Seit 2007 laufen die Gespräche zwischen Vertretern der Hamburger Muslime und dem Senat über einen Grundlagenvertrag.

Hamburg. "Wir sind beim dritten Bürgermeister und haben mehrere Regierungswechsel mitgemacht", sagt Norbert Müller. Jetzt aber sei man in der Endphase der Verhandlungen, gibt sich das Vorstandsmitglied der Schura, des Rats der islamischen Gemeinschaften, optimistisch. Das hatte er vor mehr als einem Jahr auch schon gesagt. Seit 2007 laufen die Gespräche zwischen Vertretern der Hamburger Muslime und dem Senat über einen Grundlagenvertrag, der islamischen Organisationen den Status von Religionsgemeinschaften zuerkennt - bundesweit ein Novum. In dem Vertragswerk, das je nach Standpunkt mal als Staatsvertrag oder auch als Vereinbarung bezeichnet wird, sollen die Rechte und Pflichten der Muslime eindeutig festgeschrieben werden, etwa beim Moscheebau oder auch bei der Visa-Erteilung für Imame.

Den Anstoß hatte der ehemalige Bürgermeister Ole von Beust (CDU) vor fünf Jahren gegeben. Damals war der Staatsvertrag mit den Kirchen gerade abgeschlossen, der mit der jüdischen Gemeinde stand kurz bevor. Die Initiative kam überraschend, auch für die eigene Partei. Trotzdem stimmten die Christdemokraten schließlich für die Aufnahme der Verhandlungen, die in der schwarz-grünen Regierungsphase zuletzt unter Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) an Fahrt gewannen.

Nach dem Bruch der schwarz-grünen Koalition stagnierten die Gespräche. Jetzt sitzt der SPD-Senat mit den muslimischen Unterhändlern, neben der Schura sind das die Türkisch-Islamische Gemeinde Ditib und der Verband Islamischer Kulturzentren, am Verhandlungstisch.

Federführend für die Stadt ist der Chef der Senatskanzlei, Staatsrat Christoph Krupp (SPD). "Wir sind auf einem guten Weg", sagt er auf Anfrage. Es fänden regelmäßige Treffen statt. Wichtige Voraussetzung für den Fortgang der Gespräche ist ein Gutachten des Erlanger Kirchenrechtlers, Professor Heinrich de Wall. Danach erfüllen die drei islamischen Verbände die Anforderungen an eine demokratisch organisierte Religionsgemeinschaft. Krupp sieht die Verhandlungen positiv. "Die Religionsfreiheit ist im Grundgesetz garantiert. Der Vertrag ist ein guter Weg, konkrete Regelungen zu finden."

Ein Knackpunkt dabei ist offenbar noch die Frage des Religionsunterrichts. Künftig sollen auch muslimische Lehrer mit einem entsprechenden Studium Hamburger Schüler im Fach Religion unterrichten dürfen. Für die islamischen Verbände, die nach eigenen Angaben die Mehrzahl der religiös aktiven Muslime in Hamburg vertreten, ist diese Reglung besonders wichtig. Auch eine Änderung des Feiertagsrechts mit dem Ziel, dass muslimische Schüler an ihren Festtagen schulfrei haben, wird beraten. Weniger strittig sind dagegen Themen wie der Bau von Moscheen. "Grundsätzlich ja", sagt Krupp. Im Vertrag müsse aber geregelt werden, dass die Gemeinden für die Finanzierung zuständig sind. Der Vorgängersenat hatte noch Hilfen zugesagt.

"Für uns hat der Vertrag hohe symbolische Bedeutung", sagt Ditib-Vertreter Zekeriya Altug. Mit der Vereinbarung würden Hamburger Muslime endlich mit ihrer gesamten Identität als Bürger dieses Landes akzeptiert. In der SPD-Fraktion gibt es laut Krupp keine grundsätzliche Kritik. Obwohl der Vertrag nicht von der Bürgerschaft verabschiedet werden muss, ist geplant, ihn ins Parlament einzubringen. "Aber", dämpft der Staatsrat die Hoffnungen der islamischen Verbände, "wir nehmen uns die Zeit, die wir brauchen." Das nächste Treffen ist im Januar geplant.