“Lagerähnliche Zustände“: Grüne und Linke üben scharfe Kritik am Senat - Innensenator Michael Neumann beruft sich auf die Gesetzeslage.

Hamburg. Es fielen Worte wie "Abschiebungstrupps" und "lagerähnliche Zustände", Abgeordneten wurden Befangenheit und einseitige Kampagnen vorgeworfen: Hochemotional ging es zu in der Aktuellen Stunde der gestrigen Sitzung in der Hamburgischen Bürgerschaft, als das von der Linksfraktion auf die Tagesordnung gesetzte Thema "Flüchtlingspolitik" diskutiert wurde. Unter dem Titel "Keine Abschiebung ins Elend! Statt abzuschotten, auszugrenzen, abzuschieben: Menschenrechte der Flüchtlinge achten!" kritisierte Christiane Schneider, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linke-Fraktion, eine unter dem SPD-Senat praktizierte "Politik der rigorosen Abschiebung", die sich lediglich "rücksichtslos" an die Gesetzeslage halten würde.

Schneider bezog sich dabei explizit auf Roma-Flüchtlinge, die aufgrund von Medienberichten in den vergangenen Wochen immer wieder in den Fokus gerückt worden waren. In einem konkreten Fall sollte eine siebenköpfige Familie in ihr Heimatland Mazedonien abgeschoben werden, wobei es zu einem Zwischenfall mit einer Mitarbeiterin der Ausländerbehörde gekommen sein soll (das Abendblatt berichtete). Mittlerweile ist die Familie getrennt, der Vater ist nach Skopje ausgeflogen worden

Genau dieses Vorgehen, das Betrachten von Einzelfällen, wurde in der Debatte von Kazim Abaci, dem Fachsprecher Integration der SPD-Fraktion, massiv kritisiert. Später wurde ihm von Antje Möller (GAL) aufgrund seiner Äußerungen Befangenheit vorgeworfen. "Die einseitigen Kampagnen, die die Linke und die GAL in den vergangenen Wochen medial inszeniert haben, sind unredlich", so Abaci. "Besonders der Vorwurf, die jetzige Ausländerpolitik in Hamburg sei wie zu Zeiten des Rechtspopulisten Schill, ist beschämend und schlichtweg falsch."

+++ Abschiebung nicht um jeden Preis +++

Genau wie später auch der Innensenator Michael Neumann (SPD) wies Abaci nachdrücklich darauf hin, dass sich die Hamburger Regierung schlicht nicht über Bundesgesetze hinwegsetzen könne, lediglich die Härtefallkommission könnte in gewissen Fällen abwägen. "Und das tut sie nicht leichtfertig." Die Verschwiegenheitspflicht der Mitglieder des Gremiums sei zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nötig. Besonders viele Zwischenrufe rief der Beitrag von Antje Möller (GAL) hervor, sodass Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) immer wieder für Ruhe sorgen musste.

Möllers Beschreibung der Zentralen Erstaufnahmestelle im mecklenburg-vorpommerischen Nostorf/Horst als "umzäuntes Gelände, das keinen Kontakt zu sozialen Strukturen" zulassen würde und sich in einem "lagerähnlichen Zustand" befinde, sorgte für Erregung und Empörung in den Sitzreihen des Parlaments. "Schön ist etwas anderes, aber die Einrichtung ist definitiv nicht menschenunwürdig - diese Beschreibung geht zu weit", machte Martin Schäfer (SPD) deutlich.

Unterstützt wurde er von Kai Voet van Vormizeele (CDU), der auf eine klar von der Bundesregierung vorgegebenen Rechtslage hinwies. "Wir dürfen uns nicht an Einzelfällen hochziehen, sondern müssen dabei helfen, die Probleme in den Ländern zu lösen, aus denen die Flüchtlinge kommen."

Innensenator Michael Neumann betonte in seinen Ausführungen, dass es sich bei einer Abschiebung zwar um einen "schweren Vollzug von Verwaltungsakten" handeln würde, aber der Rechtsstaat mit seinen Gesetzen sei der Maßstab.

"Das Bundesamt für Migration ist federführend. Unsere Ausländerbehörde hat lediglich den Auftrag auszuführen", so Neumann. "Deshalb ist es nicht richtig, diese Einrichtung an die Richtbank zu führen - und mit polemischen Aussagen meine Mitarbeiter den Schlagzeilen zu opfern."