“Wagen Sie einen Neuanfang!“ Wersich fordert den Senat dazu auf, einen neuen Vertrag über Elbphilharmonie zu schließen.

Hamburg. Wenn es einen Bereich in der Politik gibt, in dem die Parteiinteressen traditionell zurücktreten, dann ist es die Kultur. Und so geizte CDU-Oppositionschef Dietrich Wersich, sonst auf scharfem Gegenkurs zum SPD-Senat, nicht mit Komplimenten für Kultursenatorin Barbara Kisseler (parteilos). "Mit Ihrem rheinischen Naturell sind Sie in Hamburg gut angekommen. Herzlichen Glückwunsch zu Ihrem gelungenen Start", sagte Wersich zum Auftakt der Debatte über den Kulturhaushalt in der Bürgerschaft.

Ein kleines Aber kam dann doch. "Nur bei der Elbphilharmonie haben Sie sich ein bisschen verrannt, Frau Senatorin", sagte der CDU-Fraktionschef. Kisselers bisweilen sehr konfrontativer Kurs gegen das Bauunternehmen Hochtief sei kontraproduktiv. "Dadurch sind die Arbeiten auf der Baustelle praktisch zum Erliegen gekommen."

Der CDU-Politiker legte ganz im Sinne fraktionsübergreifender Verständigung der Senatorin einen Drei-Punkte-Plan vor, um die Blockaden auf Hamburgs prominentester Baustelle zu lösen. Erstens solle der Vertrag mit dem Generalunternehmer Hochtief gekündigt und alle entstandenen Kosten abgerechnet werden. Zweitens solle ein neuer Vertrag nach dem Modell des "kooperativen Bauens" geschlossen werden. Drittens schlägt Wersich die Berufung eines externen Experten vor, der über mögliche Baumängel und deren Beseitigung entscheidet, um die Konflikte von vornherein zu minimieren.

"Geben Sie Ihren Konfrontationskurs auf, und wagen Sie einen Neuanfang", rief Wersich der Kultursenatorin zu. Doch die Antwort fiel relativ kühl aus. "Ich hoffe auf eine einvernehmliche Lösung und setze nicht auf Konfrontation. Aber ich bin notfalls auch in der Lage, in den Konflikt zu gehen", sagte Kisseler. Noch deutlicher wurde die SPD-Kulturpolitikerin Gabi Dobusch: "Wir sind der Ansicht, dass der konsequente und zum Teil konflikthafte Kurs der Senatorin gegenüber Hochtief der richtige ist."

Um das Geld in der Kultur ging es auch. Kisseler zitierte den Dramatiker Johann Nepomuk Nestroy: "Die Phönizier haben das Geld erfunden, aber warum so wenig?" Kein Kultusminister oder Kultursenator, so Kisseler, würde jemals sagen, sein Haushalt sei auskömmlich. Manchmal ist es auch schon gut, wenn es nicht schlechter wird. "Die schwarz-grünen Kürzungen in der Kultur vollständig zurückzunehmen war ein immenser Kraftakt", sagte die Senatorin unter dem Beifall der SPD.

"Die Kultur ist unterfinanziert", sagte auch der Linken-Kulturpolitiker Norbert Hackbusch. "Aber je nachdem wer regiert, redet sich die Situation schön." So bekomme die Politik ein Problem mit der Glaubwürdigkeit. Überparteiliche Einigkeit bewiesen SPD, GAL und Linke, indem sie dem CDU-Antrag zur Einführung einer Kulturtaxe für Hotelübernachtungen zustimmten. Die CDU schlägt zwei Euro pro Bett und Nacht vor. Nur die FDP war dagegen. "Die Bettensteuer schadet dem Tourismus und damit auch der Kultur", sagte FDP-Fraktionschefin Katja Suding.

Drei Tage und fast 20 Stunden lang haben die 121 Abgeordneten der Bürgerschaft über den Doppelhaushalt 2011/12 debattiert. Weit mehr als 100 Anträge wurden abgestimmt. Der SPD-Senat sieht Ausgaben in Höhe von 11,37 Milliarden Euro für 2011 und 11,52 Milliarden für 2012 vor. Die größten Posten sind Arbeit, Soziales, Familie und Integration mit 21 Prozent sowie Schule mit 19 Prozent. Am späten Abend beschloss die Bürgerschaft den Doppelhaushalt mit den Stimmen der SPD-Mehrheit.