Ex-Finanzsenator Wolfgang Peiner erinnert in seinem Buch an die Koalitionsverhandlungen 2001

In dem Buch "Handeln für Hamburg" (Murmann) erinnert sich der ehemalige Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) an seine Amtszeit von 2001 bis 2006 und wirft eine Blick auf die Notwendigkeiten von morgen. Das Abendblatt druckt Auszüge (Teil 1):

Noch Anfang 2001 hätte ich mir nicht träumen lassen, wieder dauerhaft in meine Geburtsstadt Hamburg zurückzukehren und vor allem: die Politik in Hamburg wieder einmal über fünf Jahre aktiv mitzugestalten. Meine Abwesenheit aus Hamburg war doch ziemlich lang gewesen. Allerdings hatte ich viele persönliche Kontakte zu meinen Freunden in Hamburg aufrechterhalten.

Seit 1986 etwa bin ich einmal pro Jahr für mehrere Tage mit meinem Freund Gunnar Uldall, der damals Mitglied des Bundestages war, wandern gegangen. Mit Rucksack und von Unterkunft zu Unterkunft haben wir über die Jahre alle deutschen Mittelgebirge erwandert, beginnend im Harz, über die Rhön, den Bayerischen Wald, den Schwarzwald und den Frankenwald. Im Herbst 2001 waren wir im Spreewald.

Am Ende unserer Fahrt durch den Spreewald teilten Gunnar Uldall und ich Dirk Fischer mit, dass wir uns die Übernahme politischer Ämter vorstellen könnten. Uldall also wurde Wirtschaftssenator, ich Finanzsenator. Die Regierungsbildung 2001 war Dirk Fischers besonderes Verdienst als Landesvorsitzender. Er hat sie maßgeblich geprägt. Er selbst wollte allerdings kein Amt im Senat übernehmen, sondern Bundestagsabgeordneter bleiben.

Meine einzige Bedingung damals war, den Finanzstaatsrat selbst zu bestimmen. Fischer und von Beust stimmten zu, und Fischer schlug mir den beurlaubten Staatssekretär des Landes Berlin, Robert Heller, vor. Er kam aus dem Bundesfinanzministerium und galt als Fachmann.

Einen Tag bevor ich in Hamburg Ende Oktober als Kandidat der Öffentlichkeit vorgestellt werden sollte, rief mich Ole von Beust an und sagte, es gäbe noch eine Schwierigkeit. Sein Koalitionspartner Ronald Schill habe einen zweiten Staatsrat für die Finanzbehörde gefordert, er wolle zusätzlich einen Mann seines Vertrauens in die Behörde schicken. Von Beust fragte, ob ich damit einverstanden sei. Das war ich nicht. Meine Bedingung stand fest, dass ich meinen Staatsrat selbst bestimmen und keinen zweiten zulassen wollte. Von Beust war mit seinem Latein am Ende. Hier bahnte sich ein ernster Konflikt noch vor der Senatsbildung an. Daraufhin empfahl mir Dirk Fischer, Schill aufzusuchen und mit ihm selbst über das Thema zu sprechen. Ich kannte weder Schill noch seinen Stellvertreter Mario Mettbach, den designierten Bausenator.

Ich fuhr nach Hammerbrook, in die City Süd, und das Erste, was mir in dieser merkwürdigen Parteizentrale im Fahrstuhl auf dem Weg nach oben begegnete, war ein Hund. Erst danach traf ich auf seinen Herrn, Mario Mettbach, der mir bedeutete, "Ronald" habe noch keine Zeit. Schließlich wurde ich Schill vorgestellt. Das Duo Mettbach/Schill irritierte mich anfangs. Ich stellte schnell fest, dass sich Schill für das politische Geschäft im klassischen Sinne wenig interessierte. Ihn beschäftigten seine Außenwirkung, seine Außendarstellung und die 400 Polizisten, die er den Bürgern im Wahlkampf versprochen hatte. Auch eine seiner Gewohnheiten wurde schnell deutlich: Er kam spät ins Büro, verließ es früh und war alles andere als ein klassischer "Aktenfresser". Als ich ihm mein Anliegen vortrug und mich gegen einen zweiten Staatsrat aussprach, entgegnete er, das Thema hätte sich vor einer halben Stunde erledigt, sein Kandidat habe abgesagt und die Sache sei daher für ihn erledigt. Heller könne alleiniger Staatsrat werden. Ich rief Ole von Beust an, der sehr erleichtert war. Damit stand seine Senatsriege, bis zur überraschenden Absage von Nike Wagner kurz vor ihrer Ernennung zur Kultursenatorin.

Nächste Woche erscheint Peiners Buch "Handeln für Hamburg" im Murmann-Verlag