Mehrere Tausend Hamburger demonstrieren gegen Steuerungerechtigkeit in der “Stadt der Millionäre“. Das Motto: “Umfairteilen“.

Hamburg. Ob nun 3500 Teilnehmer - wie die Polizei schätzte - oder 7000 Demonstranten, wie der Organisator Roman Denter verkündete: Den Passanten bot sich am Sonnabend in jedem Fall ein beeindruckendes Bild in der Hamburger Innenstadt. Symbolisch wurden mehrere Hundert Geldsäcke von Tausenden Unterstützern in einer Menschenkette von sieben verschiedenen Standorten von Banken und Versicherungen in der City bis zum Rathaus hindurchgereicht, um damit lautstark für mehr Steuergerechtigkeit zu demonstrieren. Unter dem Motto "Umfairteilen - Reichtum besteuern" konnten die Organisatoren des deutschlandweiten Bündnisses in rund 40 Städten schätzungsweise 40.000 Menschen mobilisieren, für ihr Anliegen auf die Straße zu gehen. Unterstützt wurde die Aktion auch in Hamburg von Sozialverbänden, Parteien und Gewerkschaften. Gefordert wurde vor allem eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Einführung einer Transaktionssteuer und höhere Steuern auf Unternehmensgewinne und Kapitalerträge.

Obwohl es während der Aktion zeitweilig stark regnete, versammelten sich nach der Auflösung der Menschenkette Tausende auf dem Rathausmarkt - ein "gigantischer Erfolg", wie es Roman Denter, Koordinator der Aktion in Hamburg, sichtlich überwältigt, am Sonnabend nannte. "Hamburg hat endlich für eine ,Umfairteilung' gesorgt." Ganz vorne mit dabei war zudem Uwe Grund, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Hamburg, der den Demonstrationszug am Ende zur Abschlusskundgebung zum Rathaus führte.

"Es ist ganz deutlich, dass wir in Hamburg genug Reichtum haben. In dieser Stadt leben Deutschlands meiste Millionäre. Das Geld ist nur falsch verteilt", sagte der Gewerkschaftschef. "Wichtig ist deshalb, dass wir die Steuergelder konsequent eintreiben und Schlupflöcher endlich stopfen." Sollte dies nicht geschehen, würde die soziale Spaltung weiter fortschreiten und zu einer Bildung zweier Ghettos in der Hansestadt führen - die "Luxus-Ghettos und Beton-Ghettos".

Es gab aber auch einen Redner, der die Veranstalter spaltete: Alexis Tsipras, der sozialistische griechische Oppositionsführer. Er rief auf dem Rathausmarkt zum gemeinsamen Kampf gegen die Sparpolitik in Europa aus. Die mitveranstaltenden Hamburger Grünen waren der Rede Tsipras aus Protest gegen seine europakritische Haltung ferngeblieben. Bereits im Vorwege hatten sich der Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan und die Hamburger Grünen-Chefin Katharina Fegebank, beide beim Aktionstag vor Ort, distanziert. "Wir Grüne sind überzeugt, dass eine stärkere Umverteilung von privatem Reichtum wichtig ist, um gesellschaftliche Gerechtigkeit wieder herzustellen", so die Grünen. "Wir wollen, dass die Einnahmeseite gestärkt wird, deshalb sind wir bei umfairteilen dabei."

Doch nicht nur Demonstranten aus der Hansestadt Hamburg kamen, um die Menschenkette zu bilden. Die beiden Brüder und Studenten Siri, 22 und Gunnar, 19, waren aus Kiel angereist, um die Aktion in der Hansestadt zu unterstützen. Mit Spruchbändern waren sie zur Kundgebung vor die Handelskammer gekommen. "Im Vergleich zur Jugend in Spanien und Griechenland haben wir es hier in Deutschland sehr gut", räumte der Politikstudent ein. "Aber auch hier könnte es den Menschen wesentlich besser gehen, wenn eine gerechtere Verteilung stattfinden würde." Franziska Hildebrand aus dem AStA-Vorstand der Universität Hamburg forderte die Menge auf, gegen den "Mythos der Alternativlosigkeit" im Bezug auf die Sparmaßnahmen des Hamburger Senats anzugehen und für mehr Gerechtigkeit zu kämpfen. "Die Schuldenbremse ist ungerechtfertigt", so die Studierende, "hier findet nur wieder einmal die Umverteilung von unten nach oben statt."

Doch nicht nur für Steuergerechtigkeit, sondern auch gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit demonstrierte die Anwohnerinitiative "Eilbek Bunt" am Sonnabend. Am 2. Juni war es während eines Nazi-Aufmarsches auf der Kreuzung Pappelallee/Hammer Straße/Bärenallee zu Ausschreitungen gekommen. "Wir holen uns unsere Straße und unseren Stadtteil zurück", sagte Ulrike Dorfmüller von der Initiative und kehrte die Kreuzung symbolisch mit dem "Eilbeker Bunten Besen". Wandsbeks Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD) hatte die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen. "Wir wollen alle friedlich in einer bunten Gesellschaft zusammenleben", betonte er.