Die Christdemokratin legt überraschend ihr Mandat nieder. Dahinter steckt offenbar eine Enttäuschung über partei-internen Umgang.

Hamburg. Es ist ein mittleres Beben im politischen Betrieb des Rathauses kurz nach der Sommerpause: Eine der profiliertesten Politikerinnen der CDU hat überraschend ihren Rücktritt erklärt. Viviane Spethmann, die rechtspolitische Sprecherin der Unions-Bürgerschaftsfraktion, legt ihr Abgeordnetenmandat zum 2. September nieder.

Es war eine ausgesprochen dürre Mitteilung, mit der die Fraktion den freiwilligen Abgang Spethmanns am Freitagnachmittag bekannt machte. Die Rechtspolitikerin lege ihr Mandat "aus persönlichen Gründen" nieder, hieß es lediglich. Ein Wort des Dankes von Fraktionschef Dietrich Wersich an die erfahrene Parlamentarierin: Fehlanzeige. Die 45 Jahre alte Spethmann will sich in Zukunft in der Tat verstärkt um ihre Familie und ihren Beruf als selbstständige Anwältin kümmern.

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Hinter dem abrupten Ende der politischen Karriere der Frau, die bis vor Kurzem zur engeren Führungsspitze der Landes-CDU gehörte, steht jedoch ihre tiefe Enttäuschung über den partei-internen Umgang mit ihr. Spethmann, bis vor wenigen Monaten stellvertretende CDU-Landeschefin, war im April von ihrem Heimatverband Winterhude nicht mehr als Parteitagsdelegierte aufgestellt worden. Hinter der von ihr wohl zu Recht als Abstrafung empfundenen Niederlage stand die innerparteiliche Auseinandersetzung um ein Ermittlungsverfahren gegen Ex-Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU). Ahlhaus, der wegen der gegen ihn gerichteten Vorwürfe nicht mehr als Chef der CDU Nord kandidiert hatte, aber nach wie vor einflussreich ist, soll Spethmann mangelnde Solidarität vorgeworfen haben.

Die CDU Winterhude wiederum ist der mit Abstand größte Ortsverband der CDU Nord, dem sowohl Spethmann als Ahlhaus angehören. Im zum Teil erbittert geführten Rennen um die Ahlhaus-Nachfolge als CDU-Nord-Vorsitzender hatte sich Fraktionschef Wersich gegen den Bürgerschaftsabgeordneten und Kulturpolitiker Andreas Wankum durchgesetzt, einem Vertrauten von Ex-Bürgermeister Ahlhaus.

Der Rücktritt Spethmanns, für die der langjährige Abgeordnete Wolfhard Ploog ins Parlament zurückkehren wird, verschärft das Frauenproblem der CDU. Gerade einmal vier der 28 Unions-Abgeordneten sind weiblich: Birgit Stöver, Friederike Föcking, Katharina Wolff und Karin Prien. Mit lediglich 14 Prozent hat die CDU die mit Abstand niedrigste Frauenquote der fünf Bürgerschaftsfraktionen.

Dass Frauen, die eigene Ansprüche anmelden und selbstbewusst auftreten, es in der CDU bisweilen schwerhaben, zeigt auch das Beispiel Karin Prien. Die Wirtschaftspolitikerin war zuletzt als stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes Altona/Elbvororte abgewählt worden. Sie wurde allerdings durch eine Frau, Josiana Kieser, abgelöst. Parteifreunde sollen Prien verübelt haben, dass sie unabgesprochen für den Landesvorsitz und im vergangenen Jahr für den stellvertretenden Fraktionsvorsitz kandidiert hatte. Dort unterlag sie knapp ausgerechnet Hans-Detlef Roock, dem Altonaer CDU-Kreisvorsitzenden.

Spethmann gilt als streitbare und fachlich kompetente Politikerin. Sie gehört der Bürgerschaft seit 1997 an und war von 2008 bis 2011 während der schwarz-grünen Koalition stellvertretende Fraktionschefin.

Für Dankesworte sorgte am Freitag der frühere Koalitionspartner GAL. Der Grünen-Rechtspolitiker Farid Müller sprach von einem "Verlust" für die Bürgerschaft. "Viviane Spethmann ist seit Jahren mit Expertise und Engagement für die Hamburger Justiz eingetreten", sagte Müller, der auch Vorsitzender des Justizausschusses ist. Zur Zeit des schwarz-grünen Bündnisses hätten Spethmann und er "für die großen justizpolitischen Themen immer um tragfähige Ergebnisse und gute Kompromisse gerungen".