Der Kriminologe Christian Pfeiffer hat 21 000 Beamte in zehn Bundesländern befragen lassen

Hannover. Immer mehr Polizisten fühlen sich als "Prügelknaben der Nation". Und: Besonders bei Demonstrationen hätten Polizeibeamte das Gefühl, Versäumnisse der Politik ausbaden zu müssen. Dies sind nur zwei der Kernaussagen einer bundesweiten Studie des renommierten Kriminologen Christian Pfeiffer zum Thema "Gewalt gegen Polizeibeamte". Vor knapp einem Jahr hatte das Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN), dem Pfeiffer vorsteht, 21 000 Polizisten aus zehn Bundesländern zu ihrer Arbeit befragt. Besonderes Augenmerk lag dabei auf den Antworten von etwa 2600 Beamten, die im Einsatz bereits verletzt wurden und die mindestens einen Tag dienstunfähig waren.

Hamburger Polizisten wurden damals nicht befragt, nachdem der damalige Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) der Gewaltstudie eine Absage erteilt hatte. Dennoch ähneln sich die Ergebnisse der Studie und die einer internen Auswertung der Hamburger Polizei: Demnach werden Polizisten häufig von Menschen mit Migrationshintergrund angegriffen. 40 Prozent der Täter haben der Studie zufolge ausländische Wurzeln, in Großstädten sind es 52 Prozent. Müssen Polizisten einen Verdächtigen in seinen eigenen vier Wänden im Beisein von Verwandten und Freunden festnehmen, werden sie noch häufiger angegriffen. In diesen Fällen sind sogar sieben von zehn Tätern nicht deutscher Herkunft.

In Hamburg ist die Zahl der Angriffe auf Polizisten seit 1999 um 30 Prozent gestiegen. Jeder Zweite der mehr als 700 Bereitschaftspolizisten ist in den vergangenen sechs Jahren mindestens einmal verletzt worden. Insbesondere bei Festnahmen kam es der KFN-Studie zufolge zu Attacken mit längerfristigen Folgen für die Gesundheit.

Die Studie ist noch nicht vollständig ausgewertet und birgt so manche Überraschung. Die jüngsten Ergebnisse: Weibliche Polizistinnen wirken deeskalierend. Ist ein Polizist mit einer Kollegin im Einsatz, ist das Risiko, angegriffen zu werden, 25 Prozent geringer, als wenn er einen Kollegen an der Seite hat. Und: Wie aus der Studie hervorgeht, leiden viele ältere Polizisten an Burn-out und sind erheblich häufiger Teil von Beschwerden und Disziplinarverfahren. Dabei resultiert das eine auch aus dem anderen: Ausgebrannte Polizisten sind auch aggressiver.