Hamburger Gymnasiasten sollen auch ihre Mitschüler fit fürs Internet machen. Begriffe wie Facebook oder Twitter sind noch nicht jedem geläufig.

Hamburg. Mailin war das erste Mal mit zehn Jahren in einer Community, also einer Netzgemeinschaft im Internet. Später hatte sie ein Profil bei SchülerVZ, jetzt ist sie bei Facebook registriert. "Ich mache ziemlich viel im Internet", sagt die Gymnasiastin der Sophie-Barat-Schule in Rotherbaum. Sie twittert und skypt außerdem. Ihr Smartphone ist immer dabei und nur in der Schule auf lautlos geschaltet.

Mailin und ihre vier Mitschüler Leon, Julius, Paul und Leopold sind Medienscouts an ihrer Schule. Begriffe wie Facebook, Twitter oder Community aus der digitalen Welt, die für sie selbstverständlich sind, sind aber noch nicht jedem geläufig. Und beim Thema Datenschutz kennt sich kaum jemand aus. Für den Umgang mit Neuen Medien und sozialen Netzwerken machen Hamburgs Schulen ihre Schüler daher zunehmend fit. In einem Pilotprojekt werden seit vergangenem Jahr Schüler zu Medienscouts fortgebildet. Die Idee: Sie sollen Gleichaltrigen unterstützend zur Seite stehen. Insgesamt 61 solcher Berater verhelfen inzwischen an 13 Schulen ihren Mitschülern - und auch den Lehrern - zu mehr Medienkompetenz.

+++ Die wichtigsten Begriffe rund ums Internet +++

+++ Schüler leiden unter Mobbing im Netz +++

Als Medienscouts sind die fünf Gymnasiasten nun seit Beginn dieses Schuljahres Ansprechpartner in Sachen Neue Medien. Kurz vor den Sommerferien hatten sie, alle 14 Jahre alt, ihre letzte von sechs Fortbildungseinheiten. Während der Ausbildung, die in Zusammenarbeit mit der Landesmedien-anstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, dem Sender Tide und dem Landesinstitut für Lehrerfortbildung stattfand, haben die Schüler ihre Kenntnisse in Bereichen wie "soziale Netzwerke" noch einmal vertieft. Nun sollen sie sie weitergeben. Die Schule hat eigens eine Unterrichtseinheit für die fünfte und sechste Jahrgangsstufe sowie für die Lehrer entwickelt. Sogar ein eigenes Büro haben die Medienscouts. Das Engagement ist freiwillig. "Ich habe einfach Spaß daran, viel zu reden und anderen etwas beizubringen", sagt Leon Langner.

Lehrer Raimund Kruse, zuständig für die Medienscouts an der Sophie-Barat-Schule, holt sich bei den 14-Jährigen Rat, wie er ehemalige Schüler am leichtesten kontaktieren kann. "Ich merke, dass unsere Ehemaligen besser vernetzt sind als ich ahnte. Ich versuche das zu nutzen", sagt er. Er möchte die Ehemaligen in die Schule einladen, damit sie über ihre Berufe informieren. Aber wie geht das am besten? Über Facebook oder per E-Mail?

Während der Pädagoge mit seinen 51 Jahren der fortlaufenden Veränderung in der digitalen Welt das ein oder andere Mal etwas hinterherhängt, ist für die Medienscouts vieles selbstverständlich. Als "digital natives" - wortwörtlich übersetzt: digitale Eingeborene - sind sie mit Computern, Internet und Mobiltelefonen aufgewachsen.

"Auch Cybermobbing ist bei uns ein Thema", sagt Leon Arthur Gottwald, Leiter des Referats Medien und Wettbewerbe der Schulbehörde. "Es ist kaum möglich, sich zu schützen. Umso wichtiger ist es, präventiv zu arbeiten und über die Folgen aufzuklären. Einmal auf 'absenden' zu drücken kann mehr Unheil anrichten, als sich die Person am Computer vielleicht vorstellen kann."

Die jungen Mediennutzer durch Gleichaltrige aufzuklären ist bewusste Strategie. Arthur Gottwald: "Gleichaltrige können das gut vermitteln. Sie sind viel näher dran an der Sprache und dem Freizeitverhalten." Auf eine zunehmend digitalisierte Gesellschaft müssten Schüler vorbereitet werden. "Zu dieser Gesellschaft gehört eben nicht mehr nur, rechnen und lesen zu lernen. Schüler müssen lernen, sich in der digitalen Welt richtig zu verhalten."

Das ist der Grund, warum sich neben der Sophie-Barat-Schule auch noch weitere Schulen wie etwa das Charlotte-Paulsen-Gymnasium, die Ida-Ehre-Schule oder die Heinrich-Hertz-Schule an dem Projekt beteiligen. Lehrer Raimund Kruse: "Die Eltern waren sehr verunsichert, wie sie sich im Umgang mit den Neuen Medien verhalten sollen. Die Schule hat es in die Hand genommen. Wir wollen das Elternhaus nicht ersetzen, aber eine Hilfestellung geben."

Da das Projekt Geld kostet, ist noch nicht sicher, wie es weitergeht. 48 000 Euro hat die Ausbildung der Medienscouts insgesamt bislang gekostet. Eine Auswertung ist für die kommenden Wochen vorgesehen.

Leon war vor einem Jahr eine Woche im Kloster, ohne Handy, ohne Internetzugang. "Das war wie ein Entzug. Über die einzige Zeitung, die es gab, habe ich mich sehr gefreut", sagt er. Sich schnell einzuloggen und mit Freunden zu chatten sei eben schneller und einfacher, als sie anzurufen oder jeden Tag zu treffen. "Manchmal hält einen das aber auch ganz schön von den Hausaufgaben ab", sagt Mitschüler Julius.