Problemfall Elbphilharmonie: Erst seit Anfang 2011 steht das Konzept für die Reinigung der Glasfassade - die Umsetzung ist noch unklar

Hamburg. Die Probleme beim Bau der 323 Millionen Euro teuren Elbphilharmonie reißen nicht ab. Wie sich jetzt herausstellt, gibt es erhebliche Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage, wie nach Fertigstellung des Bauwerks die riesige Glasfassade gereinigt werden kann. Gut möglich, dass sich die Kosten für die Stadt durch den jetzt geplanten Einsatz von Fassadenkletterern gegenüber der ursprünglich geplanten Lösung mit traditionellen Körben, die an Seilen vom Dach herunterhängen, erheblich erhöhen werden.

Aus Kostengründen war im Jahr 2006 vonseiten der städtischen Realisierungsgesellschaft (ReGe) auf eine von den Generalplanern vorgesehene Befahrungsanlage rund um das bis zu 110 Meter hohe gewölbte Dach der Elbphilharmonie verzichtet worden. Statt dieser vier Millionen Euro teuren Lösung sollten Fassadenkletterer bei der Reinigung eingesetzt werden.

Dafür aber musste eine Genehmigung vom Amt für Arbeitsschutz vorliegen, da dieser Einsatz mit erheblichen Risiken verbunden ist. "Die Verantwortlichen bei der ReGe sind davon ausgegangen, dass sie diese Genehmigung schon bekommen würden, wenn sie erst einmal Fakten geschaffen haben", sagt ein Beteiligter zum Abendblatt. "Notfalls", so hieß es im internen Kreis, "werde Bürgermeister Ole von Beust persönlich die Genehmigung bei der zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) besorgen."

Die Einholung der Genehmigung für den spektakulären Einsatz der Fassadenkletterer erwies sich dann jedoch schwieriger als angenommen. Am 6. Dezember 2010 antwortete der Senat auf die Anfrage der SPD-Abgeordneten Martina Koeppen, ob es mittlerweile für das Fassadenreinigungskonzept der Elbphilharmonie eine Baugenehmigung gebe, kurz und knapp mit "Nein".

Da waren vier Jahre verstrichen, ohne dass es in dieser Richtung ein konzeptionelles Vorankommen gegeben hatte. Gleichzeitig aber stellte der Baukonzern Hochtief die Glasfassade fertig - was nun zu erheblichen Kostensteigerungen führen könnte. Mittlerweile gibt es in dem entsprechenden Dachbereich einen "partiellen Baustopp" (Hochtief-Sprecher Bernd Pütter), da Bauherr und Konzern derzeit diskutieren, mit welchem Aufwand das vom Amt für Arbeitsschutz geforderte Sicherheitsgeländer an der Dachkante zusätzlich installiert werden kann.

Aus ästhetischen Gründen hat sich die ReGe für ein umklappbares Geländer entschieden, damit der Anblick der Elbphilharmonie nicht dauerhaft verschandelt werde.

Während Hochtief der Meinung ist, für diese komplizierte Installation die gesamte obere Fensterreihe wieder abbauen zu müssen, kann man sich bei der ReGe auch kostengünstigere Varianten vorstellen. Indem zum Beispiel während der Bauarbeiten die oberen etwa 150 Fensterelemente durch Schutzmatten abgehängt werden. Darüber wird derzeit intensiv beraten, wann es hier eine Entscheidung geben wird, ist offen. Die Rede ist von "einigen Wochen".

Warum es mit der Genehmigung so lange gedauert hat, darauf gab es gestern keine eindeutige Antwort. Während sich Rege-Chef Heribert Leutner gewünscht hätte, dass es schneller geht und zugibt, dass der Antrag auf Genehmigung von der ReGe beim zuständigen Amt für Arbeitsschutz erst Mitte 2009 eingereicht worden ist, da vorher nur geplant worden sei, sagt Frank Krippner, 38, Sprecher der BSU: "Wir haben eine ganze Weile nur nach technischen Lösungen für die Reinigung der Glasfassade gesucht. Es war erst angedacht, die Kletterer nur in einzelnen Bereichen tätig werden zu lassen. Als einzige Lösung blieb lange der Einsatz von Hubsteigern, die vom Boden aus die Fenster reinigen." Erst Anfang des Jahres, so Krippner, sei auf Senatsebene entschieden worden, die Reinigung ausschließlich von Fassadenkletterern ausführen zu lassen.

Die momentane Planung sieht vor, die Reinigung der Glasscheiben auf drei Seiten bis zu einer Höhe von 54 Metern mit sogenannten Hubsteigern vom Boden aus durchzuführen und den Rest sowie die komplette Wasserseite mit Fassadenkletterern zu bewerkstelligen.

Keine ungefährliche Sache. So gehört es zu den Auflagen des Amtes für Arbeitsschutz, dass die Arbeiten nur bis zu Windstärke 6 ausgeführt werden können. Ansonsten wird es für die abgeseilten Reinigungsartisten in luftiger Höhe zu gefährlich. "Vorgesehen ist außerdem eine zweijährige Probephase, nach der wir erneut beraten werden, was die sinnvollste Art der Reinigung ist", sagt Krippner. Wann die Probephase beginnt, ist völlig offen. Denn laut Hochtief ist durch die neuen Probleme der anvisierte Fertigstellungstermin im Frühjahr 2014 nicht mehr gesichert.