins München als teuerste Stadt zum Wohnen schon bald ablösen. Bericht und Kommentar des Abendblatts zu diesem Thema riefen die Politik auf den Plan.

Der Grünen-Wohnungsbauexperte Olaf Duge forderte den SPD-Senat auf, sofort gegenzusteuern. So könnten soziale Erhaltensverordnungen beschleunigt umgesetzt und Spekulationsgewinne bei der Bauplanung durch die Stadt abgeschöpft werden. Altbürgermeister Ole von Beust (CDU) setzt sich in erster Linie mit dem Kommentar von Abendblatt-Reporter Alexander Schuller auseinander. Wir drucken den Leserbrief von Beusts in voller Länge ab:

"Natürlich ist es sinnvoll, schon aufgrund der steigenden Nachfrage, in Hamburg mehr Wohnungen zu bauen. Der Kommentar macht die Vorgängersenate für zu geringen Wohnungsbau verantwortlich. Das ist, freundlich ausgedrückt, recht oberflächlich:

1. Nicht in Ordnung ist es, die Zahl der politisch gewollten Neubauten mit den tatsächlichen der Vergangenheit zu vergleichen. Vergleichende Bilanz sollte man nach vier Jahren ziehen. Wenn es bei Neubauten "hakt", dann weniger aus politischen Gründen, sondern eher wegen des komplizierten Planungsrechts und wachsender Bürgerbeteiligung, die meist gegen Neubau gerichtet ist.

2. Richtig ist, dass die Saga/GWG in den Jahren 2001 bis 2005 sich vor allem auf die Instandhaltung des Bestandes und die sogenannte Wohnumfeldverbesserung konzentriert hat. Das war auch richtig: Viele Wohnungen wurden aufgrund ihres katastrophalen Zustandes in Ordnung gebracht - im Interesse der Mieter. Ich erinnere mich gut an zum Teil schlimme Zustände von Wohnungen, zum Beispiel in Osdorf. Auch das Wohnumfeld wurde erheblich verbessert: Hausmeisterlogen, Pflege von Grünanlagen, Graffitibeseitigung etc. waren notwendig, um eine bessere Identifikation der Mieter mit ihrem Viertel zu erreichen - was auch oft gelang.

3. Hamburg litt an einem riesigen Rückstand bei der Ausweisung von Flächen für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen. Dieses hatte zunächst Priorität, um den Wegzug von Familien ins Umland zu stoppen, höhere Steuereinnahmen zu erreichen und Mietwohnungen frei zu machen.

4. Ich kenne, wie der Kommentarautor meint, keine öffentlichen Prestigebauten zulasten des Wohnungsbaus, es sei denn, er meint die Elbphilharmonie, in deren Baustelle das Hamburger Abendblatt so gerne seinen Neujahrsempfang 2010 ausgerichtet hat und deren Bau einstimmig von der Bürgerschaft beschlossen wurde. Zu Recht: Denn hier geht es nicht um Prestige, sondern um Kultur und ein notwendiges architektonisches Alleinstellungsmerkmal von Hamburg.

5. Wichtige Voraussetzungen für Wohnungsbau sind von den Vorgängersenaten auf den Weg gebracht worden: die neue Mitte Altonas, Wohnungsbau in Wilhelmsburg, die Unterstützung von Baugemeinschaften, die Vereinbarung mit den Wohnungsbaugenossenschaften."

Fazit des ehemaligen Ersten Bürgermeisters: "Es ist gut, wenn viel gebaut wird, aber bitte keine zu schlichte Schuldzuweisung."