Allein 10.000 Besucher kommen am Tag des offenen Denkmals ins Rathaus. Aktion bietet Einblicke in mehr als 100 historische Bauwerke.

Hamburg. Für den kleinen Finn aus Verden war die Sache schnell klar, als er einen Blick in den prächtigen Saal warf: getäfelte Wände, schwere, mächtige Holzstühle - "hier wird doch gepokert", sagte der Neunjährige am Sonnabend zur Freude der Umstehenden bei einem Rundgang durchs Hamburger Rathaus. Schließlich hatte er nicht völlig unrecht damit: In der "Ratsstube" tagt jeden Dienstag der Hamburger Senat hinter fest verschlossenen Türen.

Am Sonnabend aber konnten auch Besucher hineinschauen - ebenso wie in die vielen Säle, Gänge und Sitzungsräume des gut 120 Jahre alten Hauses. Die Hamburgische Bürgerschaft hatte zum Tag der offenen Tür eingeladen. Eine Veranstaltung im Rahmen des Tages des offenen Denkmals, die in diesem Jahr nach offiziellen Angaben gut 10 000 Besucher in die Schaltzentrale der Hamburger Politik geführt hatte. Bundesweit wurden 4,5 Millionen Besucher gezählt. Im Foyer des Rathauses präsentierten sich die Fraktionen, es gab Gummibären und Flugblätter. Im Plenarsaal nahmen Besucher auf den Abgeordnetenstühlen Platz und diskutierten mit Vertretern der Parteien.

Spannender dürfte aber für die meisten Besucher der Rundgang durch sonst kaum zugängliche Säle gewesen sein. Etwa in den Kaisersaal mit seinem mächtigen Kronleuchter - hier hatte 1895 der Kaiser gespeist, als er zur Eröffnung des Nord-Ostsee-Kanals in den Norden gereist war. Gemälde im XXL-Format aus der Hamburger Geschichte und von hanseatischen Senatoren schmücken solche Räume oder auch verspielte Holzschnitzereien wie im Waisenzimmer: 80 Waisenkinder im Alter von acht bis 14 Jahren hatten die Arbeiten erstellt und damals so eine Ausbildung bekommen. Mancher Besucher war sehr überrascht von der prächtigen Innengestaltung des Gebäudes, das auf einer Grundfläche von knapp 8000 Quadratmetern errichtet wurde. "Ich bin total überwältigt von dem Prunk und fasziniert", meinte etwa der Jurastudent Martin Ackermann, 25, aus Halle, der Freunde in Hamburg besucht hatte.

Fasziniert dürften etliche Tausend Besucher aber auch von anderen historischen Bauwerken in der Stadt gewesen. Mehr als 100 Häuser, Gewölbe und auch Gewerbebauten waren am Sonnabend und Sonntag in Hamburg zugänglich. Deutschlandweit waren es sogar mehr als 8000. In Hamburg boten Institutionen und Vereine auch Führungen an. So etwa der Verein Unter Hamburg, der sich den unterirdischen Bauwerken verschrieben hat.

Auf St. Pauli ging es dazu in den sogenannten Pesthofkeller an der Clemens-Schultz-Straße - ein ehemaliger Eiskeller für Schweinehälften, der im 19. Jahrhundert auf einer uralten Krankenhausanlage, dem Pesthof, errichtet worden war. Gut 40 bis 50 Teilnehmer kamen dort jeweils zu Führungen zusammen. So wie an vielen Orten, wie das Abendblatt bei Stippvisiten festgestellt hatte. So hatte beispielsweise auch das symbolbefrachtete Logenhaus der Freimaurer nahe der Uni geöffnet und bot seltene Einblicke in das geheimnisumwitterte Innere. "Wir wollten neugierig machen", sagte Bruder Klaus Nothdorf. Was gelungen sein dürfte - wie bei anderen Denkmälern auch.